Bezugsteuer: Worauf müssen Sie achten?

Dass auf dem erzielten Umsatz Mehrwertsteuer (MWST) zu entrichten ist, dürfte jedem Unternehmer bekannt sein, deshalb wird die MWST oft auch Umsatzsteuer genannt. Nicht so bekannt ist hingegen, dass auch auf bestimmten Aufwendungen MWST – die sogenannte Bezugsteuer – abgerechnet werden muss. Im Folgenden möchten wir Ihnen daher einen Überblick über die Thematik der Bezugsteuer geben.

22.10.2024 Von: Urs Fischer
Bezugsteuer

Was ist die Bezugsteuer, und in welchen Fällen kommt sie vor? 

Wenn Sie Leistungen von einem ausländischen Unternehmen beziehen, die als in der Schweiz umsatzsteuerpflichtig gelten, das ausländische Unternehmen die Umsatzsteuer jedoch nicht selber abrechnen muss und auch nicht freiwillig abrechnet, und diese auch nicht durch den Zoll erhoben werden kann, dann müssen Sie als Empfänger die MWST auf dem Bezug dieser Leistungen abrechnen. Diese Steuer wird Bezugsteuer genannt. So weit die etwas schwer verständliche allgemeine Regel. Konkret betrifft das folgende Situation. 

Bezug von gewissen Dienstleistungen aus dem Ausland 

Die MWST-Regeln, sowohl der Schweiz als auch anderer Länder, definieren für jede Leistung einen Ort, an dem sie stattgefunden hat. Diese Regeln weichen teilweise stark vom gesunden Menschenverstand ab. Für viele Dienstleistungen, so z. B. Beratungsdienstleistungen, Treuhänder, Anwälte, Marketing, Werbung, Telekommunikation oder Informatikdienstleistungen, gilt das Empfängerortsprinzip. Das heisst, diese Dienstleistungen gelten als dort erbracht, wo der Empfänger seinen Sitz hat. 

In einer perfekten Welt würde der ausländische Lieferant selber die schweizerische MWST abrechnen. Da dies nicht praktikabel ist und ausländische Unternehmen aus der Schweiz auch kaum fassbar wären, geht die Steuerpflicht auf den Empfänger über, und dieser rechnet auf die gekauften Leistungen Bezugsteuer ab. 

BEISPIEL 
Ein schweizerisches Unternehmen lässt sich in einem Rechtsstreit vor einem deutschen Gericht von einem deutschen Anwalt vertreten. Der Anwalt kommt nie in die Schweiz und erledigt die ganze Arbeit aus Deutschland. 
• Es gilt das Empfängerortsprinzip, Ort der Leistung ist die Schweiz. 
• Auf dieser Leistung ist keine deutsche MWST, sondern schweizerische MWST geschuldet. Diese rechnet nicht der deutsche Anwalt ab, sondern der schweizerische Empfänger als Bezugsteuer.

Nicht alle Dienstleistungen sind dem Empfängerortsprinzip unterstellt: Gastgewerbliche Leistungen und Personenbeförderungen sowie gewisse unmittelbar gegenüber einer Person erbrachte Leistungen (z. B. Kinderbetreuung) finden entweder am Sitz des Lieferanten oder am Ort der tatsächlichen Leistungserbringung statt, Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück (z. B. Liegenschaftsverwaltung) dort, wo das Grundstück liegt. Daneben existieren noch ein paar weitere solche Spezialregeln. Wenn der Ort der Leistung im Ausland liegt, erhebt der ausländische Staat vom Leistungserbringer seine Umsatzsteuer, und Sie müssen in der Schweiz keine Bezugsteuer abrechnen.

BEISPIEL 
Der Mitarbeiter eines schweizerischen Unternehmens hat einen Geschäftstermin in London und übernachtet dort in einem Hotel. Die Rechnung wird auf die Firma ausgestellt. 
• Für Gastgewerbeleistungen gilt das Empfängerortsprinzip nicht. Ort der Leistung ist Grossbritannien. 
• Auf dieser Leistung ist britische MWST geschuldet. Diese findet sich direkt auf der Hotelrechnung. Das schweizerische Unternehmen muss keine Bezugsteuer abrechnen. 

Seit 2018 müssen sich ausländische Leistungserbringer in bestimmten Fällen für die Schweizer MWST registrieren – in diesen Situationen entfällt die Bezugsteuer. 

Da aber die Regeln für den Ort der Leistung ebenso wie die Frage, ob Lieferung oder Dienstleistung (siehe Beispiel oben) zwischen der Schweiz und anderen Ländern abweichen können, ist diese Regel nicht absolut. In vielen Fällen führt sie zum richtigen Ergebnis, ob Bezugsteuer abgerechnet werden muss, aber schliesslich muss die Situation nach den schweizerischen Regeln beurteilt werden.

Was kostet mich die Bezugsteuer? 

Oft ist die Bezugsteuer ein Nullsummenspiel und kostet Sie gar nichts, da die abgeführte Bezugsteuer auf derselben Abrechnung zum Vorsteuerabzug in gleicher Höhe berechtigt. 

Dies gilt jedenfalls für MWST-pflichtige Unternehmen, die nach der effektiven Methode abrechnen und nur MWST-pflichtige Leistungen erbringen. Auch wenn der Staat hier nicht zu kurz kommen kann, empfiehlt es sich dennoch, die Bezugsteuer immer korrekt abzurechnen. Das erspart Ihnen Diskussionen bei einer MWST-Kontrolle. 

Falls Sie nach Saldosteuersatz abrechnen, ist die Bezugsteuer kein Nullsummenspiel, da Sie keine effektiven Vorsteuern geltend machen, sondern diese im tieferen Saldosteuersatz pauschal abgegolten sind. Die Bezugsteuer wird übrigens auch hier mit 8,1% und nicht zum Saldosteuersatz deklariert und stellt Sie im Prinzip gleich, wie wenn Sie dieselbe Leistung bei einem schweizerischen Unternehmen mit 8,1% MWST kaufen würden. Falls Sie hohe Bezugsteuern oder generell hohe Vorsteuern haben, lohnt sich vielleicht die Umstellung auf effektive Abrechnung. 

Falls Sie auch MWST-ausgenommene Leistungen erbringen und deshalb nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, dann gilt das auch für die Rückforderung der abgerechneten Bezugsteuer. Diese ist somit auch hier kein Nullsummenspiel mehr.

Wie muss ich die Bezugsteuer abrechnen? 

Bei MWST-pflichtigen Unternehmen wird auch die Bezugsteuer auf dem regulären quartalsweisen oder halbjährlichen Abrechnungsformular deklariert, und zwar in Feld 381. Der zu deklarierende Betrag entspricht dem in Rechnung gestellten Entgelt des ausländischen Lieferanten ohne MWST und wo nötig in CHF umgerechnet. 8,1% dieses Betrags sind die abzuführende Bezugsteuer. Im Rahmen Ihrer Berechtigung zum Vorsteuerabzug (siehe oben) kann der Bezugsteuerbetrag in derselben Abrechnung gleich wieder als Vorsteuer zurückgefordert werden. 

Und wenn ich nicht MWST-pflichtig bin? 

Falls nicht steuerpflichtige Unternehmen oder auch Privatpersonen der Bezugsteuer unterworfene Leistungen von mehr als CHF 10 000.– pro Jahr aus dem Ausland beziehen, muss darauf Bezugsteuer abgerechnet werden. Eine Möglichkeit zum Vorsteuerabzug gibt es mangels Steuerpflicht nicht. Unter Umständen ergibt in solchen Konstellationen aber eine freiwillige MWSTRegistrierung Sinn und würde den Vorsteuerabzug ermöglichen.

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