Einfache Buchhaltung: Warum es nichts Vereinfachendes ist
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Die Buchführungspflicht im Unternehmen
Im revidierten Buchführungs- und Rechnungslegungsrecht, welches nach Ablauf der Übergangsfrist am 01.01.2015 für alle Anwender Pflicht geworden ist, gibt es einen Kreis von Unternehmen, die von der ordentlichen Buchführungspflicht nach Art. 957a OR befreit sind, jedoch eine als Milchbüchleinrechnung bezeichnete eingeschränkte Buchführungspflicht zu erfüllen haben. Der Kreis dieser Unternehmen ist an eine maximale Höhe des Umsatzes gekoppelt (bis max. CHF 500‘000 im Jahr).
Gemäss Art. 957 Abs. 2 OR versteht der Gesetzgeber unter einfache Buchhaltung folgendes:
- eine Buchführung über Einnahmen und Ausgaben sowie
- eine Buchführung über die Vermögenslage
Eine solche einfache (nicht doppische) Buchhaltung ist auf den ersten Blick eine KMU-freundliche Vorlage – auf den zweiten Blick aber etwas, was das Leben nur scheinbar einfacher machen wird und von der Praxis deshalb hoffentlich wenig genutzt werden muss.
Rechtsformneutrale Buchführung und KMU-Schutz
Eigentlich ist das neue Buchführungs- und Rechnungslegungsrecht grundsätzlich rechtsformneutral und grössenabhängig ausgestaltet – im KMU-Bereich gilt dies jedoch nicht uneingeschränkt. So ist beispielsweise eine kleine Unternehmung mit einem Umsatz von CHF 50‘000 in der Rechtsform einer GmbH ordentlich buchführungspflichtig, während eine Rechtsanwaltskanzlei mit CHF 450‘000 Umsatz nur eingeschränkt buchführungspflichtig ist, wenn sie als Personengesellschaft ausgestaltet ist.
Aufgrund dieser Logik wird ersichtlich, dass die neue Regelung gegenüber der bisherigen Rechtslage Erleichterungen für kleine Personenunternehmen (Umsatz <CHF 500‘000), bewirkt; aber auch Verschärfungen für alle früher nicht eintragungspflichtigen Einzelunternehmen (Nicht kaufmännisch geführt Gewerbe, sog. Freie Berufe oder Einzelunternehmen mit Umsatz <CHF 100‘000) bedeuten kann.
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Wie geht eine Buchführung über Einnahmen und Ausgaben?
Der Gesetzgeber hat diese Frage der Praxis zur Beantwortung überlassen. Klar dürfte sein, dass Zunahmen und Abnahmen der dem Geschäftsbetrieb zuzurechnenden flüssigen Mittel aufzeichnungspflichtig sind. Da laufende Bankkonten auch überzogen werden können, sind auch Veränderungen von sofort fälligen Bankverbindlichkeiten ebenfalls aufzeichnungspflichtige Einnahmen und Ausgaben. Generell dürfte es zweckmässig sein, Einnahmen und Ausgaben als Veränderungen von dem Geschäftsbetrieb zuzurechnenden Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Zentral- und Geschäftsbanken zu verstehen. Aufgrund der bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften vorherrschenden Verflechtungen zwischen dem Unternehmen sowie dem Privatbereich der betroffenen Gesellschafter/Einzelunternehmer ist eine vollständige Aufzeichnung von Privateinlagen/-entnahmen von hoher Bedeutung zur Abgrenzung der Geschäftseinnahmen und -ausgaben vom Privatbereich. Es erscheint daher zweckmässig und notwendig, zusätzlich die Veränderungen der Forderungen (ggf. Verbindlichkeiten) gegenüber dem Privatbereich des Unternehmers bzw. der Gesellschafter ebenfalls als Einnahmen und Ausgaben zu betrachten und entsprechende Aufzeichnungen darüber anzufertigen. Diese Vorgehensweise unterstützt das Ziel, nur die geschäftsbezogenen Einnahmen und Ausgaben zu erfassen und diese von Kapitaleinlagen und Kapitalrückzahlungen abzugrenzen. Naturalbezüge des Unternehmers für private Zwecke werden dabei als Einnahme erfasst.
Die Aufzeichnungen haben die Anforderungen an eine ordnungsmässige Buchführung in sinngemässer Weise zu erfüllen. In einfachen Verhältnissen kann somit durch systematische, vollständige und wahrheitsgetreue Aufzeichnungen über die einzelnen Bewegungen der Bestände an Netto-Flüssigen Mitteln (Kasse, Post, Bank) sowie der Netto-Forderungen gegenüber dem Privatbereich, in Verbindung mit den Belegnachweisen, der gesetzliche Anspruch in der Praxis erfüllt werden. Welche Berichte und Auswertungen gestützt auf diese Aufzeichnungen erstellt werden, liess der Gesetzgeber offen.
Warum bringt die einfache Buchhaltung keine wirkliche Erleichterung?
Die Räte entschieden sich im Rahmen der parlamentarischen Beratungen – hauptsächlich durch die massive Anhebung der Schwellenwerte des Art. 727 OR (ordentliche versus eingeschränkte Revision), aber auch durch diejenigen in Art. 957 OR (eingeschränkte Buchführungspflicht) – dazu, die Reform der Vorschriften prioritär als Mittel zu nutzen, um KMU von unnötiger Bürokratie zu entlasten. Es ist nun eine anspruchsvolle Aufgabe für betroffene Unternehmen zu entscheiden, wie die vom Gesetz vorgesehene Offenheit im Sinne einer zweckorientierten Ausgestaltung zu nutzen ist. Über das Obligationenrecht hinausgehende Anforderungen ergeben sich in der Praxis jedoch vor allem aus den steuerlichen Buchführungs- und Aufzeichnungsvorschriften – und letztere haben die Räte im Kontext dieser Erleichterung unangetastet gelassen. Es bleibt somit offen, ob die handelsrechtlich gewährte Erleichterung wirklich eine integrale Entlastung für die betroffenen Unternehmen bringt.