Vorsteuerabzugsrecht: Möglichkeiten im Bereich der MWST

Im Rahmen der steuerbaren Quote können Vorsteuern geltend gemacht werden. Um die steuerbare Quote zu erhöhen, kann für ausgenommene Leistungen optiert werden. Dieser Beitrag zeigt die Möglichkeiten mit einem Fokus auf Immobilien.

26.08.2024 Von: Stefan Züst
Vorsteuerabzugsrecht

Allgemeines zum Vorsteuerabzug und zur Option 

Mit der Mehrwertsteuer als allgemeine Verbrauchssteuer soll der nichtunternehmerische Endverbrauch von steuerbaren Leistungen im Inland besteuert werden. Die Steuer wird bei Unternehmen erhoben, welche ihre Leistungen mit Mehrwertsteuer abrechnen und die dafür aufgewendeten Vorsteuern im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit geltend machen können. Gemäss Art. 21 Abs. 2 MWSTG sind verschiedene Leistungen in 30 Ziffern von der MWST ausgenommen, beispielsweise im Bereich der Gesundheit, Kultur, Bildung oder bei der Vermietung von Liegenschaften. Die auf diese Leistungen entfallende Vorsteuer kann nicht geltend gemacht werden. Der Unternehmer hat die bei ihm angefallene Vorsteuer daher auf steuerbare und ausgenommene Leistungen aufzuteilen und den Vorsteuerabzug anteilmässig zu korrigieren. Für die Berechnung der Vorsteuerkorrekturen gibt es verschiedene Varianten, wobei auch eigene Berechnungen angestellt werden können, die jedoch zu einem sachgerechten Ergebnis führen müssen. 

Gemäss Art. 22 MWSTG hat die steuerpflichtige Person die Option, ausgenommene Leistungen durch offenen Ausweis der Steuer oder in der periodischen MWST-Abrechnung zu versteuern und damit das Vorsteuerabzugsrecht auf den mit diesen Leistungen verbundenen Vorsteuern zu erhalten. Die Option ist ausgeschlossen für ausgenommene Leistungen im Versicherungsbereich sowie für Umsätze im Bereich des Geld- und Kapitalmarktverkehrs sowie für Umsätze bei Geldspielen, die der Spielbankenabgabe unterliegen. Zudem ist eine Option im Bereich von Liegenschaften ausgeschlossen, falls diese ausschliesslich Wohnzwecken dienen oder dienen sollen. Die Option ist nur möglich, wenn nach der effektiven Methode abgerechnet wird. Werden steuerausgenommene Leistungen mit Leistungsort im Ausland ausgeführt, und wäre eine Option für diese Leistungen im Inland möglich, gelten diese Leistungen als optiert – es besteht also anteiliges Vorsteuerabzugsrecht.

Korrekte Ausübung der Option 

Am einfachsten kann eine Option gültig ausgeübt werden, wenn dies durch offenen Ausweis der Steuer in der Rechnung oder im zugrundliegenden Vertrag oder Dokument erfolgt. Hierzu sind sowohl der entsprechende Mehrwertsteuersatz als auch der entsprechende -betrag im Dokument zu nennen. In diesem Fall wissen Leistungsempfänger und Leistungserbringer, dass optiert wurde, und der Leistungsempfänger kann die ihm in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer als Vorsteuer im Rahmen seiner eigenen steuerbaren Quote geltend machen. Diese Variante empfiehlt sich auch zu Dokumentationszwecken. Es kann bei jeder Rechnung entschieden werden, ob für die jeweilige Leistung optiert werden soll oder nicht. 

Seit dem 1. Januar 2018 hat der steuerpflichtige Leistungserbringer zudem die Möglichkeit, die Option auch durch Deklaration in der periodischen MWST-Abrechnung zu erklären und somit die darauf angefallene Vorsteuer geltend zu machen. Da der Leistungsempfänger in diesem Fall jedoch keine Rechnung mit entsprechendem Steuerausweis erhält, wurde diesem auch keine MWST offen ausgewiesen, weshalb der Leistungsempfänger keine entsprechende Vorsteuer geltend machen kann. 

An dieser Stelle soll klar erwähnt werden, dass sowohl die Wahl als auch der Verzicht auf die Option nicht rückwirkend möglich sind. Somit hat sich die steuerpflichtige Person bis spätestens zum Eintritt der Finalisierungsfrist, also bis 240 Tage nach Ende der Steuerperiode, zu entscheiden, ob eine Option geltend gemacht werden soll oder nicht. Dies gilt sowohl für die Option in der Abrechnung als auch für die Option durch offenen Ausweis der Steuer im Dokument, wobei in diesem Fall bei Verzicht auf die Option die entsprechende Rechnung innerhalb der Finalisierungsfrist mittels empfangsbedürftiger Mitteilung zu korrigieren ist. 

Plant die steuerpflichtige Person, für eine Leistung zu optieren, bevor erste Umsätze anfallen, empfiehlt es sich, die Option schriftlich gegenüber der Steuerverwaltung zu erklären und den Sachverhalt detailliert darzulegen. Dies, damit das Vorsteuerabzugsrecht bereits im Laufe der Investitionsphase möglich ist, beispielsweise bei Immobilienprojekten. 

Häufig ist eine Option im Bildungs-, Kultur- oder Immobilienbereich anzutreffen, da dort die Leistungsempfänger die aufgrund der Option verrechnete MWST oft selbst als Vorsteuer wieder geltend machen können. Für den Leistungserbringer selbst kann die Option jedoch für jede optierbare Leistung unabhängig von der Abzugsmöglichkeit beim Leistungsempfänger Sinn ergeben.

Möglichkeiten der Vorsteuerkorrektur 

Wie erwähnt, führt das Anbieten von steuerbaren und von der Steuer ausgenommenen Leistungen infolge gemischter Verwendung zu einer Korrektur der abziehbaren Vorsteuern. Kann oder will die steuerpflichtige Person nicht auf sämtlichen ausgenommenen Leistungen optieren, ist der Anteil der steuerbaren Quote zu ermitteln. Nachfolgend soll konzise auf die Möglichkeiten der Vorsteuerkorrektur eingegangen werden. 

Grundsätzlich ist nach der Drei-Topf- Methode vorzugehen. 

  1. Können Vorsteuern direkt einer steuerbaren oder optierten Leistung zugerechnet werden, besteht darauf das volle Vorsteuerabzugsrecht. 
  2. Sind Vorsteuern direkt einer ausgenommenen und nicht optierten Leistung zuzurechnen, besteht darauf gar kein Vorsteuerabzugsrecht. 
  3. Da die restlichen Vorsteuern nicht klar einem der beiden bisherigen Töpfe zugeordnet werden können, sind diese nach einem plausiblen Schlüssel aufzuteilen. Als mögliche Bezugsgrössen bieten sich Umsatz, geleistete Arbeitsstunden, benutzte Flächen, Bruttogewinnmargen einzelner Bereichen oder Kostenstellen an. Da auch hier die freie Beweiswürdigung gilt, kann die steuerpflichtige Person auch eigene Berechnungen anstellen. Wie erwähnt, muss die gewählte Methode jedoch zu einem sachgerechten Ergebnis führen, betriebswirtschaftlich nachvollziehbar sein und die Erhebungswirtschaftlichkeit berücksichtigen. 

Wird neu für einzelne Leistungen optiert oder eine bestehende Option aufgegeben, ist immer auch zu prüfen, ob für Vorsteuern auf Investitionen in der Vergangenheit infolge Nutzungsänderung eine Einlageentsteuerung möglich oder die Abrechnung von Eigenverbrauch nötig ist. Hierbei wäre die angefallene Vorsteuer für jedes vollständig abgelaufene Kalenderjahr pro Jahr für bewegliche Gegenstände um 20% und für unbewegliche Gegenstände um 5% zu korrigieren. 

Die Option und die Wahl der Berechnungsmethoden der Vorsteuerkorrektur sowie auch mögliche Einlageentsteuerungen bieten einigen Handlungsspielraum, die vorhandenen Möglichkeiten sind jedoch im Einzelfall zu prüfen. 

Option im Bereich der Immobilien 

Werden Immobilien nicht ausschliesslich für Wohnzwecke erstellt, verkauft oder vermietet, ist eine Option möglich und meist auch sinnvoll. Als Wohnzwecke gelten die Verwendung als Wohnsitz oder zum Wochenaufenthalt. Bei gemischten Bauten ist eine teilweise Option für die nur gewerblich genutzten Teile möglich. 

Aufgrund der rechtzeitig erklärten Option können die (anteiligen) Vorsteuern bereits während der Planungsoder Bauphase in Abzug gebracht werden. Als Verteilschlüssel für die nicht direkt zuordenbare Vorsteuer bieten sich Flächen, Kubaturen oder Mieterträge an. Wird nach Umsätzen abgerechnet, teilen Nebenkosten oder andere mit dem gleichen Mietvertrag gemietete Flächen oder Räume das mehrwertsteuerliche Schicksal der Hauptleistung. Bei Option von gemischt genutzten Bauwerken kann die Vorsteuer während der Erstellungsphase anteilig im Rahmen der geplanten gewerblichen Nutzung in Abzug gebracht werden. Weicht die spätere tatsächliche steuerbare Nutzung nach Fertigstellung der Immobilie von der geplanten Nutzung ab, ist die Vorsteuer entsprechend zu korrigieren, jedoch ohne Verzugszinsfolgen. 

Ändert sich die Art der Vermietung zu einem späteren Zeitpunkt, da beispielsweise eine Wohnung neu als Gewerbelokal vermietet wird, und wird für die Gewerbeeinheit neu optiert, ist infolge Nutzungsänderung eine Einlageentsteuerung gemäss Art. 32 MWSTG möglich, womit die Vorsteuer auf die anteiligen Investitionskosten nachträglich geltend gemacht werden kann. Es ist jedoch für jedes abgelaufene Jahr eine Abschreibung von 5% auf den angefallenen Vorsteuern vorzunehmen. Wird andererseits eine bisher optierte Einheit neu für Wohnzwecke genutzt, ist entsprechend Eigenverbrauch abzurechnen. 

Bei einem Verkauf einer Immobilie gibt es drei Möglichkeiten. (1) Die Immobilie kann von der MWST ausgenommen oder (2) mittels Option und somit mit MWST verkauft werden. (3) Unter bestimmten Bedingungen kann oder muss die Immobilie im Meldeverfahren übertragen werden. Erfolgt der Verkauf als steuerausgenommene Immobilienlieferung, ist ein allfälliger Eigenverbrauch abzurechnen, falls während der Bau- oder Nutzungsphase Vorsteuern geltend gemacht wurden. Soll die Immobilie optiert verkauft werden, fällt auf dem Verkauf MWST an, wobei eine Einlageentsteuerung möglich ist und gewählt werden kann, ob die Option auf das gesamte Gebäude oder nur auf Teile davon angewandt werden soll. Die Option ist auch möglich, wenn die Immobilie bisher nicht für steuerbare Zwecke verwendet wurde. 

Wird das Grundstück im Meldeverfahren übertragen, ist die MWST nicht zu entrichten und kann mittels Meldung durch Formular 764 erfolgen. Der Erwerber hat den Nachweis der vorherigen Nutzung der übernommenen Immobilie zu erbringen. Andernfalls geht die Steuerverwaltung davon aus, dass der Veräusserer das zu veräussernde Grundstück vollumfänglich für Tätigkeiten verwendet hat, die zum Vorsteuerabzug berechtigten. 

Um den Nachweis der vorherigen Verwendung oder der während der Lebensphase der Immobilie angefallenen Vorsteuern zu erbringen, benötigt der (neue) Eigentümer sämtliche Belege vorsteuerbelasteter Investitionen in die Immobilie während der letzten 25 Jahre. Diese Dokumente sind nicht immer einfach erhältlich. Ohne vollständige Dokumente soll der Käufer prüfen, ob er auf einer Abrechnung der MWST bestehen soll.

Fazit und Handlungsempfehlung 

Die steuerpflichtige Person kann die im Rahmen ihrer steuerbaren Quote angefallene Vorsteuer geltend machen. Bei gemischter Verwendung ist die Vorsteuerkorrektur mittels sachgerechter, betriebswirtschaftlich nachvollziehbarer Berechnungen zu ermitteln. Die Wahl der Berechnungsmethode und die allfällige Verwendung eigener Berechnungen können einen materiellen finanziellen Effekt haben. 

Durch eine Option ausgenommener Leistungen kann die steuerbare Quote und damit das Vorsteuerabzugsrecht erhöht werden. Die Option kann durch offenen Ausweis oder in der periodischen MWST-Abrechnung erfolgen, wobei Korrekturen nur im Rahmen der Finalisierungsfrist innert 240 Tagen nach Abschluss der Steuerperiode möglich sind. 

Eine Option kann insbesondere im Bereich von Immobilien und Leistungen im Bereich der Bildung und der Kultur sinnvoll sein. Die Möglichkeit der Option einzelner Leistungen bietet bei korrekter Umsetzung und Dokumentation erheblichen Handlungsspielraum – eine detaillierte proaktive Einzelfallprüfung mit einem Experten scheint uns jedoch unerlässlich.

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