Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes: Die wesentlichen Anpassungen
Passende Arbeitshilfen
Plattformbesteuerung
In Grossbritannien und der EU gibt es diese Besteuerung bereits. Nun wird die Plattformbesteuerung ab dem 1. Januar 2025 auch in der Schweiz eingeführt.
Bereits seit der letzten MWST-Revision (Inkrafttreten 2019) werden Versandhandelsunternehmen, die Waren in die Schweiz liefern, mehrwertsteuerpflichtig, wenn sie mit Kleinsendungen (MWST-Betrag unter CHF 5.–) mindestens CHF 100 000.– Umsatz erzielen. Es hat sich gezeigt, dass die Wirkung dieser Massnahme begrenzt ist. Unter anderem liegt es auch daran, dass viele kleinere Unternehmen, welche im Versandhandel tätig sind, die relevante Umsatzlimite nicht erreichen.
Neu müssen die Versandhandelsplattformen sämtliche Lieferungen von Waren deklarieren und versteuern, die über ihre Plattform abgewickelt werden und in die Schweiz gelangen. Zur Durchsetzung der neuen Regeln kann die ESTV administrative Massnahmen verfügen, wenn sich Versandhandelsplattformen oder -unternehmen zu Unrecht nicht registriert haben oder sie ihren Abrechnungs- und Zahlungspflichten nicht nachkommen. Beispielsweise kann die ESTV ein Einfuhrverbot für Lieferungen des betreffenden Unternehmens und als letzte Massnahme die Vernichtung der Gegenstände verfügen. Zudem ist die ESTV zum Schutz der Kundinnen und Kunden berechtigt, die Namen der Unternehmen zu veröffentlichen, gegen die solche Massnahmen zur Anwendung kommen.
Darüber hinaus wird eine Informationspflicht für alle Internetplattformen eingeführt. Die ESTV kann diese künftig auch auffordern, ihr mitzuteilen, wer über die Plattform Leistungen in einem Umfang anbietet, der die Steuerpflicht bei der Mehrwertsteuer auslösen könnte. Dabei geht es vor allem um Dienstleistungen im Bereich der Beförderung (Taxifahrten, Kurierfahrten) und der Beherbergung (Vermietung von Unterkünften), für welche die Plattformen nicht als Leistungserbringerinnen gelten.
Vereinfachung der Schweizer MWST
Heute kann die MWST vierteljährlich, halbjährlich oder monatlich abgerechnet werden. Neu können KMU freiwillig zusätzlich die Mehrwertsteuer jährlich abrechnen und dadurch den Abrechnungsprozess effizienter gestalten. Die jährliche Abrechnung ist verbunden mit der Verpflichtung zur Zahlung von Raten. Die Raten werden von der ESTV festgesetzt, in der Regel anhand der Steuerforderung der letzten Steuerperiode.
Bezeichnet ein Gemeinwesen von ihm ausgerichtete Mittel gegenüber den Empfangenden ausdrücklich als Subvention oder anderen öffentlich-rechtlichen Beitrag, so gelten diese Mittel als Subvention oder anderer öffentlich-rechtlicher Beitrag.
Die Mehrwertsteuer wird teils reduziert oder aufgehoben.
Neu von der MWST ausgenommen sind
- die durch Reisebüros weiterverkauften Reiseleistungen und ihre damit zusammenhängenden Dienstleistungen (ausländische Reisebüros werden somit nicht in der Schweiz steuerpflichtig, wenn sie Reisen in die Schweiz organisieren)
- die aktive Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen
- die Leistungen der koordinierten Versorgung bei Heilbehandlungen
- das Zurverfügungstellen von Infrastruktur an Belegärzte in Ambulatorien und Tageskliniken
- die Betreuungs- und hauswirtschaftlichen Leistungen der privaten Spitex
- das Zurverfügungstellen von Personal durch alle nicht gewinnorientierten Organisationen
- das Anbieten von Anlagegruppen von Anlagestiftungen nach BVG und das Verwalten von Anlagegruppen
Verbesserung der Betrugsbekämpfung
Als Massnahme gegen Serienkonkurse ermächtigt das teilrevidierte MWSTG die ESTV, von Mitgliedern der geschäftsführenden Organe von juristischen Personen Sicherheiten zu verlangen, wenn sie dem geschäftsführenden Organ von mindestens zwei weiteren juristischen Personen angehörten, die innert kurzer Zeit in Konkurs gefallen sind.
Auch die Übertragung von Emissionsrechten ist im Bereich der MWST betrugsanfällig. Daher unterliegt die Übertragung von Emissionsrechten, Zertifikaten und Bescheinigungen für Emissionsverminderungen, Herkunftsnachweise für Elektrizität und ähnliche Rechte neu der Bezugsteuer, und zwar auch dann, wenn der Bezug von einem Unternehmen mit Sitz im Inland erfolgt.
Es gilt auch zu beachten, dass ab dem 1. Januar 2025 Streamingleistungen im Bereich der Kultur, der Künste, des Sports, des Unterrichts, der Wissenschaft und der Unterhaltung neu als am Ort des Empfängers erbracht gelten. Dies führt dazu, dass die Anbieter der Streamingleistungen sich in der Schweiz zu registrieren haben – ähnlich wie bei den elektronischen Dienstleistungen bei Überschreitung der weltweiten Umsatzlimite von CHF 100 000.–. Hier folgt das Schweizer MWSTG denjenigen der EU-Länder als auch demjenigen von Grossbritannien.