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Steuerstrafverfahren: Besondere Aspekte bei der Anwendung von Steuerstrafrecht

Bei der Anwendung von Steuerstrafrecht sind Ehegatten wie individualbesteuerte Angeschuldigte zu behandeln. Der Grundsatz der gemeinsamen Veranlagung von Ehegatten hat demnach keinen Einfluss auf das Steuerstrafverfahren und die Strafzumessung.

01.11.2022 Von: Alain Villard
Steuerstrafverfahren

Stellung von Ehegatten im Steuerstrafverfahren

In Bezug auf die Steuerhinterziehung ergibt sich dies aus Art. 57 Abs. 4 StHG bzw. Art. 180 Abs. 1 DBG, wonach die steuerpflichtige Person, die in rechtlich und tatsächlich ungetrennter Ehe lebt, nur für die Hinterziehung ihrer eigenen Steuerfaktoren gebüsst werden kann. Dies hat zur Folge, dass eine Busse bei jedem Ehegatten individuell, nach den je besonderen Umständen, namentlich nach der Schwere des Verschuldens und den persönlichen Verhältnissen des bzw. der Fehlbaren zu bemessen ist.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht gilt, dass das Steuerstrafverfahren, der höchstpersönlichen Natur der strafrechtlichen Verantwortung entsprechend, stets gegenüber jedem tatverdächtigen Ehegatten persönlich zu eröffnen und durchzuführen ist.

Abgrenzung zum Nachsteuerverfahren

Verschiedene Zwecke

Die Nachsteuer (Art. 151-153 DBG bzw. Art. 53 StHG) und die Strafsteuer (Art. 174-185 DBG bzw. Art. 55-58 StHG) bei den direkten Steuern von Bund und Kantonen dienen unterschiedlichen Zwecken:

  • Mit der Erhebung von Nachsteuern wird nichts anderes als die Einforderung der ordentlichen Steuer bezweckt, die bislang zu Unrecht nicht erhoben worden ist. Das Nachsteuerverfahren ist somit ein Revisionsverfahren, mit dem die an sich rechtsbeständige Veranlagung zu Ungunsten der steuerpflichtigen Person korrigiert wird.

  • Das Steuerstrafverfahren hat demgegenüber pönale Funktion. Es bezweckt die strafrechtliche Verfolgung steuerrechtlicher Widerhandlungen.

Charakteristik des Steuerstrafverfahrens

Die am Ende eines Steuerstrafverfahrens ausgesprochenen Sanktionen stellen echte Strafen dar. Nach den strafrechtlichen Grundsätzen gelten dabei strengere Beweisregeln als im Nachsteuerverfahren. Es sind insbesondere die Unschuldsvermutung sowie der Grundsatz «in dubio pro reo» zu beachten:

  • Die Behörden müssen demnach einer steuerpflichtigen Person die Höhe des hinterzogenen Betrages nachweisen und im Zweifelsfall zu ihren Gunsten entscheiden.

  • Sie dürfen namentlich einen unabklärbaren und daher ungewissen Sachverhalt nicht durch eine Ermessensveranlagung ersetzen.

  • Hingegen ist es im Rahmen der freien Beweiswürdigung zulässig, Einkommens- oder Vermögensteile, deren Hinterziehung nachgewiesen ist, zur Bestimmung der Höhe der hinterzogenen Steuer zu schätzen, sofern sie anhand von Indizien auf diese Weise hinreichend sicher ermittelt werden können.

  • Die Behörde hat die Höhe des hinterzogenen Betrages nach Ausschöpfung aller geeigneten Untersuchungsmittel und gestützt auf eine gewissenhafte Prüfung der Beweismittel auf Grund ihrer frei gebildeten Überzeugung zu bestimmen. An die behördliche Überzeugung dürfen dabei aber nicht übermässige Anforderungen gestellt werden.

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