Lieferung oder Dienstleistung: Diese Unterscheidung gilt bei der MWST
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Bedeutung des Urteils
Es zeigt auch die finanziell unangenehmen Folgen für I als mehrwertsteuerpflichtiges Unternehmen auf, nämlich den Verlust des Vorsteuerabzugsrechts, wenn «die zur Dienstleistung umqualifizierte Lieferung» nach Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 MWSTG von der MWST ausgenommen ist und deshalb die MWST-Option nach Art. 22 MWSTG nicht möglich ist.
Beurteilte Rechtsfragen
Erhält der jeweilige in- oder ausländische Kunde von I auf der Grundlage des mit ihm abgeschlossenen Kauf und Dienstleistungsvertrags die wirtschaftliche Verfügungsmacht über im Ausland aufgeforstete und gefällte Bäume übertragen? Falls ja, tätigt I einen Warenhandel durch zwei Lieferungen, nämlich den Kauf und den Weiterverkauf von Bäumen im Ausland. Die MWST-Pflicht in der Schweiz besteht zu Recht und auch der von I vorgenommene Vorsteuerabzug.
Laut Gericht trifft dies vorliegend aber gerade nicht zu. Vielmehr erbrachte I dem jeweiligen Kunden eine Dienstleistung, welche ihm das Recht einräumt, sich an der Wertentwicklung der «gekauften» Bäume zu beteiligen. Es erachtet deshalb dieses Wertrecht als von der MWST ausgenommen (vgl. Art. 21 Abs. 2 Bst. e MWSTG), und zwar ohne Möglichkeit der freiwilligen Versteuerung (MWST-Option nach Art. 22 MWSTG). Entsprechend handelte die ESTV nach dem Urteil auch zu Recht, als sie die gesamte geltend gemachte Vorsteuer im Betrag von über CHF 600 000.– als Folge der Löschung im Register der MWST-pflichtigen Unternehmen zurückforderte. Dies auch mit Hinweis auf BGE 2C_1002/2017, E. 7, welcher die freiwillige MWST-Pflicht allein gestützt auf ausschliesslich von der MWST ausgenommene Umsätze nicht zulässt.
Beurteilter Sachverhalt (vgl. E. 3)
I bezweckt gemäss Handelsregistereintrag den Kauf und Verkauf – also den Handel – sowie den nachhaltigen Aufbau und die Nutzung von land- und forstwirtschaftlichen Plantagen. Laut ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen tätigt sie hauptsächlich den Einkauf und Weiterverkauf von Teakbäumen und anderen tropischen Bäumen im Ausland. Hierzu schliesst sie Verträge über den Verkauf von Teakbäumen oder anderen exotischen Baumarten mit ihren Kunden
in der Schweiz oder im Ausland ab (sog. Kauf- und Dienstleistungsvertrag). Der gekaufte Baumbestand wird darin genau beschrieben, wie auch der Zeitpunkt der Pflanzung und der Ernte (10, 15 oder 20 Jahre nach der Pflanzung). Hierzu und zur Bewirtschaftung wird grundsätzlich I beauftragt, welche hierzu Rücklagen vom Kaufpreis der erhaltenen Investition der Käuferschaft macht. I allein bestimmt das Vorgehen bei der Bewirtschaftung der Bäume, so den genauen Zeitpunkt der Ausforstung und der Schlussernte sowie die Anzahl der zu schlagenden Bäume einer Ausforstungsphase. I wiederum beauftragt zur Bewirtschaftung der Bäume Drittunternehmen, welche gegenüber den Kunden nie in Erscheinung treten. I bezahlt die Drittunternehmen aus den Rücklagen der Kundengelder. In den Verträgen zwischen I und den Drittunternehmen wird die Eigenbewirtschaftung durch die Käufer nicht beschrieben, obwohl diese im Kauf- und Dienstleistungsvertrag «theoretisch» mit I diese Wahlmöglichkeit hätten, wie auch für die vorzeitige Ernte resp. den Vertragsrücktritt und die damit verbundene vorzeitige Ernte.
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