Investitionen in Kryptowährungen: Potenzielle Steuerfolgen für Privatpersonen
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Volatilität bei den Kryptowährungen
Aufgrund der seit einigen Monaten andauernden eher trüben Stimmung an den Kryptobörsen mag sich der Anlegeenthusiasmus einiger Investoren etwas gelegt haben. Dennoch gilt es auch weiterhin, gewisse steuerliche Konzepte im Auge zu behalten, damit es bei Erhalt der definitiven Steuerrechnung nicht zu einem bösen Erwachen kommt.
Grundsätzlich realisieren Privatpersonen bei der Veräusserung von beweglichen Vermögenswerten einen steuerfreien Kapitalgewinn. Dies setzt jedoch voraus, dass der Vermögenswert im Privatvermögen gehalten wird. Wird der private Investor aufgrund der Intensität seiner Investitionstätigkeiten jedoch als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler angesehen, veräussert er Geschäftsvermögen, mit der Folge, dass der Kapitalertrag der Einkommenssteuer sowie den Sozialversicherungsbeiträgen unterliegt.
Vorprüfung mit Checkliste
Zur Prüfung, ob ein solches Risiko besteht, empfiehlt sich ein zweistufiges Vorgehen. Als erste Kontrollprüfung, ob die eigenen Trading-Tätigkeiten als gewerbsmässiger Wertschriftenhandel qualifizieren, hilft ein Griff zum Kreisschreiben Nr. 36 der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 27. Juli 2012. Darin wird anhand von fünf konkreten Kriterien überprüft, wann in jedem Fall die Realisierung eines steuerfreien Kapitalgewinns und keine Qualifikation als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler vorliegt.
Sowohl die Eidgenössische Steuerverwaltung in ihrem Arbeitspapier zur Besteuerung von Kryptowerten als auch (vermehrt) die jeweiligen Kantone, wie beispielsweise Zug, Luzern und Zürich, verweisen jeweils auf dieses Kreisschreiben zur Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung von digitalen Vermögenswerten und Kryptowährungen vom gewerbsmässigen Wertschriftenhandel.
Konkret wird ein gewerbsmässiger Wertschriftenhandel ausgeschlossen, wenn kumulativ folgende Kriterien erfüllt werden:
- Die Haltedauer der veräusserten Wertschriften beträgt mindestens sechs Monate.
- Das Transaktionsvolumen (entspricht der Summe aller Kaufpreise und Verkaufserlöse) pro Kalenderjahr beträgt gesamthaft nicht mehr als das Fünffache des Wertschriften- und Guthabenbestands zu Beginn der Steuerperiode.
- Das Erzielen von Kapitalgewinnen aus Wertschriftengeschäften bildet keine Notwendigkeit, um fehlende oder wegfallende Einkünfte zur Lebenshaltung zu ersetzen. Das ist regelmässig dann der Fall, wenn die realisierten Kapitalgewinne weniger als 50% des Reineinkommens in der Steuerperiode betragen.
- Die Anlagen sind nicht fremdfinanziert, oder die steuerbaren Vermögenserträge aus den Wertschriften (wie z. B. Zinsen, Dividenden usw.) sind grösser als die anteiligen Schuldzinsen.
- Der Kauf und Verkauf von Derivaten (insbesondere Optionen) beschränkt sich auf die Absicherung von eigenen Wertschriftenpositionen.
Die ursprünglich für Wertschriftenportfolios in einer «Vor-Krypto-Welt» entwickelte Checkliste gerät bei der Beurteilung von Anlagen in Kryptowerten jedoch an ihre Grenzen. Deren oftmals hohe Volatilität und Komplexität sowie im Kryptobereich übliche hohe Transaktionsvolumen führen sehr schnell dazu, dass keine kumulative Erfüllung der genannten fünf Kriterien möglich ist. In diesem Fall folgt sodann in einem zweiten Schritt eine Prüfung des konkreten Einzelfalls. Die Kriterien 2 und 4 werden dabei als prioritäre Faktoren behandelt.
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Art der Tätigkeit als Gesamtes entscheidend
Führt die Vorprüfung zu keinem Ausschluss des gewerbsmässigen Wertschriftenhandels, wird im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung festgestellt, ob die Tätigkeit eine selbstständige Erwerbstätigkeit darstellt.
Da die für die direkten Steuern relevanten Gesetze, sprich das Bundesgesetz über die Direkten Bundessteuern (DBG) und das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG), keine Definition des Begriffs der selbstständigen Erwerbstätigkeit enthalten, wird grundsätzlich auf die ständige diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesgerichts abgestellt. Dieses nimmt das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit an, wenn eine Person «auf eigenes Risiko, unter Einsatz von Arbeit und Kapital, in einer frei gewählten Organisation und mit der Absicht der Gewinnerzielung am Wirtschaftsverkehr teilnimmt».¹ Konkreter bedeutet dies, dass ein gewerbsmässiger Wertschriftenhandel vorliegt, wenn An- und Verkäufe von Vermögensgegenständen in einer Art getätigt werden, die über die einfache Verwaltung von Privatvermögen hinausgeht.
Als Indizien für eine Gewerbsmässigkeit in Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung wurde lange Zeit grundsätzlich auf jene des gewerbsmässigen Liegenschaftshändlers abgestellt, d.h. die systematische oder planmässige Art und Weise des Vorgehens, Häufigkeit der Transaktionen, eine kurze Besitzdauer, ein enger Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der steuerpflichtigen Person, der Einsatz spezieller Fachkenntnisse, der Einsatz erheblicher Fremdmittel zur Finanzierung der Geschäfte und die Verwendung der erzielten Gewinne zur weiteren Investition in gleichartige Vermögensgegenstände.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichts wurde der Indizienkatalog in Bezug auf die Bestimmung einer Gewerbsmässigkeit im Zusammenhang mit dem Wertschriftenhandel auf folgende Kriterien eingeschränkt:
- Häufigkeit der Transaktionen gepaart mit kurzer Besitzdauer der Anlagewerte und
- Einsatz erheblicher Fremdmittel zur Finanzierung der Investitionen.
Hinweis: Dabei ist bereits die Erfüllung eines Kriteriums ausreichend zur Qualifikation einer Anlagetätigkeit als gewerbsmässig. Im Bereich der Kryptoinvestitionen, welche oftmals durch eine hohe Trading-Frequenz und kurzfristige Anlagestrategien geprägt sind, kann ein privater Investor damit rasch in den Bereich des gewerbsmässigen Wertschriftenhandels geraten, ohne sich dessen bewusst zu sein. Entsprechend sind die genannten Kriterien im Auge zu behalten und in die Festlegung der eigenen Anlagestrategie mitaufzunehmen.
Steuerliche Konsequenzen eines gewerbsmässigen Wertschriftenhändlers
Realisiert ein gewerbsmässiger Wertschriftenhändler auf seinen Vermögenswerten Kapitalgewinne, unterliegen diese als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit der Einkommenssteuer sowie den Sozialversicherungsbeiträgen. Als Kapitalgewinn gilt die Differenz zwischen Verkaufserlös und den ursprünglichen Gestehungskosten.
Gleichzeitig können in diesem Fall aber auch Kapitalverluste in Abzug gebracht und grundsätzlich über sieben Jahre vorgetragen werden – sofern nicht bereits eine Verrechnung mit übrigem Einkommen erfolgt. Dies könnte nun im Hinblick auf die derzeitige eher winterliche Marktstimmung im Kryptobereich gewisse Vorteile bei einer Qualifikation als Wertschriftenhändler bergen. In der Praxis gestaltet es sich allerdings schwierig eine Gewerbsmässigkeit bei der Realisierung von Verlusten proaktiv zu beantragen, um diese steuerlich abzusetzen.
Ergänzend ist an dieser Stelle festzuhalten, dass es sich bei Entschädigungen für das Schürfen von Zahlungs-Tokens (Mining) oder etwa beim sog. Staking um steuerbares Einkommen handelt. Das hält die Eidgenössische Steuerverwaltung in ihrem Arbeitspapier «Kryptowährungen und Initial Coin/Token Offerings (ICOs/ITOs) als Gegenstand der Vermögens-, Einkommens- und Gewinnsteuer, der Verrechnungssteuer und der Stempelabgaben» vom 21. Dezember 2021 fest. Dabei stützt sie sich auf die allgemeine Generaleinkommensklausel ab. Wenn die oben genannten Kriterien für das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erfüllt sind, gelten solche Entschädigungen steuerlich als Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit, die der Einkommenssteuer und den Sozialversicherungsbeiträgen unterliegt. Dafür können aber wiederum auch Verluste geltend gemacht und über sieben Jahre vorgetragen werden.
Praxistipp: Es empfiehlt sich daher, nicht nur die Qualifikation als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler oder Miner zu prüfen, sondern ebenfalls, bei Vorliegen einer solchen, gewisse daraus entstehende Vorteile zu betrachten und zu nutzen.
FUSSNOTE
1Leading Case zur Thematik: BGE 125 II 113 E. 5b (BGer 8. Januar 1999).