Steuerrecht: Neuerungen und mögliche zukünftige Änderungen
Passende Arbeitshilfen
Steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen
Die steuerliche Behandlung von Bussen und finanziellen Verwaltungssanktionen bei Unternehmen war bis dato in den Steuergesetzen nicht ausdrücklich geregelt. Eine Regelung bestand explizit nur für Steuerbussen, welche nicht als geschäftsmässig begründeter Aufwand qualifizierten und somit steuerlich nicht abzugsfähig waren. Hintergrund dieser Diskussion bildeten insbesondere Rechtsstreitigkeiten von Schweizer Banken mit US-Behörden nach der Finanzkrise 2007/2008, welche zu Bussen in Millionenhöhe geführt hatten. Die von den US-Behörden verhängten Strafen wiesen dabei in der Regel sowohl eine Strafkomponente (im Sinne einer Busse) als auch eine gewinnabschöpfende Komponente auf. Insofern schien es notwendig, eine Diskussion über diese Komponenten im Hinblick auf eine steuerliche Abzugsfähigkeit zu führen. Resultat dieser Auseinandersetzung waren Anpassungen per 1. Januar 2022 im Bundesgesetz über die Direkte Bundessteuer (DBG) und im Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG). Gewinnabschöpfende Sanktionen sind neu explizit steuerlich abzugsfähig, soweit sie keinen Strafzweck haben. In Bezug auf Sanktionen von ausländischen Behörden wird festgehalten, dass diese dann abzugsfähig sind, wenn sie gegen den schweizerischen Ordre public verstossen oder die steuerpflichtige Person glaubhaft darlegen kann, dass sie alles Zumutbare unternommen hat, um sich rechtskonform zu verhalten.
Hier ist anzumerken, dass der «Verstoss gegen den Ordre public» sowie dass man «alles Zumutbare unternommen hat, um sich rechtskonform zu verhalten» vage Definitionen für einen steuerlichen Abzug darstellen. Es wird sich noch zeigen, wie betroffene Steuerpflichtige in der Praxis einen steuerlichen Abzug mit genügenden Beweismitteln unterlegen werden. Zur Erinnerung, die Beweislast für steuermindernde Tatsachen obliegt grundsätzlich der steuerpflichtigen Person und nicht den Steuerbehörden.
Bundesgesetz zur Verrechnungssteuer – Too-big-to-fail
Ähnlich den Rechtsstreitigkeiten von Schweizer Banken mit verschiedenen (vor allem ausländischen Behörden) war auch der Begriff «Too-big-tofail» ein Ausfluss aus der Finanzkrise 2007/2008. Für systemisch relevante Banken wurden in der Schweiz unter anderem neue aufsichtsrechtliche Eigenkapitalvorgaben umgesetzt, welche eine Mindesteigenkapitalquote in Krisenzeiten sicherstellen und insbesondere ein erneutes Eingreifen des Staates verhindern sollten. Unter den neuen Eigenkapitalregularien war der Einsatz von sogenannten hybriden (sowohl Fremdkapital – wie auch Eigenkapital) Finanzierungsformen vorgesehen. Solche neuen Formen der Finanzierung, die in den letzten Jahren im Einsatz waren, sind insbesondere CoCos (Pflichtwandelanleihen), Writeoff-Bonds (Anleihen mit Forderungsverzicht) und Bail-in-Bonds (Reduktion des Schuldbetrags im Falle einer Sanierung oder Wandlung in Eigenkapital). Da solche Instrumente bis zu einer allfälligen Wandlung in Eigen kapital aus Steuersicht grundsätzlich als Fremdkapital qualifizieren, unterliegen Zinszahlungen auf diesen Instrumenten ohne explizite Steuerausnahme auch der Schweizer Verrechnungssteuer. Damit solche Finanzierungsformen jedoch auch für ausländische Investoren attraktiv erscheinen, wurden Zinszahlungen auf diesen Instrumenten von der Verrechnungssteuer ausgenommen.
Zur Erinnerung: Für gewisse Steuerarten und Prozesse sind bereits heute elektronische Verfahren implementiert. So können beispielsweise die Anmeldung als steuerpflichtige Person bei der Mehrwertsteuer sowie die Deklaration der Steuer elektronisch erfolgen. Die Rückerstattung der Verrechnungssteuer kann ebenfalls online beantragt werden, und in diversen Kantonen ist gar die elektronische Einreichung der Steuererklärung möglich (mit oder ohne Medienbruch).
Diese Ausnahme wurde jedoch lediglich befristet in das Verrechnungssteuergesetz aufgenommen. Diese bestehende Ausnahme der Verrechnungssteuer wurde per 1. Januar 2022 um weitere fünf Jahre bis zum 31. Dezember 2026 verlängert und hat dabei ausschliesslich die Stabilität des Schweizer Finanzplatzes im Visier.
Verordnung über die Verrechnungssteuer – Rückerstattung durch Erben
Verrechnungssteuerbelastete Erträge aus unverteilten Erbschaften waren unter altem Recht im Wohnsitzkanton des Erblassers zurückzufordern. Mit der Anpassung der Verrechnungssteuerverordnung erfolgt die Rückerstattung nun durch den Wohnsitzkanton der Erben. Mit dieser Anpassung sollen die Erfassung der Einkommens- und Vermögenssteuer sowie die korrekte Rückerstattung der Verrechnungssteuer sichergestellt werden. Die veranlagende Behörde (für Zwecke der Einkommenssteuer) und die rückerstattende Behörde (für Zwecke der Verrechnungssteuer) sind nun in einer kantonalen/kommunalen Behörde vereint. Diese Änderung ist nicht nur aus Sicht der Verwaltungsbehörden zu begrüssen, sondern vereinfacht den Prozess auch für Erben, da die Rückerstattung der Verrechnungssteuer durch Deklaration in der Steuererklärung des Wohnsitzkantons erfolgt und der zusätzliche administrative Aufwand der Rückerstattung in einem anderen Kanton wegfällt.
Zur Erinnerung: Zinsen auf Schweizer Obligationen unterliegen der Schweizer Verrechnungssteuer (35%). Die Rückerstattung der Verrechnungssteuer ist für in der Schweiz ansässige (juristische und natürliche) Personen grundsätzlich in vollem Umfang möglich. Anders verhält es sich bei Zinsempfängern mit Wohnsitz im Ausland. Die Rückerstattung richtet sich nach den Bestimmungen der anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen und ist in der Regel nicht in vollem Umfang möglich. Es verbleibt (insbesondere für private Investoren) eine nicht rückforderbare Sockelsteuer bestehen, welche Schweizer Obligationen im internationalen Vergleich unattraktiv machen.
Seminar-Empfehlungen
Elektronische Verfahren im Steuerbereich
Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hat sich die vollständige Digitalisierung zum Ziel gesetzt, sodass sämtliche Daten von steuerpflichtigen Personen sowohl elektronisch bei der ESTV eingereicht werden können als auch elektronisch die ESTV Richtung steuerpflichtige Person wieder verlassen können. Das elektronische Verfahren soll dabei möglichst medienbruchfrei sein, weshalb keine Dokumente mehr ausgedruckt oder unterschrieben werden müssen.
Um dies zu bewerkstelligen, müssen in einem ersten Schritt die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden. Das Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich vom 18. Juni 2021 ist ein Mantelerlass und enthält die notwendigen Anpassungen der Steuergesetze des Bundes. Es ermächtigt den Bundesrat, die Unternehmungen zum elektronischen Verkehr mit der ESTV verpflichten zu können und verpflichtet die Kantone, neben dem schriftlichen Verfahren auch ein elektronisches vorzusehen. Zusammen mit der Umsetzung der Motion Schmid, wonach im DBG, im StHG und im Verrechnungssteuergesetz (VStG) bei elektronischer Einreichung der Steuererklärungen sowie des Antrags auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer das Erfordernis der Unterschrift aufgehoben wird, erfolgt ein grosser Schritt in Richtung vollständige Digitalisierung im Steuerbereich.
Ein solcher bedeutender Schritt braucht jedoch Zeit. Die vollständige Umsetzung (insbesondere die Umsetzung der Kantone) wird im Jahr 2024 vollzogen sein.
Ausblick Steuerrecht 2023
Nicht sämtliche Vorstösse finden jedoch Einlass in Steuergesetze oder Steuerverordnungen. Gewisse Vorlagen scheitern bereits im Parlament oder in der Volksabstimmung. Jüngstes Beispiel einer Ablehnung durch das Stimmvolk war die Abschaffung der Emissionsabgabe, welche am 13. Februar 2022 abgelehnt wurde. Die nachfolgende Tabelle verschafft einen Überblick über bereits in Kraft getretene und noch pendente Änderungen ab 2023.
Thema | Auswirkung/Änderung | Inkrafttreten |
---|---|---|
Abzug Drittbetreuung Kinder DBG | Erhöhung von CHF 10 100.– auf CHF 25 000.– | 1.1.2023 |
Meldeverfahren Verrechnungssteuer für Dividenden im Konzernverhältnis | Senkung der Beteiligungsquote (von aktuell 20%) auf 10% und Verlängerung der Bewilligungsdauer im internationalen Konzernverhältnis (von aktuell drei Jahren) auf fünf Jahre | frühestens 1.1.2023 |
Eigenmietwert | Der Eigenmietwert soll für am Wohnsitz selbst bewohntes Eigentum nicht mehr anfallen. | frühestens 1.1.2023 |
MWST | Erhöhung der Umsatzgrenze (Steuerpflicht) für nichtgewinnstrebige Vereine und gemeinnützige Institutionen (von CHF 150 000.–) auf CHF 250 000.– | frühestens 1.1.2023 |
Verrechnungssteuer/ Stempelabgabe (Referendumsfrist: 7.4.2022) | Steuerausnahme Verrechnungssteuer: Zinsen auf Obligationen Steuerausnahme Umsatzabgabe: inländische Obligationen | frühestens 1.1.2023 |
Berufskostenverordnung – Privatnutzung Geschäftsfahrzeug
Wem ein Geschäftsfahrzeug unentgeltlich zur Verfügung steht und wer dieses auch privat nutzen kann, wird im Lohnausweis einen Privatanteil für die private Nutzung des Fahrzeugs vorfinden. Diese private Nutzung war bis anhin mit 0,8% pro Monat (9,6% pro Jahr) auf dem Anschaffungspreis des Fahrzeugs (exkl. Mehrwertsteuer [MWST]) als Naturallohn in der Steuererklärung zu deklarieren. Zudem waren die Fahrkosten (zwischen Wohn- und Arbeitsort) in der Steuererklärung durch den Arbeitnehmer mit 70 Rappen pro Kilometer, nach Abzug des gesetzlichen Fahrkostenabzugs (Bund: maximal CHF 3000.–; Kanton: Höchstbetrag nach kantonalem Recht oder unbeschränkt) als Einkommen zu versteuern. Dem Steuerpflichtigen mit einem täglichen Arbeitsweg (hin und zurück) von mehr als 19 Kilometern resultierte dadurch ein zusätzliches steuerbares Einkommen auf Stufe Bund.
Maximaler Abzug Steuererklärung (Bund):
CHF 3000.–
Ansatz pro Kilometer: CHF 0,7
-> 4285 km (abzugsfähige jährliche
Fahrtleistung: 3000 km / CHF 0,7 pro km)
Arbeitstage pro Jahr: 220
-> 19,5 km (abzugsfähige tägliche
Fahrtleistung: 4285 km / 220 Tage)
Mit der per 1. Januar 2022 in Kraft getretenen Änderung der Verordnung über den Abzug der Berufskosten wird die Pauschale für die unentgeltliche private Nutzung von 0,8% pro Monat (9,6% pro Jahr) auf 0,9% pro Monat (10,8% pro Jahr) erhöht. Die neue höhere Pauschale berücksichtigt sowohl den als Lohn zu deklarierenden Arbeitsweg als auch den Fahrtkostenabzug. Die weiter oben aufgezeigte Berechnung und Gegenüberstellung von Arbeitsweg und Fahrtkostenabzug entfällt. Im Grunde handelt es sich bei dieser Änderung um eine administrative Vereinfachung für Geschäftsfahrzeuginhaber, welche aufgrund der von der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen eingereichten Motion nun umgesetzt wurde.
Auch unter neuem Recht ist es wie bis anhin möglich, die privaten Kilometer sowie den Arbeitsweg effektiv abzurechnen und die auf Stufe Bund und Kantonen vorgesehenen Abzüge für Fahrtkosten in Zusammenhang mit dem Arbeitsweg geltend zu machen. Dies bedingt jedoch einen Nachweis mittels Fahrtkontrollheft und somit einen zusätzlichen administrativen Aufwand, wodurch der effektiven Abrechnung auch unter neuem Recht wohl weiterhin eine untergeordnete Rolle zukommen dürfte.