Einnahmen-Ausgaben-Rechnung: Rechnungslegung für Kleinunternehmen in der Schweiz
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Einleitung
Mit dem am 23. Dezember 2011 verabschiedeten Recht der kaufmännischen Buchführung und Rechnungslegung wurden die Kriterien für die Buchführungspflicht geändert. Während bis dahin alle diejenigen zur (doppelten) Buchführung sowie zur Aufstellung eines Jahresabschlusses verpflichtet waren, deren Firma in das Handelsregister eingetragen war, knüpfte die Neuregelung der Pflicht gemäss Art. 957 OR sowohl für die Buchführung als auch für die Rechnungslegung an folgende Kriterien an:
- Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die einen Umsatzerlös von mindestens CHF 500 000 im letzten Geschäftsjahr erzielt haben;
- juristische Personen.
Somit haben kleine Einzelunternehmen und Personengesellschaften, deren Umsatzerlöse weniger als CHF 500 000 betragen, ab dem 1.1.2013 gemäss Art. 957 Abs. 2 OR die Wahl zwischen
- einer freiwilligen (doppelten) Buchführung und Erstellung eines Jahresabschlusses oder
- der Erstellung einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung sowie einer Aufstellung ihrer Vermögenslage (sogenannte "Milchbüchlein-Rechnung").
In keinem Fall können aber Kapitalgesellschaften ihren Gewinn mittels Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermitteln.
Somit ist die Befreiung von der Verpflichtung zur Buchführung und Rechnungslegung grundsätzlich rechtsformabhängig und darüber hinaus auch noch grössenbedingt geregelt. Das Obligationenrecht ist somit neutral bezüglich der Rechtsform.
Gleiches gilt auch für Vereine und Stiftungen ohne Pflicht zur Eintragung ins Handelsregister sowie Stiftungen, soweit sie gemäss Art. 83b Abs. 2 ZGB von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle befreit sind: auch sie dürfen zukünftig eine einfache Buchhaltung in Form einer Einnahmen- und Ausgaben-Rechnung und einer Vermögensaufstellung führen.
Da in der Schweiz ca. 99% aller Unternehmen der Gruppe der Klein- und Mittelunternehmen zugerechnet werden, ist diese Neuregelung der Rechnungslegung von erheblichem Interesse für zahlreiche Kleinunternehmen.
Im vorliegenden Beitrag werden nicht nur die Grundregeln der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung sowie der Vermögensaufstellung erläutert, sondern auch Hinweise zur Umsetzung gegeben.
Definition und Abgrenzung der Rechengrössen Einnahmen und Ausgaben
Wählt ein Unternehmen die Option des Art. 957 Abs. 2 OR und damit die Befreiung von der doppelten Buchführung sowie der Rechnungslegung folgt daraus, dass nur noch einfache bzw. vereinfachte Buchhaltung in Form einer Einnahmen- und Ausgaben-Rechnung als Mindestanforderung vorliegen muss. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, was Einnahmen und Ausgaben kennzeichnet.
Die Rechengrössen Einzahlungen und Auszahlungen werden als Zufluss und Abfluss von Geldmitteln (d.h. Bargeld und/oder Buchgeld) verstanden und verändern so den Bestand der Flüssigen Mittel einer Unternehmung. Sie werden als Rechengrössen in der Finanzrechnung sowie in der Investitionsrechnung verwendet.
Einnahmen und Ausgaben umfassen in Abgrenzung zu den vorgenannten Rechengrössen alle vermögensändernden Geschäftsvorfälle, durch die ein rechtlicher Anspruch auf Finanzmittel entsteht. Somit kann eine Ausgabe zugleich eine Auszahlung (z.B. Barkauf von Rohmaterial) sein oder aber ein Wertverzehr im Falle eines Kreditkaufs, bei dem kein Zahlungsabfluss, aber eine rechtliche Zahlungsverpflichtung vorliegt.
Eine Einnahme kann entsprechend eine Einzahlung (wie z.B. beim Barverkauf) darstellen oder lediglich einen Anspruch auf einen Wertzuwachs im Falle eines Verkaufs auf Ziel.
Die vom Gesetzgeber rechtsformabhängig für Kleinunternehmen angebotene Option einer einfachen Buchhaltung in Form der Einnahmen- und Ausgabenrechnung ist somit nicht lediglich eine Kassenbuchhaltung, sondern schliesst die Abgrenzung von Geschäftsvorfällen ein, die am Jahresende eben zu Forderungen und Verbindlichkeiten führen. Bei allen Einnahmen und Ausgaben sind gemäss steuerlichen Anforderungen ausser den entsprechenden Daten in der Regel auch die Namen und Wohnorte der Leistenden und der Empfänger anzugeben, es sei denn, dass diese Angaben zu den Empfängern wie im Detailhandel üblich unbekannt sind, weshalb es Ausnahmen geben kann. Bei der Erfassung der Ausgaben ist weiterhin auch zu vermerken, was bezahlt worden ist, so dass z.B. die Art der Ausgabe bzw. die Art der angeschafften Objekte ersichtlich ist.
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Die folgende Abbildung zeigt nochmals, die Gewinnermittlung durch eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung:
Einnahmen-Ausgaben-Rechnung | |
Betriebliche Einnahmen | Wertzuwachs, der dem Unternehmen in Geldmitteln oder an Geldeswert in einer Periode zuzurechnen ist. |
Betriebliche Ausgaben | Wertverzehr, der als Abfluss von Geldmitteln oder als Zahlungsverpflichtung in einer Periode zuzurechnen ist. |
= Gewinn oder Verlust (zugleich Grundlage für die Ermittlung der direkten Steuern) |
Ein Geschäftsjahr hat in der Regel 12 Monate zu umfassen. Ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr ist aus steuerlicher Sicht nur zulässig für Selbständigerwerbende mit kaufmännischer Buchhaltung. In diesem Fall sind die Einkünfte der im Laufe des Kalenderjahres abgeschlossenen Geschäftsjahre zu deklarieren.
Anforderungen und Umsetzung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung
Für die Umsetzung der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung können zwei Methoden unterschieden werden, wie sie auch für die Steuerermittlung zulässig sind.
Ist-Methode
Die Ist-Methode orientiert sich am Zahlungsflussprinzip und darf nur durch diejenigen Unternehmen gemäss Art. 957 Abs. 2 OR zur Anwendung kommen, deren Netto-Erlöse bzw. Finanzerträge CHF 100 000 nicht überschreiten. Die Ist-Methode verlangt, dass betriebliche Einnahmen und Ausgaben erst dann erfasst werden, wenn die zugehörigen Zahlungen tatsächlich erfolgt sind. Dies ist ein zentraler Unterschied zum System der doppelten Buchführung, welches ja nicht lediglich die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung (GoB), sondern weiterhin noch die Grundsätze ordnungsmässiger Rechnungslegung (GoR) zu beachten hat. Zu Letzteren gehört die Anforderung der zeitlichen und inhaltlichen Abgrenzung, weshalb Erträge und Aufwendungen in der Buchungsperiode zu erfassen sind, in der sie wirtschaftlich verursacht wurden.
Bei der Ist-Methode der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung kommt es folglich nur auf den Zeitpunkt des Geldzuflusses an. Folglich sind bei der Ist-Methode betriebliche Einnahmen im Zeitpunkt des Zahlungseingangs der Rechnung gutzuschreiben, während die Ausgaben analog hierzu erst im Zeitpunkt der Zahlung zu belasten sind.
Bei der einfachen Buchhaltung werden die einzelnen Beträge des Buchungszeitraums gemäss den Grundsätzen ordnungsmässiger Buchführung systematisch erfasst. Für die praktische Umsetzung gilt deshalb die Mindestanforderung einer chronologisch (zeitlich) geordneten Erfassung aller Geschäftsvorfälle in einem Journal bzw. Grundbuch, wobei es allerdings keine Gegenbuchung und kein Gegenkonto gibt. Eine Abgrenzung der erfassten Einnahmen und Ausgaben zum Bilanzstichtag ist zwar möglich, aber gemäss Art. 958b Abs. 2 OR nicht erforderlich.
Grundlage für die Umsetzung der Ist-Methode sind deshalb die Nebenbücher im Bereich der flüssigen Mittel wie das Kassenbuch und/oder das Bankbuch, anhand derer die Ein- und Auszahlungen eindeutig erkennbar sind. Folglich entsteht eine doppelte Erfassung nur dann, falls durch einen Geschäftsfall zwei Zahlungskonten angesprochen werden.
Das unten stehende Beispiel zeigt den Auszug aus einem Kassenbuch, in dem die Geschäftsfälle chronologisch geordnet und ihrer Art nach so beschrieben sind, dass sie auch durch Dritte nachvollziehbar und unter Berücksichtigung zugehöriger Belege nachprüfbar sind:
Kassenbuch
Datum | Betrag | Beleg-Nr. | Beschreibung |
01.01.2xx1 | 1000 | 1 | Anfangsbestand |
17.01.2xx1 | -250 | 2 | Barkauf Büromaterial |
29.01.2xx1 | 100 | 3 | Barverkauf Produktgruppe 1 |
Saldo 31.01.2xx1 | 850 |
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Es sei hier noch darauf hingewiesen, dass ein Abschluss nach der Ist-Methode auch steuerlich anerkannt ist.
Soll-Methode
Im Gegensatz zur Ist-Methode orientiert sich die Soll-Methode am Prinzip der wirtschaftlichen Verursachung bzw. der wirtschaftlichen Zugehörigkeit der Einnahmen und Ausgaben zu einer Periode gemäss 958b Abs. 2 OR. Sie bedingt folglich Positionen wie Kreditoren, Rückstellungen oder passive Rechnungsabgrenzungsposten, welche durch die Abgrenzung von Einnahmen und Ausgaben im Rahmen der Soll-Methode notwendig werden.
Mindestens alle ausstehenden Fakturen sind bei der Soll-Methode vollständig zu erfassen, weshalb die Einnahmen nicht lediglich die tatsächlichen Zahlungseingänge, sondern zusätzlich die Debitorenveränderungen in der Rechnungsperiode umfassen. Weiterhin sind Vermögens- und Schuldkonten erforderlich; das Hauptbuch wird in Form von Debitoren und Kreditoren geführt.
Gemäss Art. 958b Abs. 2 OR gilt, dass Unternehmen die Pflicht zur zeitlichen Abgrenzung ihrer Einnahmen und Ausgaben haben, sofern die Nettoerlöse aus Lieferungen und Leistungen oder die Finanzerträge CHF 100 000 überschreiten.
Umsetzungsbeispiel für eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung
Das nachfolgende Beispiel zeigt die Struktur einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach der Ist-Methode:
Datum | Beleg | Beschreibung | Einnahmen | Ausgaben | Konto | Kategorie/Text |
04.01.2xx1 | 1 | Bank in Kasse | 250.– |
| 1000 | Kontokorrent |
07.01.2xx1 | 2 | Barverkauf | 180.– |
| 3000 | Bruttoertrag |
13.01.2xx1 | 3 | Rechnungsausgleich durch Fa. Müller | 1640.– |
|
| Ausgangsrechnung. No. #0001 |
14.01.2xx1 | 4 | Zahlungsausgang für Wareneinkauf bei Fa. Meier |
| 1175.– | 2000 | Warenaufwand |
20.01.2xx1 | 5 | Benzin für Transporter |
| 100.– | 6010 | Fahrzeugkosten |
23.01.2xx1 | 6 | Auszahlung Reisespesen |
| 250.– | 6150 | Reisespesen |
01.02.2xx1 | 7 | Telefonrechnung Januar |
| 183.– | 6300 | Kommunikation |
Vermögensaufstellung
Gemäss Art. 957 Abs. 2 müssen diejenigen Unternehmen, die eine Einnahmen- und Ausgaben-Rechnung erstellen zusätzlich über die Vermögenslage des Unternehmens Buch führen.