Kritikfähigkeit: Als Führungskraft mit Kritik richtig umgehen
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Kritikfähigkeit und Unternehmenskultur
Mit Kritik gut umgehen ist entscheidend für eine offene Unternehmenskultur. Kritik als Führungskraft auszuhalten fällt jedoch vielen Führungskräften schwer. Da Fehler unvermeidbar sind, brauchen Sie als Führungskraft die Rückmeldungen Ihrer Mitarbeiter. Wenn Sie jedoch selber Fehler zurückweisen, mit Kritik nicht gut umgehen und selber viel kritisieren, erhalten Sie kein Feedback mehr und Ihre Mitarbeiter gestehen keine Fehler mehr ein. Darunter leiden nicht nur Arbeitsmoral und das Arbeitsklima, sondern dies birgt noch ganz andere Risiken für Sie.
Risiken der Kritikunfähigkeit
Mitarbeiter und Kollegen geben Ihnen kein direktes Feedback mehr. Sie tauschen sich aber durchaus untereinander aus. Hinter vorgehaltener Hand wissen dann alle mehr als Sie. Der Unterschied zwischen Ihrem Selbst und Fremdbild wird grösser. Wenn Fehler nicht angesprochen werden, werden sie wiederholt. Kommt dann ein grosser Fehler hinzu, der Kritik bedingt, platzt die Blase. Die vielen Skandale aus den vergangenen Jahren im Business sprechen hierzu eine deutliche Sprache.
Darum sollten Sie auch als Führungskraft frühzeitig lernen, mit Kritik gut umzugehen. Sie sind sich ganz sicher, Sie haben alles richtig gemacht. Top abgeliefert, hervorragendes Projekt, gute Zahlen – und dann kommt der Kunde und sagt, das war nichts. Er geht sogar noch einen Schritt weiter und sagt, das habe er schon besser gesehen. Die Kampagne, das Projekt, die ganze Arbeit – umsonst. Aber war es wirklich umsonst?
Bevor wir uns mit dem Umgang mit Kritik beschäftigen, müssen wir erst einmal klären, was Kritik wirklich ist.
Was ist Kritik?
Richtig mit Kritik umgehen kann nur, wer versteht, wie Kritik funktioniert. Sie unterscheidet sich durch ihren sachlichen Charakter nämlich deutlich von einer Beleidigung oder einem persönlichen Angriff.
Wenn Sie ein Meeting betreten und ein Kollege Ihnen direkt sagt, dass Ihre Krawatte heute hässlich aussieht, ist das eine Beleidigung. Keine Sorge, Ihre Krawatte ist vermutlich in Ordnung, das Gegenüber hat in diesem Moment ein Problem mit einem anderen Faktor oder der generellen Zusammenarbeit. Betreten Sie das gleiche Meeting und eine Kollegin erklärt, Sie seien zu spät, dann ist das erst mal eine Feststellung bzw. ein Hinweis. Sagt sie Ihnen jedoch, Sie seien zu spät, das sei das dritte Mal in diesem Monat, Sie hätten ein Zeitmanagementproblem – dann gilt es, diese Kritik genauer zu betrachten.
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Kritik an Führungskräften
Chefs machen immer alles richtig. So jedenfalls zumindest die allgemeine Einschätzung der Betroffenen selbst. Führungskräfte sind, wenn es um Kritik geht, jedoch weniger einsichtig als ihre Mitarbeiter.
Zweifelsohne brechen die Hierarchien, die auch dafür verantwortlich sind, immer öfter auf. Der Studie nach sprechen zwei Drittel aller Unternehmen nicht offen über Fehler ihrer Führungskräfte. Zwei Drittel verschweigen damit, dass ihre leitenden Angestellten überhaupt Fehler machen. Die Führungskräfte selbst müssen sich dadurch auch keiner Kritik stellen. Das ist eine vermeintlich komfortable Situation.
Dieses Tabu wirkt sich schlechter auf die Führungskräfte aus, als es sich die Führungsebene vorstellt. Führungskräfte prägen die Kultur und dienen als Vorbilder, manchmal auch als schlechte. Verschweigen sie ihre Missgeschicke und Fehlkalkulationen, menschlichen und professionellen Fehler, tun dies auch die Mitarbeiter. Bitter ist dann oft, dass die Dynamik innerhalb der klassischen Hierarchie jedoch nur für die Mitarbeiter Konsequenzen fordert.
Gut mit Kritik umgehen
Um mit Kritik souverän umzugehen, dabei helfen Ihnen die nachfolgenden fünf wichtigsten Tools:
1. Zeit nehmen
Das Schlimmste, das Sie auf Kritik hin tun können, ist, übereifrig zu reagieren. Sich herauswinden, in Erklärungen verheddern oder persönlich werden, kreiert ganz neue Probleme. Niemand erwartet, dass Sie einen Zettel mit allen relevanten Begründungen in der Tasche haben. Stattdessen nehmen Sie sich etwas Zeit. Konkret: Entschuldigen Sie sich, bitten Sie um eine spätere Unterhaltung zum Thema, setzen Sie sich und sind Sie präsent. Natürlich geht das nahe. Sie zu spät? Sie versuchen doch alles, um durch den Verkehr zu kommen. Waren Sie wirklich so oft zu spät? Wieso hat Sie niemand darauf angesprochen?
2. Nachfragen hilft
Haben Sie das Gefühl, es handelt sich um Kritik und nicht um eine Beleidigung aus der Situation heraus, suchen Sie das Gespräch. Bei verhärteten Fronten lässt sich das Gespräch in Anwesenheit eines Moderators bzw. Mediators führen.
Sie wollen verstehen, was Ihr Gegenüber meint. Warum war das Projekt schlecht? Die Zahlen waren okay, weiss Ihr Kunde mehr als Sie? Wann waren Sie zu spät, vielleicht haben Sie es gar nicht gemerkt? Oft geraten Kollegen in einen dauerhaften Konflikt, ohne dass beide Seiten verstehen, was passiert ist. Dabei wollen Sie einfach nur wissen, was Ihr Gegenüber sieht, das Sie nicht sehen. Das kann Ihr Auftreten sein, ein Umstand der Ihnen nicht bekannt ist, eine Medienmeldung oder einfach ein früheres Missverständnis.
3. Ich bessere mich
Nein, das ist keine leere Phrase. Sie sollen nicht routiniert abnicken, dass Sie sich bessern. Nachdem Sie wissen, was vorgefallen ist, denken Sie darüber nach. Marshall Goldsmith, ein bekannter amerikanischer Professor, hat einmal gesagt, es sei leichter, ein Verhalten zu ändern als die Wahrnehmung des Verhaltens. Vielleicht waren es nur je zwei Minuten, die Sie öfter zu spät kamen. Aber es stört Ihre Kollegen. Vielleicht ist es deshalb für Sie hilfreich, Ihr Verhalten zu verändern.
4. Verstecken hilft nicht
Ja, bei Kritik würden wir alle gern im Boden versinken und danach einen grossen Bogen machen um denjenigen, der uns kritisiert hat. Wem wäre damit geholfen? Arbeiten Sie schlechter mit Kollegen oder Kunden zusammen und umgehen Situationen, in denen das Thema noch einmal aufkommen könnte, sinkt Ihre Leistung. Dadurch machen Sie sich weiter angreifbar. Und natürlich merkt Ihr Gegenüber, wenn Sie es meiden. Niemand gewinnt, wenn Sie sich zurückziehen. Stattdessen sollten Sie die Kritik überdenken, sofern Sie sich Vorteile davon versprechen, umsetzen und es demonstrieren. Derjenige, der Sie kritisiert, nimmt Sie wahr. Nutzen Sie diese Chance und arbeiten Sie besser zusammen als zuvor. Uns ist klar, dass dieser Schritt für Sie womöglich schwer ist.
Jedoch kommt hier ein weiterer Faktor ins Spiel: Kritik an einer Verhaltensweise oder einem Projekt ist keine Kritik an Ihrer Person. Sie ist keine Beleidigung, die Sie verletzen möchte. Das Projekt mag wichtig gewesen sein, Ihnen wichtig zumindest. Aber Sie müssen diese Kritik nicht mit ins Bett nehmen oder auch nur ins nächste Wochenende.
5. Schwächen zugeben
Der Kreislauf im Umgang mit Kritik schliesst sich, wenn wir offen mit unseren Schwächen umgehen. Richtig mit Kritik umgehen heisst auch, die Kritik nicht totzuschweigen. Sie sind unpünktlich, weil Ihr Kind morgens trödelt auf dem Weg zur Schule? Sprechen Sie drüber. Sie sind nicht der einzige Elternteil, der an Schuhebinden in Zeitlupe verzweifelt. Oder Sie haben zum Beispiel bei dem Projekt unsauber gearbeitet und sehen das nun? Bitten Sie Kollegen, Sie das nächste Mal früher darauf hinzuweisen.
All diese Dinge setzen voraus, dass Sie den Umgang mit Kritik als persönlichen Reifeprozess begreifen. Wer richtig mit Kritik umgehen kann, wächst an seiner Aufgabe und verbessert sich persönlich und professionell.