Kontierung: Wann ist eine Aktivierung, wann ein Aufwand im neuen Rechnungslegungsrecht zu wählen?
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Einleitung
Art. 57 DBG (Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer) stellt klar, dass der Reingewinn Gegenstand der Gewinnsteuer sei, wobei Art. 58 Abs. 1 Ziff. a DBG die Erfolgsrechnung als Basis zur Ermittlung des steuerbaren Reingewinns bezeichnet. Die kantonalen Steuergesetze kennen ähnliche Regeln. Die für die Steuerfestlegung massgebliche Erfolgsgrösse ermittelt sich deshalb ausgehend vom Saldo der gem. OR (Obligationenrecht) erstellten Erfolgsrechnung (vgl. Art. 58 Abs. 1 lit. a DBG, «Generalklausel»). Vom gem. OR ermittelten Gewinn resp. Verlust kann jedoch dann abgewichen werden, wenn besondere steuerliche Gewinnermittlungsvorschriften bestehen.
Aufrechnungspflicht im Steuerrecht
Art. 58 Abs. 1 lit. b DBG berechtigt die Steuerbehörden zu einer Aufrechnung der «Kosten für die Anschaffung, Herstellung oder Wertvermehrung von Gegenständen des Anlagevermögens». Aus Sicht des Steuergesetzes soll damit sichergestellt werden, dass aus steuerrechtlicher Sicht aktivierungspflichtige Investitionen als Anlagevermögen kontiert und nicht lediglich als Aufwand (z.B. Kontierung der Erneuerung wesentlicher IT-Gerätschaften als «übriger betrieblicher Aufwand») über die Erfolgsrechnung gebucht werden.
Aus obligationenrechtlicher Sicht bietet diese Bestimmung in der zukünftigen Praxis vermutlich nur ein geringes Problem. Art. 959 Abs. 2 OR postuliert bereits eine Pflicht zur zwingenden Aktivierung von Vermögenswerten, sofern diese die konstitutiven Merkmale bez. Aktivierungspflicht erfüllen. Damit wird ein Verstoss gegen die Aktivierungspflichten des Art. 959 Abs. 2 OR wohl mittels einer sog. Bilanzberichtigung steuerrechtlich behandelt werden.
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Sonderfall der Sofortabschreibung
In verschiedenen Kantonen (häufig auch anerkannt bei der direkten Bundessteuer) werden sog. «Sofortabschreibungen» akzeptiert. Bei dieser Methode wird ein Restwert (Liquidationswert) in Relation zum gem. OR zu aktivierenden Anschaffungswert festgelegt. Im Kanton Zürich unterscheidet sich dieser daraus resultierende Abschreibungssatz beispielsweise dadurch, ob es sich um lang- oder kurzfristige Vermögenswerte innerhalb des Anlagevermögens handelt. So wird laufend zu ersetzendes bewegliches Vermögen (z.B. Maschinen und Mobilien) mit einem Abschreibungssatz von 80% auf dem Anschaffungswert behandelt. Bei Gebäuden liegt die Sofortabschreibung zwischen 20% bis 60% der Anlagekosten; dies je nach Lage und Verwendbarkeit des Objekts. Sofern nach der Kontierung als Aktivum eine solche Sofortabschreibung erfolgt, so ist dies handelsrechtlich grundsätzlich möglich (Art. 960a Abs. 4 OR erlaubt für diese Formen ausdrücklich auch die Bildung stiller Willkürreserven). Steuerrechtlich gelangen dann die Bestimmung in Art. 62 DBG betreffend Abschreibungen zur Anwendung. Danach sind Abschreibungen von Aktiven dann zulässig, wenn sie geschäftsmässig begründet sind. Zur steuerlichen Geltendmachung müssen sie in der Erfolgsrechnung verbucht worden sein (Art. 959b Abs. 2 Ziff. 6 OR). Bei Anwendung einer «Milchbüchlein-Rechnung» (eingeschränkte Buchführungspflicht) sind separate (ergänzende) Abschreibungstabellen zu führen.
Im Obligationenrecht wird in Art. 960a Abs. 3 OR keine bestimmte Abschreibungsmethode vorgeschrieben. Es empfiehlt sich somit in der Praxis, eine der vom Steuerrecht vorgesehenen Methoden zu verwenden.
Fazit zur Kontierung
Gem. Art. 960a Abs. 4 dürfen somit zusätzliche Abschreibungen und Wertberichtigungen zu Wiederbeschaffungszwecken sowie zur Sicherung des dauernden Gedeihens des Unternehmens gebucht werden. Dies führt dazu, dass nach einer Kontierung als Aktivum zeitnah Abschreibungen auf diesem Aktivum zu buchen sind (eine sofortige Aufwanderfassung ist handelsrechtlich problematisch). Gerade aber der Zusatz «zur Sicherung des dauernden Gedeihens des Unternehmens» wird in der Praxis regelmässig als Begründung dazu genommen, willkürlich tiefe Aktiven zu erwirken. Schon in der bundesrätlichen Botschaft (21.12.2007) wurde skizziert, dass die steuerrechtliche Würdigung durch diese handelsrechtliche Praxis nicht präjudiziert wird, d.h. dass die Steuerbehörden eigene Massstäbe zur Festlegung der Abschreibungshöhe festlegen können. Die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) kommt in ihrer bereits im Februar 2013 veröffentlichen Analyse deshalb zur Erkenntnis, dass Abschreibungen und Wertberichtigungen gem. Art. 960a Abs. 4 OR (mit Ausnahme der Einmalabschreibungen) nicht als geschäftsmässig begründet anzuerkennen seien. Das Ende 2020 veröffentlichte «Update» bestätigt diese Einschätzung.