Jahresabschlussarbeiten: Zentrale Fragen und häufige Stolperfallen
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Grundlagen
Die Grundlage eines guten Jahresabschlusses ist eine ordnungsmässige Buchführung. Dazu gehört eine vollständige, wahrheitsgetreue und systematische Erfassung der Geschäftsvorfälle (Art. 957a Abs. 2 Ziff. 1 OR). Dies bedeutet, dass auch eine sachliche und zeitliche Abgrenzung vorgenommen werden muss, um die Vergleichbarkeit sicherzustellen.
Wie können Jahresabschlussarbeiten möglichst effizient und ohne Qualitätsverlust gemeistert werden?
Mehrwertsteuer: Diese Stolpersteine sollten Sie im Auge behalten
Im Bereich der schweizerischen Mehrwertsteuer fallen zum Jahresende verschiedene Arbeiten an. So ist man verpflichtet, eine Abstimmung zwischen den deklarierten Umsätzen sowie den Umsätzen gemäss Buchhaltung zu erstellen. Diese Abstimmung ist sehr hilfreich, um allfällige unterjährige Fehler zu entdecken und zu beheben. Sollten sich aus dieser Abstimmung Differenzen zu den bereits eingereichten Quartalsabrechnungen ergeben, können diese per Jahresabstimmung oder per Korrekturabrechnung nachgemeldet werden. Bei der Jahresabstimmung werden nur die Differenzen deklariert, eine Korrekturabrechnung hingegen ersetzt eine bereits eingereichte Abrechnung.
Spätestens zum Jahresende sollten auch allfällige Privatanteile (z.B. private Nutzung Geschäftsfahrzeug) verbucht werden, die ebenfalls in der MWST-Abrechnung als pflichtiger Umsatz angegeben werden müssen.
Wenn Sie Gegenstände oder Dienstleistungen mit Vorsteuerabzug
- auch ausserhalb Ihrer unternehmerischen Tätigkeiten oder
- für Leistungen, für die ein Vorsteuerabzug nicht geltend gemacht werden kann, verwenden,
müssen Sie spätestens am Ende der Steuerperiode eine Vorsteuerkorrektur vornehmen. Für die Berechnung muss ein geeigneter Aufteilungsschlüssel gefunden werden. Eine Möglichkeit wäre, die Umsätze der verschiedenen Geschäftsfelder als Aufteilungsschlüssel heranzuziehen.
Lohnbuchhaltung: Haben Sie alles korrekt erfasst und gemeldet?
Auch die Arbeiten im Zusammenhang mit der Lohnbuchhaltung sind am Jahresende etwas zeitintensiver als bei den monatlichen Lohnabrechnungen. Einerseits müssen diverse Sozialversicherungsdeklarationen eingereicht werden (Ausgleichskasse, Unfallversicherung, Krankentaggeld), andererseits muss sichergestellt werden, dass die Lohnaufwendungen gemäss Lohnbuchhaltung mit den Zahlen gemäss Finanzbuchhaltung übereinstimmen.
Die Lohnsummendeklaration an die zuständige Ausgleichskasse muss jeweils bis zum 30. Januar des Folgejahrs erfolgen. Sollten Ihnen die finalen Lohnsummen bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt sein, ist es empfehlenswert, zumindest eine provisorische Deklaration einzureichen und die finale zu einem späteren Zeitpunkt nachzureichen. Somit können allfällige Verzugszinsen reduziert werden. Mittlerweile stellen verschiedene Ausgleichskassen oder auch Unfallversicherer eine digitale Plattform zur Verfügung, über die solche Meldungen ganz einfach und schnell erledigt werden können.
Hinweis: Die Schlussrechnungen der verschiedenen Sozialversicherungen sowie eventuelle Bonuszahlungen, die zwar erst im neuen Jahr erfolgen, jedoch das alte Jahr betreffen, müssen mittels passiver Rechnungsabgrenzung periodengerecht im Aufwand des alten Geschäftsjahrs verbucht werden.
Jahresabschluss: So bereiten Sie sich ideal vor
Damit die Erstellung des Jahresabschlusses nicht mehr Zeit benötigt als notwendig, macht es Sinn, strategisch vorzugehen. Stellen Sie sicher, dass Sie alle abschlussrelevanten Unterlagen (u.a. Bankauszüge per Stichtag sämtlicher Bankkontos, Warenlagerliste, Liste der offenen Debitoren- bzw. Kreditorenrechnungen) zur Hand haben. Sind diese Unterlagen bereit, sollten Sie sich durch sämtliche Bilanzpositionen durcharbeiten und die entsprechenden Abschlussbuchungen vornehmen. Empfehlenswert ist die Erstellung einer Checkliste, die sämtliche Abschlussarbeiten auflistet. So geht nichts vergessen. Zudem ist es motivierend, die notwendigen Schritte als erledigt zu markieren und so den Fortschritt erkennbar zu machen. Bezüglich der aktiven und passiven Rechnungsabgrenzungen nehmen Sie sich am besten die Liste der verbuchten Abgrenzungen aus dem Vorjahr zur Hand – oftmals sind es jährlich wiederkehrende Rechnungen, die erfasst werden müssen.
Am besten legen Sie
- Rechnungen, die Sie unterjährig bezahlt haben, die jedoch einen Leistungszeitraum bis ins nächste Jahr betreffen (aktive Rechnungsabgrenzung), sowie
- Rechnungen, die erst im neuen Jahr eingetroffen sind, die jedoch noch das alte Geschäftsjahr betreffen (passive Rechnungsabgrenzung),
direkt für die Abschlusserstellung zur Seite. Eine weitere Bilanzposition, die etwas mehr Zeitaufwand benötigt, sind sicherlich die Sachanlagen. Hier führen Sie idealerweise eine Anlagenbuchhaltung, in der sämtliche Zu- und Abgänge des entsprechenden Jahrs nachgetragen werden. So haben Sie die beste Übersicht, um am Ende über die Höhe der Abschreibungen zu entscheiden.
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Steueraufwand: Nutzen Sie die gesetzlichen Gestaltungsmöglichkeiten
Vorwegnehmen muss man, dass, wer mit seinem Unternehmen Gewinne erzielt, auch Steuern zahlen muss. Allerdings räumen Ihnen die steuergesetzlichen Vorgaben gewisse Möglichkeiten ein, um die Steuerbelastung zu senken:
- Auf den Warenvorräten können Wertberichtigungen von bis zu einem Drittel vorgenommen werden, selbst wenn diese aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht notwendig sind.
- Bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen können pauschale Wertberichtigungen vorgenommen werden, die über die effektiven Wertverluste hinausgehen. Die entsprechenden Prozentsätze sind in den kantonalen Steuergesetzen festgehalten. In den Kantonen Uri, Zug und Schwyz können auf den Beständen der Inlandforderungen bis zu 10% und auf den Auslandforderungen bis zu 15% wertberichtigt werden.
- Auch bei Anlagevermögen gibt es Möglichkeiten, die Steuerbelastung des Geschäftsjahrs zu reduzieren. So sind in einigen Kantonen – darunter Uri, Schwyz und Zug – Sofortabschreibungen auf einen Pro-Memoria-Franken auf beweglichen Betriebseinrichtungen zulässig. Im Kanton Zug ist eine solche Abschreibung allerdings nur im Anschaffungsjahr möglich, in den beiden anderen Kantonen auch in den Folgejahren.
Hinweis: Wenn Sie sich diese Gewinnsteuerungsmöglichkeiten zunutze machen, kann die Steuerbelastung bedeutend reduziert werden.
Allerdings kann es natürlich auch sein, dass nicht die Gewinnreduzierung das Ziel ist, sondern der Ausweis eines möglichst hohen Gewinns, um die Gewinnausschüttung zu maximieren. In diesem Fall werden Sie erwartungsgemäss auf die beschriebenen Mechanismen verzichten. Dennoch müssen die handelsrechtlichen Bewertungsrichtlinien stets eingehalten werden.
Welche Probleme und Fragen müssen bei der Erstellung des Jahresabschlusses berücksichtigt werden?
Zeitliche Abgrenzung
Die zeitliche Abgrenzung verlangt, dass Aufwände und Erträge in der Periode ausgewiesen werden, in der sie tatsächlich angefallen sind. Daraus folgt, dass periodenbezogene Erträge oder Aufwände (Versicherungen, Miete, Zinsen usw.) abgegrenzt werden müssen. Das bedeutet, dass die Kreditoren und Debitoren des jeweiligen Jahrs erfasst werden müssen.
Bei Unternehmen, die ihre Jahresabschlüsse innerhalb eines kurzen Zeitraums erstellen, sind oft noch nicht alle Rechnungen für das Jahr eingegangen. Daher müssen Annahmen über die noch ausstehenden Beträge getroffen werden. Eine gute Möglichkeit, die vollständige Abgrenzung sicherzustellen, ist die Durchsicht der Aufwands- und Ertragskonten. Wurde die Miete zwölfmal verbucht? Fehlen andere Monatsabrechnungen aus dem letzten Monat?
Vorräte
Das Thema «Vorräte» wird im Abschlussprozess oft unterschätzt. Die Bestandsermittlung und Bewertung ist meist zeitaufwendiger als erwartet. Gemäss Gesetz muss der Bestand durch ein Inventar oder auf andere Weise nachgewiesen werden (Art. 958c Abs. 2 OR). Doch was heisst das genau? Grundsätzlich bedeutet dies, dass Unternehmen ohne Lagerbuchhaltung am Bilanzstichtag eine Inventur durchführen müssen. Basierend auf den gezählten Beständen kann ein Inventar erstellt werden. Ein Inventar ist nichts anderes als ein Bestandsverzeichnis der auf Lager befindlichen Artikel.
Unternehmen, die auch unterjährig eine Lagerbuchhaltung führen, können das Inventar jederzeit einsehen. Grundsätzlich ist eine Inventur auch in diesem Fall empfehlenswert, um beispielsweise Verluste oder Fehlbestände festzustellen.
Nachdem die Bestände ermittelt wurden, wird die Bewertung vorgenommen. Die Vorräte dürfen nicht höher als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten bewertet werden. Ist der Verkaufspreis des Artikels niedriger als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, muss die Bewertung zum Verkaufspreis erfolgen.
Angefangene Arbeiten
Produkte, die sich am Bilanzstichtag noch im Fertigungsprozess befinden, gelten als in Arbeit befindliche Waren. Bei Dienstleistungsunternehmen stellen auch die noch nicht fakturierten Dienstleistungen halb fertige oder angefangene Arbeiten dar. Diese Positionen sind Teil der Vorräte und müssen hinsichtlich der Bestandsermittlung und Bewertung gleichbehandelt werden. Neben den Vorräten sind auch die unfertigen Leistungen zu ermitteln.
Hinweis: Um festzustellen, ob die Bewertung zum Veräusserungswert oder zu den Anschaffungs oder Herstellungskosten erfolgen soll, muss auch die zukünftige Entwicklung berücksichtigt werden. Ist bereits absehbar, dass die Herstellungskosten den Verkaufspreis übersteigen werden, muss der Verlust sofort berücksichtigt werden.
Privatanteile und geschäftlich nicht begründete Aufwendungen
In kleinen Familienbetrieben werden private Aufwendungen oft über das Unternehmen abgerechnet. Dazu gehört nicht nur die Bezahlung privater Rechnungen, sondern auch die private Nutzung geschäftlicher Güter. Ein typisches Beispiel ist die private Nutzung des Geschäftsfahrzeugs. Meistens wird der Privatanteil pauschal mit 0,9% des Kaufpreises pro Monat berechnet. Die private Nutzung muss ebenfalls im Lohnausweis des Privatbezügers aufgeführt werden.
Private Auslagen gelten als geschäftlich nicht begründete Aufwendungen und dürfen im Geschäftsabschluss nicht als Aufwand geführt werden, sondern müssen erfolgsneutral über das Aktionärskonto gebucht werden. Es ist auch ratsam, Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Aktionären marktüblich zu verzinsen. Denn eine Unterlassung kann auch als geldwerte Leistung ausgelegt werden und entsprechende steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Stille Reserven
Bei der Erstellung der Jahresrechnung ist es möglich, stille Reserven zu bilden oder aufzulösen und damit den Gewinn zu beeinflussen. Grundlage für die stillen Reserven ist das im Obligationenrecht verankerte Vorsichtsprinzip (Art. 958c Abs. 1 Ziff. 5 OR). Die stillen Reserven sind eigentlich nur durch steuerrechtliche Vorschriften begrenzt. Es empfiehlt sich, eine interne Übersicht über die vorhandenen stillen Reserven zu erstellen, da eine wesentliche Auflösung von stillen Reserven der Offenlegung unterliegt (Art. 959c Abs. 1 Ziff. 3 OR). Zudem wird dadurch auch die Überwachung der effektiven Wirtschaftlichkeit des Unternehmens erleichtert.
Anhang
Der Anhang wird in der Jahresrechnung oft vernachlässigt. Dabei müssen einige Pflichten beachtet werden, wenn dies nicht schon aus der Bilanz oder der Erfolgsrechnung ersichtlich ist. Die wichtigsten Informationen sind sicherlich die Angaben zu den Bewertungsgrundsätzen, Auflösung von stillen Reserven, Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Beteiligten, Beteiligungen und Organen, Anzahl der Vollzeitstellen, Verbindlichkeiten gegenüber Vorsorgeeinrichtungen, Angaben zu direkt und indirekt gehaltenen Beteiligungen.
Hinweis: Grundsätzlich sollten die Angaben auf das Nötigste reduziert und Angaben mit einem Nullsaldo oder nicht vorhandenem Saldo weggelassen werden.
Gewinnverwendung
Der letzte Teil des Jahresabschlusses ist die Gewinnverwendung. Derzeit ist es sehr wichtig, die geltenden Regeln für COVID-19-Kredite und Härtefallmassnahmen zu kennen. Unternehmen, die einen COVID-19-Kredit ausstehend oder Härtefallgelder erhalten haben, dürfen keine Dividenden oder Kapitaleinlagen ausschütten. Zu beachten ist auch, dass Kredite an Eigentümer oder Beteiligte, die einem Drittvergleich (Vertrag, marktübliche Zinsen, Rückzahlungsbedingungen, Kreditwürdigkeit) nicht standhalten, zu einer Sperrung des frei verfügbaren Eigenkapitals in Höhe des gewährten Kredits führen.