SSS-Methode: Praktische Tipps zur Saldosteuersatzmethode
Passende Arbeitshilfen
Ein freiwilliger Wechsel von oder aus dieser Methode (auch mit «SSS» abgekürzt) ist jeweils zum Jahresende hin möglich. Dies muss der ESTV innert 60 Tagen mitgeteilt werden, also aktuell bis Ende Februar 2024 (vgl. dazu Art. 81 Abs. 1 MWSTV sowie MWST-Info 12, Saldosteuersätze, Ziffer 3.2.2). Ein solcher Wechsel muss der ESTV schriftlich mitgeteilt werden. Ein spezielles Formular dazu existiert nicht.
Wann ist die Anwendung der Saldosteuersatzmethode empfehlenswert?
Diese Methode sollte insbesondere geprüft und wenn möglich angewendet werden, wenn zumindest eine der folgenden Sachverhalte vorliegt:
- falls einfache Verhältnisse vorliegen (bei dieser Methode sind keine Vorsteuerbelege nötig)
- bei überdurchschnittlicher Marge
- für Branchen mit vorteilhaftem Saldosteuersatz
- sofern keine oder geringe Investitionen geplant sind
- bei kleineren Verhältnissen: Diese Abrechnungsmethode ist nur erlaubt bis zu einem Umsatz von CHF 5 005 000.– pro Jahr sowie bis zu einer Steuerzahllast von CHF 103 000.– pro Jahr.
HINWEIS: Im Zuge der Erhöhung der MWSTSätze per 1. Januar 2024 werden sowohl die Saldosteuersätze als auch die vorerwähnten Limiten angepasst. Neu werden ab dann folgende Limiten gelten: Umsatz von CHF 5 024 000.– pro Jahr sowie Steuerzahllast von CHF 108 000.– pro Jahr.
Wann sollte von der Saldosteuersatzmethode abgesehen werden?
Diese Methode sollte insbesondere kaum angewendet werden, wenn zumindest einer der folgenden Sachverhalte vorliegt:
- falls grössere Investitionen geplant sind
- falls viele Exporte (Zusatzaufwand Formulare oder Kosten) erfolgen oder Dienstleistungen an Ausländer erbracht werden (keine Möglichkeit, Vorsteuern geltend zu machen)
- bei unterdurchschnittlicher Marge
- wenn viele und unterschiedliche Tätigkeiten vorliegen, die aus praktischen Gründen nicht sinnvoll den Tätigkeitskategorien SSS zugeordnet werden können (da ist auch der Steuerpflichtige gefordert, der die Umsätze entsprechend detailliert zuordnen und korrekt verbuchen müsste)
- wenn man für ausgenommene Umsätze optieren will (Ausnahmen Urproduktion sowie Gemeinwesen)
- falls die oben erwähnten Punkte bei der Empfehlung für die Anwendung dieser Methode eben gerade nicht erfüllt sind
Wo lauern Gefahren bei der Saldosteuersatzmethode?
Die SSS-Methode scheint einfach und ungefährlich. Dies ist jedoch leider nicht immer so. Falls ein Treuhänder oder Berater «weit vom Kunden weg ist» und dessen Aktivitäten nicht oder zu wenig kennt, beispielsweise gerade auch Änderungen bei Aktivitäten nicht mitbekommt, dann kann es leicht vorkommen, dass die Notwendigkeit eines zusätzlichen oder anderen Saldosteuersatzes nicht erkannt wird. Dies birgt die Gefahr von Kosten, unschönen Diskussionen etc. Gerade in einfachen und kleineren Verhältnissen sollte ja der Treuhänder auch nicht zu viel kosten, also möglichst wenig Zeit für den Steuerpflichtigen aufwenden. So besteht die Gefahr, dass der Treuhänder nötige Informationen nicht erfragen kann oder soll.
Der Autor hatte kürzlich Fälle gesehen, wo beispielsweise ein Steuerpflichtiger Handel betrieb, aber später mehr und mehr die verkauften Produkte selber herstellte. Dieser langsame Wechsel der Aktivität war aus den Erfolgsrechnungen, die der Steuerpflichtige selbst erstellte, für den Treuhänder über die Jahre kaum erkennbar. Dass solche Informationen jedoch für den Treuhänder wichtig wären, um die korrekte Anwendung der Saldosteuersatzmethode zu gewährleisten, dessen ist sich ein Steuerpflichtiger oftmals zu wenig bewusst. Eine weitere Praxiserfahrung des Autors war ein Architekt, der plötzlich die Möglichkeit erhielt, ein Projekt als Generalunternehmer (GU) umzusetzen. Das Projekt bot jedoch nur eine schlechte Marge. Nur durch Zufall erfuhr der verantwortliche Treuhänder rechtzeitig davon und konnte noch den Ausstieg aus der Saldosteuersatzmethode veranlassen. Ansonsten hätte die SSS-Methode einige Tausend Franken gekostet.
HINWEIS: Zu beachten ist, dass nebst steuerbaren Lieferungen und Dienstleistungen auch Verkäufe von Betriebsmitteln, Aktiven etc. zu versteuern sind.
Passende Produkt-Empfehlungen
Bei Leistungen an eng verbundene Personen ist das bezahlte Entgelt, mindestens aber der Wert, der unter unabhängigen Dritten vereinbart würde, zu versteuern. Bei Leistungen an das Personal sind nur entgeltliche Leistungen bzw. das bezahlte Entgelt zu versteuern. Leistungen, die im Lohnausweis zu deklarieren sind, gelten dazu als entgeltlich erbracht.
Weiter weist der Autor darauf hin, dass Bezugssteuern in jedem Fall bei Abrechnung mittels dieser Methode in Ziffer 382 der MWST-Abrechnung zu deklarieren sind. «Normalerweise», also bei der effektiven Abrechnungsmethode und bei vollem Vorsteuerabzug, wird der Deklaration der Bezugsteuer in der Praxis oftmals wenig Beachtung geschenkt, was auch nicht zu Steuerausfällen oder Problemen führt.
HINWEIS: Bei Abrechnung mit der SSS-Methode muss Bezugsteuer jedoch vollständig deklariert werden. Der Vorsteuerabzug ist aber wiederum durch den SSS pauschal abgegolten. Dies führt somit zu zusätzlichen Kosten für den Steuerpflichtigen.
Ein Beispiel zur Wahl des korrekten SSS und zu Tücken dabei
Für Schreinerarbeiten gilt aktuell noch der SSS von 3,5%. Dies gilt aber nur unter der Bedingung, dass im Preis für die Leistung auch Material enthalten ist. Führt der Schreiner nämlich Akkord- oder Lohnarbeiten aus, oder bearbeitet/ montiert er Material des Auftraggebers, so kommt dafür der SSS aktuell 6,5% (Stichwort: «Akkordunternehmen/Anschläger im Baugewerbe ») zur Anwendung. Dieser ist viel höher als die erwarteten 3,5%. Für Arbeiten als Antikschreinerei und/oder Modellschreinerei gilt wiederum ein anderer SSS von aktuell 5,1%.
Somit muss der Schreiner alle seine Leistungen/ Rechnungen dem korrekten SSS zuweisen. Dies ist nun nicht mehr einfach umsetzbar. Wer beachtet dies in der Praxis wirklich?
Eine weitere Warnung: Fahrzeugreparatur im Ausland
Dieser Fall wurde dem Autor von einem Bekannten aus der ESTV geschildert, er stammt aus dem Revisionsalltag der ESTV.
Die ESTV hat einen Steuerpflichtigen revidiert, der nach der SSS-Methode abrechnet. Dabei ist der Revisor auf den Fall gestossen, dass der Steuerpflichtige bei einem Geschäftsfahrzeug Service und Reparatur im grenznahen Ausland durchführen liess. In Anbetracht der Kostenunterschiede ist ein solches Vorgehen nachvollziehbar.
Die Grenzübertritte mit dem Auto erfolgen in der Praxis allermeistens formlos, also ohne Anmeldung bei den Schweizer oder deutschen Zollbehörden (Schweiz: BAZG bzw. Bundesamt für Zoll und Grenzschutz; ehemalige EZV). Dies wäre insofern noch unproblematisch, da Einfuhrumsatzsteuern, Zölle, Automobilabgaben etc. auf dem Auto auch nicht geschuldet sind. Jedoch ist die Einfuhrumsatzsteuer (aktuell 7,7%) auf Service und Reparatur (inkl. Ersatzteilen) bei Rückkehr in die Schweiz geschuldet. Dies wird erfahrungsgemäss in der Praxis oft nicht gemeldet und bleibt somit unentdeckt und unbezahlt. Derjenige, der mit dem Auto über die Grenze fährt, müsste dies den Beamten beim Grenzübertritt oder unmittelbar danach anzeigen. Auch im vorliegenden Fall erfolgte dies nicht.
Die Gefahr bzw. Konsequenz daraus ist nun wie folgt:
- geschäftlich, bei vollem Vorsteuerabzug: Die Situation ist «unschön», aber es entsteht kein Ausfall für den Staat. Somit sollten in der Praxis Konsequenzen unterbleiben.
- geschäftlich, bei nicht vollem Vorsteuerabzug, was gerade auch bei Steuerpflichtigen, die mit der SSS-Methode abrechnen, gilt: Hier entsteht ein Ausfall für den Staat. Demzufolge werden die Behörden (ESTV, BAZG etc.) aktiv, wenn sie auf einen solchen Sachverhalt stossen.
- Die gleiche Situation ergibt sich übrigens auch, wenn der Autohalter eine Privatperson ist, das Auto also privat (statt geschäftlich) gehalten wird.
Die ESTV hat anlässlich einer MWST-Revision eine solche Reparatur bei einem Steuerpflichtigen, der mit der SSS-Methode abrechnet, entdeckt. Dass die ESTV eine entsprechende Aufrechnung vornimmt, ist das eine. Jedoch machte die ESTV im vorliegenden Fall zusätzlich noch eine Amtshilfe-Meldung an das BAZG, wobei die relevanten Daten und Unterlagen weitergeleitet wurden. Aktuell in diesem Fall offen ist nun die Frage, ob BAZG nebst Erhebung der Einfuhrumsatzsteuern und ggf. Verzugszinsen auch noch ein Verfahren gegen den Steuerpflichtigen eröffnen wird. Für diesen ist die Situation jedenfalls ungemütlich.