Bilanzierung eigener Aktien: Im OR Rechnungslegungsrecht
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Das aktualisierte Rechnungslegungsrecht übernahm die in der internationalen Rechnungslegung gebräuchliche Darstellung. Nach Art. 959a Abs. 2 Ziff. 3 Bst. e OR sind eigene Aktien als Minusposten im Eigenkapital zu zeigen.
Diese Änderung hatte unter anderem die folgenden Auswirkungen:
- Der früher angewandte bilanzielle Ausweis eigener Beteiligungsrechte als separates Aktivum ist laut aktuellem Rechnungslegungsrecht nicht mehr zulässig.
- Die Bildung und der Ausweis einer gesonderten Reserve für eigene Aktien (Art. 659a Abs. 2 OR) erübrigt sich, sofern die Gesellschaft selbst eigene Kapitalanteile erwirbt.
- Hält ein Unternehmen eigene Kapitalanteile hingegen indirekt über Tochterunternehmen im Konzern, obliegt die Reservenbildung weiterhin der Schweizer Muttergesellschaft (Art. 659b Abs. 3 OR). Somit ist bei der Muttergesellschaft, deren Anteile von Tochtergesellschaften gehalten werden, weiterhin eine Reserve für eigene Aktien auszuscheiden, damit die vom Gesetz bezweckte Ausschüttungssperre erreicht wird. Diese Reserve wird, wie bis anhin, mittels einer entsprechenden Gegenbuchung in den freiwilligen Gewinnreserven bzw. im frei verwendbaren Eigenkapital gebildet.
- Das revidierte Obligationenrecht äussert sich nicht zur Frage, ob Gewinne oder Verluste aus der Wiederveräusserung oder aus Kursschwankungen der eigenen Aktien im Eigenkapital oder in der Erfolgsrechnung zu verbuchen sind. Diese Frage wurde in den entsprechenden Fachgremien kontrovers diskutiert, u.a. bei der Aktualisierung des Bandes 1 des Schweizer Handbuchs der Wirtschaftsprüfung (HWP). Dem Vernehmen nach favorisierte eine Mehrheit der Experten die Anwendung der IFRS-Grundsätze. Laut deren Regeln (IAS 32.33) ist die Verbuchung direkt im Eigenkapital die einzig zulässige Methode, was dazu führt, dass keine Gewinne oder Verluste aus eigenen Beteiligungsrechten der Erfolgsrechnung gutgeschrieben bzw. belastet werden dürfen. Das HWP erlaubt laut Ziffer IV.2.30.3 jedoch die Erfassung von Gewinnen und Verlusten sowohl der Erfolgsrechnung als auch direkt im Eigenkapital.
Steuerliche Auswirkungen
Die Steuerneutralität war eine der wesentlichen Rahmenbedingungen des neuen Rechnungslegungsrechts. Sowohl Bundesrat als auch Parlament haben mehrmals bekräftigt, dass das neue Rechnungslegungsrecht nicht zu zusätzlichen steuerlichen Lasten führen soll. Die angestrebte Steuerneutralität wird auch in der am 12. Februar 2013 publizierten Analyse des Vorstandes der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) zum neuen Rechnungslegungsrecht bestätigt. Die vertiefte Auseinandersetzung mit dem neuen Recht zeigt aber auf, dass in einzelnen Bereichen Fragen offen sind und dass insbesondere ein Konkurrenzverhältnis mit dem Massgeblichkeitsprinzip nicht von der Hand zu weisen ist:
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- Der Ausweis eigener Aktien als Minusposten im Eigenkapital führt zu einer Reduktion handelsrechtlicher Reserven und könnte - zumindest bilanziell – als Teilliquidation aufgefasst werden. Die Vernichtung offener Reserven führt grundsätzlich, mit Ausnahme der in Art. 5 VStG abschliessend aufgeführten Tatbestände, zu Verrechnungssteuerfolgen. Laut Praxismeinung wird jedoch davon ausgegangen, dass sich aufgrund der geforderten Steuerneutralität für Rückkäufe innerhalb der Grenzen von Art. 4a VStG nichts ändert.
- Laut Wortlaut von Art. 959a Abs. 2 Ziff. 3 Bst. e OR qualifiziert der Minusposten eigener Aktien als separate Kategorie innerhalb des Eigenkapitals. Er ist mithin weder Teil der gesetzlichen Kapitalreserven noch der gesetzlichen oder freien Gewinnreserven. Laut Kreisschreiben 29b der ESTV vom 23. Dezember 2019 kann der nach Art. 959a Abs. 2 Ziff. 3 Bst. e OR notwendige Ausweis der eigenen Kapitalanteile als Minusposten unter den gesetzlichen Kapitalreserven erfolgen, wobei nur der Ausweis unter den gesetzlichen Kapitalreserven bewirkt, dass bei einer Vernichtung der Anteile oder bei einem Fristenablauf gemäss Artikel 4a Verrechnungssteuergesetz (VStG) sich weder Einkommens- noch Verrechnungssteuerfolgen ergeben. Zurückgekaufte eigene Kapitalanteile, die innerhalb der Fristen gemäss Artikel 4a VStG weiterveräussert werden, verändern den Minusposten für eigene Kapitalanteile, nicht aber den Bestand der KER bzw. Ausland-KER. Werden eigene Kapitalanteile nicht innerhalb der Frist nach Artikel 4a VStG weiterveräussert, erfolgt die Besteuerung aufgrund des Ausweises der eigenen Kapitalanteile als Minusposten im Zeitpunkt des Erwerbs unter den Gewinn- oder den Kapitalreserven.
- Der Ausweis eigener Aktien als Minusposten im Eigenkapital führt laut Bundesgerichtsurteil vom 14. November 2019 (2C_119/2018) zu einer tieferen Steuerbasis für die Berechnung der geschuldeten Kapitalsteuer. Die Steuerbehörden hatten dies während mehreren Jahren vehement verneint und den Minusposten für eigene Kapitalanteile regelmässig beim steuerbaren Kapital aufgerechnet. Das Bundesgericht hat diese Auffassung aber nicht gestützt.
- Wie obenstehend erwähnt, können Kursgewinne und -verluste bei Wiederveräusserungen entweder direkt im Eigenkapital, aber auch weiterhin in der Erfolgsrechnung verbucht werden. Aus steuerlicher Sicht muss bei einer Verbuchung im Eigenkapital eine Korrektur vorgenommen werden. Die SSK bestätigt diese Auffassung in ihrer Analyse mit der Aussage: «Allfällige Kursgewinne sind im Zeitpunkt der handelsrechtlichen Verbuchung steuerbar». Bis anhin musste das Bundesgericht noch nicht klären, ob die steuerliche Korrektur von im Eigenkapital verbuchten Gewinnen und Verlusten rechtens ist. Zur gewinnsteuerlichen Behandlung des Erwerbs und von realisierten und unrealisierten Wertveränderungen lassen sich aus dem oben zitierten Bundesgerichtsurteil keine Erkenntnisse ableiten, da diese Frage nicht Gegenstand des Verfahrens war.
- Nachteilig kann sich der neue Ausweis allerdings bei der Berechnung des verdeckten Eigenkapitals auswirken, da sich das Eigenkapital, abhängig vom Erwerbspreis der eigenen Aktien, unter Umständen empfindlich reduziert. Nicht-abzugsfähiger Zinsaufwand und eine Korrektur beim steuerbaren Kapital wären die unschönen Auswirkungen.
Fazit: Bilanzierung eigener Aktien
Die Steuerpraxis sowie das Bundesgericht haben während den letzten Jahren diverse steuerliche Fragen im Zusammenhang mit der Bilanzierung eigener Kapitalanteile geklärt. Dabei konnten zahlreiche offene Fragen glücklicherweise geklärt und die ursprünglich bestehende Rechtsunsicherheit verringert werden.