E-Mail: Wie Sie E-Mails verfassen, die auch beantwortet werden

Für die meisten von uns ist es heute nur noch eine Erinnerung: für einen schriftlichen Austausch zum Briefkasten zu gehen und tage- oder wochenlang auf eine Antwort zu warten. Der Brief musste getippt oder sogar mit der Hand geschrieben werden. Wenn wir beim Schreiben merkten, dass irgendetwas mit der Argumentation oder dem Tonfall nicht stimmte, konnten wir von vorn anfangen. Und dann war da immer noch der Weg zum Briefkasten, der uns Gelegenheit gab, es uns noch einmal zu überlegen.

19.07.2024 Von: René Borbonus
E-Mail

Warum manche Kommunikation in Echtzeit echt Zeit braucht

Das alles hatte allerdings auch Vorteile: Wir dachten von Anfang an genau darüber nach, was wir unserem Adressaten schriftlich zumuteten. Wenn ein Brief auf den Weg ging, war er in der Regel durchdacht und nicht selten mehrfach überarbeitet – um sicherzustellen, dass er die gewünschte Wirkung erzielen würde. Gemessen an den heutigen Möglichkeiten der Echtzeit-­ Kommunikation ein ziemlicher Aufwand für ein einziges Anliegen.

Wenn es eilte, telefonierten wir stattdessen – und konnten so im direkten Austausch klären, was ging und was nicht. Die Zeit, die ein Telefonat mit einem wichtigen Kontakt kostete, mussten wir uns eben nehmen, wenn wir nicht auf eine Antwort warten konnten.

Heute, auf elektronischem Wege, geht das alles viel einfacher und schneller – vermeintlich also effizienter: E-Mail raus, Antwort ein paar Minuten oder Stunden später, Anliegen geklärt. Oder? Tatsächlich geschieht immer wieder genau das Gegenteil: Wir versenden mal schnell und ohne lange Überlegung eine E-­‐Mail mit einem – vielleicht sogar dringenden – Anliegen, und es geschieht: nichts. Oder aus der einen Mail wird ein endloser Austausch von Rückfragen, Ausweichmanövern und Abwesenheitsnotizen, die oft nur einem Ziel dienen: Zeit zu gewinnen. Am Ende bekommen wir unser Anliegen manchmal nicht schneller, sondern eher langsamer erfüllt als früher. Im ungünstigsten Fall auch einfach gar nicht. Das kann schon frustrierend sein.

Der häufigste Grund dafür, dass die erhofften Antworten ausbleiben, wird Computerfreaks bekannt vorkommen: ‚In der Regel sitzt das Problem vor dem Bildschirm‘. Die Wahrheit ist, dass wir die Kommunikation per E-Mail oft nicht ernst genug nehmen. Eine schriftliche Botschaft ist nämlich nicht automatisch so schnell beantwortet, wie sie dahingeschrieben wurde. Eine E-Mail zu verfassen, die beim Adressaten Verbindlichkeit erzeugt, ist deshalb eben nicht unbedingt einfacher, als einen Brief zu schreiben. Es erfordert vielmehr eine gewisse Achtsamkeit, denn elektronische Kommunikation steht in viel stärkerer Konkurrenz als ein Brief. Vielbeschäftigte Menschen bekommen jeden Tag Dutzende oder sogar Hunderte davon. Die Folge: Sie antworten zuerst oder überhaupt nur auf die, die sich am schnellsten und einfachsten bearbeiten lassen.

Um einen Adressaten per E-Mail zu einer schnellen Antwort oder zur Erfüllung einer Bitte zu bewegen, ist es deshalb sinnvoll, ihm entgegenzukommen. Ihre E-Mail-Erfolgsquote können Sie spürbar erhöhen, indem Sie sich die folgenden drei Regeln der E-Mail-Kommunikation auf ein Post-it an Ihrem Bildschirm und hinter die Ohren schreiben.

Eine kleine Warnung vorab: Machen Sie schon mal Platz auf Ihrer To-do-Liste. Wenn Sie nämlich weniger Zeit mit unendlichen Pingpong-E-Mail-Threads verbringen, viel schneller brauchbare Antworten bekommen und seltener jemandem hinterhertelefonieren müssen, sind Sie eher wieder am Zug. Sie kommen also tatsächlich öfter zum Arbeiten, und Ihre Effizienz steigt!

Regel Nr. 1: Fassen Sie sich kurz

Wir sind es heute gewöhnt, jeden Tag mit unendlich vielen Botschaften aus verschiedensten Kanälen bombardiert zu werden. Kein Wunder also, dass wir glauben, da mithalten und uns anderen möglichst oft und ausführlich mitteilen zu müssen. Die elektronische Informationsflut hat uns zu Kommunikationsnarzissten gemacht.

Wenn irgendjemand ein Fan persönlicher Botschaften ist, dann bin ich das. Mein Respekt gehört Menschen, denen es gelingt, andere mit ihrer Geschichte zu begeistern. Es ist sogar mein Job, ihnen dabei zu helfen. Ich liebe Storytelling. Nämlich da, wo es hingehört: auf der Bühne, in einem Buch, im persönlichen Gespräch bei einer Tasse Tee.

Wie für alles gibt es für unsere Geschichten eine Zeit und einen Ort. Eine E-Mail, in der es darum geht, einen Termin zu vereinbaren, ist nicht dieser Ort. Es gibt heute sogar Medien, die extra für den täglichen Mitteilungsbedarf erfunden wurden. Sie heissen: soziale Netzwerke.

Faustregel:

  • Storytelling = Kommunikationsformen, bei denen Menschen sich Ihnen freiwillig ausliefern (Reden, Bücher, Talkshows, Stammtisch...)
  • Mitteilungsbedarf = Kommunikationsformen, bei denen Menschen das Abo auf Ihre Äusserungen jederzeit kündigen können (Facebook, Twitter, Ihr Blog)
  • Konkretes Anliegen = E-Mail

Wenn wir jemandem einen Termin vorschlagen wollen, müssen wir ihm nicht in sechs Absätzen à zehn Zeilen erklären, warum es an den anderen sechs Tagen der betreffenden Woche nicht geht oder warum der Zahnarzttermin Vorrang hat („als wie wenn da einer mit der Kettensäge, ich sage es Ihnen...“). Das tut nämlich nichts zur Sache. Auch eine freundliche Einleitung, in der man die drei Monate seit der letzten Kontaktaufnahme chronologisch Revue passieren lässt, bevor man zur Sache kommt, sorgt seltener für grosse Freude beim Empfänger, als man meinen könnte. Viel höflicher und respektvoller ist es, zur Sache zu kommen. Wenn Sie einen Termin vorschlagen wollen, schlagen Sie einen Termin vor – und gut.

Eine weitere Faustregel:

Wenn es Ihnen unhöflich erscheint, mit Ihrem Anliegen ins Haus zu fallen, rufen Sie lieber an. Entweder hatten Sie zu lange keinen persönlichen Kontakt zum Empfänger (dann sollten Sie vielleicht ohnehin mal wieder anrufen), oder Ihr Anliegen ist zu kompliziert für eine E-Mail und sollte persönlich besprochen werden.

Die wichtigste Regel der E-Mail-­Kommunikation lautet: Fassen Sie sich kurz. Konkret heisst das: Wann immer es möglich ist, beschränken Sie Ihre E-Mail auf zwei bis drei Sätze bzw. einen bis zwei kurze Absätze (à ca. drei Zeilen im Lesefenster der Mail­‐App). Warum? Die Lektüre längerer E-Mails wird von vielbeschäftigten Menschen oft auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Je länger, desto später.

Vielleicht hört es sich schwierig an, doch es ist reine Übungssache: Die meisten Anliegen lassen sich durchaus in zwei bis drei Sätzen ausdrücken. Und falls nicht: siehe Faustregel oben – rufen Sie an, oder bitten Sie per Mail um ein Telefonat. Das geht auf einer Zeile.

Der Versuchung, einfach alles in die Tastatur zu hacken, was uns einfällt, erliegen wir vor allem bei Menschen, die wir noch nicht kennen: Wir wissen ja noch nicht, was derjenige lesen will, worauf es ihm ankommt, womit wir bei ihr oder ihm einen Nerv treffen.

Auch hier lautet die Faustregel:

Wenn Sie es nicht wissen, rufen Sie an. Oder besser noch: Beschränken Sie Ihre E-Mail auf zwei oder drei Zeilen und das Anliegen, ein Treffen zu vereinbaren. Wirklich kennenlernen können Sie jemanden ohnehin nur im persönlichen Gespräch.

Probieren Sie es aus: Wenn Sie sich kurz fassen, werden Sie viel öfter und viel schneller Antworten auf Ihre E-Mails bekommen.

Regel Nr. 2: Think Powerpoint

Bestimmt erhalten Sie auch manchmal E-Mails, die auf den ersten Blick aussehen, als hätte jemand den ersten Band der Encyclopedia Britannica per copy&paste eingefügt: endlos viel Text, womöglich noch ohne Absätze und meistens ohne jegliche Formatierung.

Wenn es tatsächlich mal etwas ausführlicher sein muss als zwei oder drei Sätze: Formatieren Sie die E-Mail so, dass Sie sich leicht lesen lässt. Jedes E-Mail-­‐Programm bietet Ihnen die Möglichkeit, Ihre E-Mails mit HTML zu gestalten. Machen Sie davon Gebrauch, wenn der Inhalt komplexer ist als eine kurze Frage oder Bitte.

Folgen Sie dabei einfach den Gestaltungsregeln, die Sie auch bei einer Powerpoint-­‐Präsentation beherzigen würden:

  • den Text in möglichst kleine Portionen herunterbrechen (Absätze, Sätze, Aufzählungszeichen, ggf. Nummerierung)
  • gut lesbare Schrift verwenden (nicht zu klein, schnörkellose Schriftart)
  • das wichtigste grafisch hervorheben (fett, kursiv, unterstrichen, farbig, mit Aufzählungszeichen etc.) – und zwar wirklich nur das wichtigste. Gehen Sie sparsam mit Hervorhebungen um, sonst verfehlen sie ihren Zweck.

Eine E-Mail, die auf einfache Lesbarkeit und Übersichtlichkeit hin formatiert ist, wird mit höherer Wahrscheinlichkeit gelesen bzw. zu Ende gelesen als ein schier endloser Textblock.

Regel Nr. 3: Schreiben Sie, was Sie wollen

Manchmal bekommen wir wahnsinnig freundliche E-Mails und können uns doch nicht darüber freuen. Warum? Weil die Betonung auf wahnsinnig liegt. Dahin treibt es uns nämlich, wenn wir nach der Lektüre – seien es drei Zeilen oder drei Seiten – und einer höflichen Abschiedsfloskel feststellen müssen, dass wir noch immer keine Ahnung haben, was der Absender eigentlich von uns will.

Ein Beispiel:

Lieber Herr Borbonus, ich habe Ihren Respekt-­‐Vortrag in München gesehen und war davon begeistert. Seitdem denke ich darüber nach, ob Sie vielleicht der richtige Redner für einen Vortrag vor unseren 1.500 Mitarbeitern wären. Vielleicht können Sie mir bei der Entscheidung helfen. Mit freundlichen Grüssen Olaf Oberboss

Erst einmal grosses Lob: Der Mann kann sich kurz fassen. Leider habe ich nach der Lektüre seiner E-Mail nur keine Ahnung, was ich für ihn tun kann. Möchte er ein Angebot von mir haben? Möchte er eine Bestätigung, dass ich der richtige Redner für seine Zwecke bin?

Möchte er vielleicht, dass ich ihm Honig um den Bart schmiere, damit er mich bucht? Ich weiss es nicht. Für solche Fälle empfehle ich eine kurze, prägnante Nachfrage:

Hallo Herr Oberboss, vielen Dank für Ihre E-Mail. Schön, dass Ihnen mein Vortrag gefallen hat. Was genau kann ich für Sie tun? Die besten Grüsse! René Borbonus

Wenn Sie eine Antwort wollen, und noch dazu eine schnelle, müssen Sie dem Adressaten vor allem klar machen, was genau er eigentlich für Sie tun soll. Keine falsche Zurückhaltung, keine falsch verstandene Höflichkeit! Gerade schwer beschäftigte Menschen schätzen es ungemein, wenn Sie ihnen eine eindeutige Handlungsoption geben. Wenn sie sich die nämlich erst zusammenreimen oder gar nachfragen müssen, empfinden sie die Lektüre Ihrer E-Mail als Zeitverschwendung – und leiten sie entweder weiter oder verschieben die Antwort auf später.

Setzen Sie einen konkreten Handlungsimpuls. Je schneller es sich erledigen lässt, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass es tatsächlich erledigt wird. Bitten Sie per E-Mail nicht um allgemeines Feedback oder eine eingehende Analyse. Stellen Sie lieber eine spezifische Frage, die sich sofort und konkret beantworten lässt.

Ein klar formuliertes und überschaubares Anliegen ist auch eine Frage des Respekts. Herr Oberboss könnte mit seiner E-Mail einen Zeitgenossen, der nicht nein sagen kann, stunden-­‐ oder tagelang beschäftigen. Überlegen Sie vorher, ob der Aufwand zu antworten oder das Anliegen zu erfüllen für den Adressaten angemessen ist.

Auf einen Blick: Wie Sie E-Mails schreiben, die beantwortet werden

Eine kurz, prägnant formulierte E-Mail ist nicht nur für den Empfänger weitaus angenehmer und wird deshalb als respektvoller empfunden. Sie spart auch Ihnen selbst eine Menge Zeit und Nerven. Hier noch einmal die drei Regeln der effizienten E-Mail-­‐Kommunikation im Überblick:

  • Fassen Sie sich kurz! Beschränken Sie sich auf möglichst wenig Text, idealerweise zwei bis drei kurze Sätze oder einen bis zwei kurze Absätze.
  • Think Powerpoint! Formatieren Sie Ihren Text so, dass er leicht lesbar ist, und heben Sie ggf. das wichtigste grafisch hervor.
  • Schreiben Sie, was Sie wollen! Formulieren Sie Ihr Anliegen klar und deutlich, damit der Empfänger versteht, was genau er für Sie tun kann.

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