Vorsteuervergütungsantrag: Veranschaulichung am Beispiel Deutschland

Das Vorsteuervergütungsverfahren erlaubt es Unternehmern ausserhalb ihres Ansässigkeitsstaats unter bestimmten Voraussetzungen eine Erstattung in Rechnung gestellter Mehrwertsteuerbeträge zu beantragen. Dieses Verfahren kommt nur zum Tragen, wenn im betreffenden Land keine Mehrwertsteuerregistrierung erforderlich ist.

01.03.2024 Von: Michel Hürlimann, Alexander Neukomm
Vorsteuervergütungsantrag

Ausgangslage

Ausländische Unternehmer, die in Deutschland für ihr Unternehmen Lieferungen oder Leistungen beziehen, können die ihnen in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer unter bestimmten Voraussetzungen im so genannten Vorsteuervergütungsverfahren zurückerhalten. Eine Vorsteuervergütung in Deutschland ist generell für Unternehmen, die innerhalb und ausserhalb der EU ansässig sind, möglich. Unternehmer, die im Drittland ansässig sind (z.B. Schweiz) sind jedoch nur zu einer Einreichung eines Vorsteuervergütungsantrags befugt, wenn mit diesem Drittstaat Gegenseitigkeit besteht. Diese Gegenseitigkeit zwischen Deutschland und der Schweiz ist gegeben. Zudem darf das betroffene Unternehmen keine Umsätze in Deutschland erwirtschaften, mit Ausnahme von:

  • Lieferungen und Leistungen, für die der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer zahlen muss;
  • Umsätzen, die der Beförderungseinzelbesteuerung unterliegen;
  • innergemeinschaftlichen Erwerben in Deutschland und daran anschliessende Lieferungen im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäftes;
  • Leistungen, die unter die Regelung «VAT on eServices/ECOM» fallen;
  • Leistungen, die unter die Regelung für Fernverkäufe (Import-One-Stop-Shop) fallen.

Der Antrag auf Vorsteuervergütung muss jeweils elektronisch über das BZStOnline-Portal (BOP) des Bundeszentralamtes für Steuern (BZSt) eingereicht werden. Um das BOP nutzen zu können, bedarf es einer einmaligen Registrierung beim BZSt für die Nutzung des BOP. Die nachfolgenden Links dienen der Anmeldung zum BZSt Online-Portal sowie der Datenübermittlung zur Vorsteuervergütung:

Bei der Einreichung des Vorsteuervergütungsantrags ist darauf zu achten, dass alle Vorsteuerbeträge einzeln aufgeführt werden, d.h. jede Rechnung und jedes Einfuhrdokument muss übermittelt werden. Rechnungen und Einfuhrbelege müssen vollständig und im Original, aus denen die beantragten Vergütungsbeträge hervorgehen, eingereicht werden. Die Belege sind dabei fortlaufend zu nummerieren. Des Weiteren wird eine behördliche Bescheinigung des Ansässigkeitsstaates benötigt, die bestätigt, dass das Unternehmen tatsächlich in der Schweiz unter einer Steuernummer registriert ist (sogenannte Unternehmerbescheinigung). Die Unternehmerbescheinigung muss den beantragten Vergütungszeitraum abdecken und die folgenden Angaben enthalten:

  • Name des Antragstellers
  • vollständige Anschrift des Antragstellers
  • Art der Tätigkeit des Antragstellers
  • Steuernummer des Antragstellers (hat der Antragsteller keine Steuernummer, muss die ausländische Behörde den Grund dafür in der Bescheinigung angeben)
  • Datum, Stempel und Unterschrift der ausstellenden Behörde

Die Unternehmerbescheinigung ist ab dem Ausstellungsdatum für ein Jahr gültig. Diese Frist gilt es einzuhalten, denn ansonsten können Anträge abgelehnt werden. Die einmalige Registrierung sowie alle Nachweise zum entsprechenden Vorsteuervergütungsantrag müssen per Post an folgende Adresse zugestellt werden:

Bundeszentralamt für Steuern
Dienstsitz Schwedt
Passower Chaussee 3b
16303 Schwedt/Oder
Deutschland

Der Vorsteuervergütungsantrag an sich kann, wie bereits erwähnt, nach erfolgreicher Registrierung des Unternehmens für das BZSt Online-Portal über den oben aufgeführten Link elektronisch ausgefüllt werden.

Vergütungen müssen innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Umsatzsteuer entstanden ist, beantragt werden. Das heisst, dass sowohl der elektronisch übermittelte Antrag als auch die mit Briefpost übermittelten Original-Belege innerhalb dieser Frist beim BZSt eingegangen sein müssen. Die Frist wird nicht verlängert und zu spät eingereichte Anträge werden abgelehnt.

Der Vergütungszeitraum muss dabei mindestens drei aufeinanderfolgende Kalendermonate in einem Kalenderjahr umfassen und darf höchstens ein Kalenderjahr betragen. Falls es sich um den restlichen Zeitraum des Kalenderjahres handelt, ist auch ein Vergütungszeitraum von weniger als drei Monaten zulässig. Die Zeiträume von Anträgen dürfen sich jedoch nicht überschneiden. Die beantragte Vergütung muss sich auf mindestens 1000 Euro belaufen. Falls es sich um den letzten Zeitraum des Kalenderjahres handelt, muss die beantragte Vergütung mindestens 500 Euro betragen.

Beispiel: Werklieferung eines Schweizer Unternehmers in Deutschland

Das Schweizer Unternehmen A erbringt eine werkvertragliche Lieferung an einen deutschen Kunden. Für diese Ausgangsleistung, welche der deutschen Mehrwertsteuer unterliegt, wird die deutsche Mehrwertsteuer vom deutschen Kunden geschuldet (Reverse Charge). Eine Mehrwertsteuerregistrierung von A in Deutschland ist nicht erforderlich, da die Steuerschuld auf den deutschen Kunden übergegangen ist. Für die Erbringung der werkvertraglichen Lieferung werden einzelne Komponenten von deutschen Lieferanten zugekauft, für welche deutsche Mehrwertsteuer von 19 % ordnungsgemäss an A fakturiert werden. Zusätzlich werden für weitere Leistungen, wie z.B. Hotelunterkünfte oder Taxifahrten, deutsche Mehrwertsteuerbeträge ordnungsgemäss A in Rechnung gestellt. Das Schweizer Unternehmen A ist zur Einreichung eines Vorsteuervergütungsantrags grundsätzlich berechtigt, wenn die folgenden allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die zugekauften Leistungen dienen dem Zweck des eigenen Unternehmens.
  • Es wurden im Vergütungszeitraum keine eigenen steuerpflichtigen Umsätze erbracht und keine innergemeinschaftlichen Erwerbe getätigt.
  • Im Vergütungszeitraum wurden nur Umsätze erbracht, für die der Leistungsempfänger die deutsche Mehrwertsteuer schuldet.
  • Auch ist eine Vergütung in weiteren Einzelfällen möglich, wie z.B. im Fall bestimmter steuerbefreiter Beförderungsleistungen, innergemeinschaftlicher Dreiecksgeschäfte, elektronischer Dienstleistungen.

Da A die Leistungen im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit zugekauft hat und die deutsche Mehrwertsteuerschuld für die werkvertragliche Lieferung auf den deutschen Kunden übergegangen ist, sind die Voraussetzungen für die Anwendung des Vergütungsverfahrens erfüllt. Für A sind die folgenden praktischen Hinweise von Bedeutung.

Fazit

Vorsteuervergütungsanträge sind eine geeignete Möglichkeit für Unternehmer ausserhalb ihres Ansässigkeitsstaats unter bestimmten Voraussetzungen eine Erstattung in Rechnung gestellter Mehrwertsteuerbeträge zu beantragen. Es gilt jedoch die vom betroffenen Land definierten Voraussetzungen einer Rückerstattung einzuhalten. Dies erfordert nicht nur Know-how zu steuerlichen Umfeld eines betroffenen Landes, sondern auch eine saubere Archivierung entsprechender Nachweise. Zuletzt ist darauf zu achten, dass Vorsteuervergütungsanträge in korrekter Form und fristgerecht eingereicht werden, da Anträge andernfalls abgelehnt werden können.

Newsletter W+ abonnieren