
Steuerausscheidung: Interkantonale Steuerpflichten korrekt aufteilen

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Einleitung
Natürliche und juristische Personen sind üblicherweise an ihrem Wohnsitz bzw. Sitz unbeschränkt steuerpflichtig. Bestehen intensive Beziehungen zu mehreren Kantonen – beispielsweise eine ausserkantonale Betriebsstätte oder ausgedehnte Aufenthalte in einem ausserkantonalen Ferienhaus –, sind unterschiedliche kantonale Steuerhoheiten betroffen und es ist eine Zuteilung der Besteuerungsrechte vorzunehmen.
Im Rahmen des vorliegenden Beitrags werden mögliche Fragestellungen bezüglich tatsächlicher Verwaltung, Sitz und Wohnsitz juristischer bzw. natürlicher Personen im interkantonalen Steuerrecht übersichtsmässig dargestellt.
Vorbemerkungen und Ausgangslage
Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist die interkantonale Doppelbesteuerung verboten.1 Das Doppelbesteuerungsverbot gilt für Steuern sowie Ersatzabgaben mit Steuercharakter. Anwendung findet dieses verfassungsmässige Individualrecht auf Konflikte zwischen Kantonen sowie zwischen Gemeinden unterschiedlicher Kantone. Auf internationale2 und intrakantonale Sachverhalte ist es grundsätzlich nicht anwendbar. Die internationale Doppelbesteuerung wird – sofern vorhanden – durch Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den beteiligten Staaten weitgehend verhindert. Intrakantonale Sachverhalte richten sich nach dem kantonalen Recht.
Interkantonale Doppelbesteuerungsrisiken3 resultieren aus der Kollision von Steuerhoheiten mehrerer Kantone. Diese treten vorwiegend bei unterschiedlichen kantonalen Steuergesetzen, unterschiedlicher Auslegung grundsätzlich gleichlautender kantonaler Steuergesetze und bei unterschiedlicher Sachverhaltswürdigung auf.
Eine interkantonale Doppelbesteuerung kann mittels einseitiger Massnahmen des kantonalen Rechts4, interkantonaler Konkordate oder bundesrechtlicher Vorgaben verhindert werden. Letzteres vorwiegend durch das Steuerharmonisierungsgesetz5 und die bundesgerichtliche Doppelbesteuerungspraxis. Das Steuerharmonisierungsgesetz enthält Regelungen zur formellen Harmonisierung der direkten Steuern von Bund, Kantonen sowie Gemeinden und stellt ein Rahmengesetz für materielle Normen des kantonalen Steuerrechts dar. Die Doppelbesteuerungspraxis des Bundesgerichts stellt demgegenüber Kollisionsrecht dar, basiert auf Rechtsprechung (auch «Richterrecht» genannt) und schränkt die kantonale Steuerhoheit ein. Bestehen Anknüpfungspunkte zu mehreren Kantonen, sind die Steuerfaktoren in Abhängigkeit der Ausscheidungsregeln objekt- oder quotenmässig den beteiligten Kantonen zuzuweisen.
Ausserhalb der vorliegenden Betrachtung liegen internationale Sachverhalte inkl. internationalem Zu- und Wegzug innerhalb der Steuerperiode. Ebenfalls nicht behandelt wird das Quellensteuerverfahren.
Grundzüge der interkantonalen Steuerausscheidung
Im interkantonalen Steuerrecht werden vereinfachend folgende Steuerdomizile unterschieden:6
- Hauptsteuerdomizil: aufgrund persönlicher Zugehörigkeit (z.B. Wohnsitz)
- Nebensteuerdomizil: aufgrund wirtschaftlicher Zugehörigkeit oder Bundesgerichtspraxis
- Spezialsteuerdomizil: Liegenschaftsort und Geschäftsort
- Sekundäres Steuerdomizil: Betriebsstätte7, Saisonaufenthalt8 und Familienort9
Die Spezialsteuerdomizile haben Vorrang vor dem Hauptsteuerdomizil und führen grundsätzlich zu einer objektmässigen Ausscheidung der Steuerfaktoren. Demgegenüber hat das Hauptsteuerdomizil Vorrang vor sekundären Steuerdomizilen, welche grundsätzlich zu einer quotenmässigen Ausscheidung der Steuerfaktoren führen.
Bestehen Steuerdomizile in mehreren Kantonen, ist eine interkantonale Steuerausscheidung i.e.S. vorzunehmen und die Steuerfaktoren sind den beteiligten Kantonen zuzuweisen. Ferner ist eine zeitliche sowie sachliche Bemessung notwendig.
Eine vollständige Darstellung der bundesgerichtlichen Kollisionsregeln würde den Umfang dieses Beitrags sprengen. Die Grundsätze lassen sich jedoch stark vereinfacht wie folgt zusammenfassen:10
- Aktiven: objektmässige Zuteilung
- Passiven: quotenmässige Zuteilung
- Einkünfte: objektmässig (Grundsatz) oder quotenmässig (vorwiegend interkantonale Unternehmen)
- Negative Elemente: objekt- oder quotenmässig
Für eine Steuerausscheidung sind die Steuerfaktoren individuell zu prüfen und gemäss den geltenden Ausscheidungsregeln zuzuteilen.
Persönliche Zugehörigkeit juristischer Personen
Juristische Personen sind persönlich zugehörig und damit unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sich ihr Sitz oder ihre tatsächliche Verwaltung im Kanton befindet.11 Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung dominiert der Ort der tatsächlichen Verwaltung den (statutarischen) Sitz, wenn diese auseinanderfallen. Folglich unterliegt die juristische Person grundsätzlich der kantonalen Steuerhoheit am Ort der tatsächlichen Verwaltung. Diese befindet sich am Ort, wo die Fäden der Geschäftsführung zusammenlaufen, die wesentlichen Unternehmensentscheide fallen und die Gesellschaft ihren wirklichen, tatsächlichen Mittelpunkt der ökonomischen Existenz hat.12
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