Rechnungsvoraussetzungen: In der Schweiz und in der EU

Wer sich mit der Mehrwertsteuer auseinandersetzen möchte oder muss, kommt nicht umhin, sich mit dem Thema der mehrwertsteuerlich korrekten Rechnungsstellung zu befassen (dies umso mehr, wenn das eher formalistische Recht der EU-Mitgliedstaaten betroffen ist). Dieser Artikel soll in knapper Form die wesentlichen Aspekte der Rechnungsstellung aus Sicht des Schweizer Rechts einerseits und andererseits die Grundsätze der EU-weiten Vorschriftendarstellen.

01.03.2024 Von: Christoph Drexl, Fiona-Jean Stabinger
Rechnungsvoraussetzungen

Die formal korrekte Rechnung

Rechnungen kommen im Geschäftsverkehr eine hohe Bedeutung zu. Befreiungen können an eine formal korrekte Rechnung geknüpft sein und der Vorsteuerabzug versagt werden, wenn die Rechnung nicht den entsprechenden Vorgaben entspricht. Während in der Schweiz eine steuerpflichtige Person nur auf Verlangen des Leistungsempfängers eine Rechnung auszustellen hat, gelten in der EU wesentlich strengere Vorgaben. Zudem gilt in der Schweiz der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Das Vorliegen einer formell korrekten Rechnung ist keine zwingende Voraussetzung, damit dem Leistungsempfänger der Vorsteuerabzug aus dem Bezug der jeweiligen Leistung gewährt werden kann. Gleichwohl ist auch in der Schweiz die formal korrekte Rechnung die für alle Beteiligten einfachste Form, die mehrwertsteuerrelevanten Tatsachen eines Leistungsaustausches zu dokumentieren. Daher sollen hier zunächst die Schweizer Grundlagen dargestellt werden, um anschliessend auf die EU-Vorschriften einzugehen.

Form und Inhalt der Rechnung im Schweizer Mehrwertsteuerrecht

Gestützt auf Art. 26 MWSTG sollte eine Rechnung in der Regel die nachfolgenden Elemente enthalten:

  1. den Namen und Ort des Leistungserbringers oder der Leistungserbringerin, wie er oder sie im Geschäftsverkehr auftritt, den Hinweis, dass er oder sie im Register der steuerpflichtigen Personen eingetragen ist, sowie die Nummer, unter der er oder sie eingetragen ist;

  2. den Namen und Adresse des Leistungsempfängers oder der Leistungsempfängerin, wie er oder sie im Geschäftsverkehr auftritt;

  3. Datum oder Zeitraum der Leistungserbringung, soweit diese nicht mit dem Rechnungsdatum übereinstimmen;

  4. Art, Gegenstand und Umfang der Leistung;

  5. das Entgelt für die Leistung;

  6. den anwendbaren Steuersatz (unterschiedliche Steuersätze sind immer separat auszuweisen) und den vom Entgelt geschuldeten Steuerbetrag; schliesst das Entgelt die Steuer ein, so genügt die Angabe des anwendbaren Steuersatzes.

Bei Rechnungen, die von automatisierten Kassen ausgestellt werden (z.B. Parking-Tickets), müssen die Angaben über den Leistungsempfänger/in nicht aufgeführt sein, sofern das ausgewiesene Entgelt den Betrag von CHF 400 nicht übersteigt, diese berechtigen aber nicht zu einer Steuererstattung im Vergütungsverfahren. Das gleiche gilt für Cuopons von Registrierkassen. Bei Gutschriften ist der Gutschriftsempfänger mit allen notwendigen Angaben zu nennen (MWST bzw. UID-Nr.)

Zu beachten ist, dass bei Anwendung des Meldeverfahrens der Hinweis auf die Steuer unzulässig ist, aber der Hinweis auf Meldeverfahren ist gestattet ist.

Gruppeninterne Transaktionen dürfen bei Anwendung der Gruppenbesteuerung keinen Hinweis auf die MWST tragen.

Werden Leistungen erbracht, die unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen, ist für die MWST-Abrechnung eine Steuersatzaufteilung notwendig. Solche Leistungen sind deshalb immer gesondert auszuweisen.

Elektronische Rechnungen (E-Rechnungen, gescannte Papierrechnungen und elektronisch übermittelte PDF z.B per Mail oder Downloads) haben die gleiche Beweiskraft für die Steuererhebung, Steuerbezug und Vorsteuerabzug wie ein Papierdokument. Der Nachweis des Ursprungs (Identität) und der Unverändertheit der Daten (Authentizität) muss erbracht werden, unabhängig davon, ob sie auf Papier oder elektronisch übermittelt werden.

Form und Inhalt der Rechnung im EU Mehrwertsteuerrecht

Die Rechnungsvoraussetzungen in der EU gehen weiter als die der Schweiz. Um weitgehend einheitliche Anforderungen zu schaffen, wurde mittels der MWST-Systemrichtlinie (Richtlinie 2006/112/EG vom 28. November 2006) die Rechnungsstellung in der EU weitgehend harmonisiert. Demnach muss eine Rechnung in der EU grundsätzlich zwingend folgende Angaben enthalten:

  1. das Ausstellungsdatum;

  2. eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer);

  3. die dem Leistungserbringer oder der Leistungserbringerin erteilte Mehrwertsteuer-Identifikationsnummer (MWST-ID);

  4. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Leistungserbringers oder der Leistungserbringerin sowie des Leistungsempfängers oder der Leistungsempfängerin;

  5. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der Dienstleistung;

  6. Datum des Geschäftsabschlusses oder Zahlungsdatum (falls abweichend vom Rechnungsdatum)

  7. den anzuwenden den Steuersatz;

  8. zu entrichtender Mehrwertsteuerbetrag;

  9. Aufschlüsselung des zu entrichtenden Mehrwertsteuerbetrags nach Steuersatz oder -befreiung;

  10. Preis je Einheit der Ware oder Dienstleistung ohne MWST, Preisminderung oder Erstattung (sofern nicht im Preis je Einheit enthalten);

  11. im Fall einer Steuerbefreiung: Verweis auf die betreffenden europäischen oder nationalen Rechtsvorschriften, die die Steuerbefreiung begründen;

  12. wenn der Leistungsempfänger oder die Leistungsempfängerin SteuerschuldnerIn ist: Angabe «RC» (Reverse Charge - Verlagerung der Steuerschuld);

  13. Lieferung von Neufahrzeugen innerhalb der EU: Angaben gemäss Art. 2 Abs. 2 lit. b der MWST-Systemrichtlinie (z.B. bei einem Pkw dessen Alter und Tachometerstand);

  14. Differenzbesteuerung: Verweis auf die betreffenden Sonderregelungen (z.B. «Sonderregelung für Reisebüros»);

  15. Gutschriftsverfahren (Rechnung wird nicht vom Leistungserbringer ausgestellt, sondern vom Leistungsempfänger); Angabe «Gutschrift»

  16. Steuerschuldner ist Steuervertreter: dessen MWST-ID, Name und Anschrift

  17. Leistungserbringer betreibt Kassenbuchführungssystem; Angabe «Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten»

Eine vereinfachte Rechnung, die im Wesentlichen der Kleinbetragsrechnung in der EU entspricht, muss folgende Angaben enthalten:

  1. Ausstellungsdatum

  2. MWST-Identifikationsnummer des Leistungserbringers

  3. Art der gelieferten Ware bzw. erbrachten Dienstleistungen

  4. zu entrichtender Mehrwertsteuerbetrag – oder die zu dessen Berechnung notwendigen Daten

  5. genauer und eindeutiger Verweis auf die ursprüngliche Rechnung und die geänderten Einzelheiten (Gutschrift, Lastschrift oder ein anderes als Rechnung behandeltes Dokument).

Neben den oben aufgeführten Voraussetzungen in der MWST-Systemrichtlinie wurden die spezifischen Rechnungsrichtlinien 2001/115/EC sowie 2010/45/EU erlassen, welche weitergehende Informationen zur Rechnungsstellung enthalten. Demnach können in Sonderfällen weitere spezifische Rechnungsvoraussetzungen gelten (z.B. Differenzbesteuerung, Handel mit Kunst und Antiquitäten etc.).Zudem besteht in der EU, im Gegensatz zur Schweiz, gemäss Art. 220 der MWST-Systemrichtlinie die Pflicht zur Rechnungsstellung. Diese Pflicht kann entfallen, wenn nur von der Mehrwertsteuer ausgenommene Leistungen in Rechnung gestellt werden. Zudem ist zu beachten, dass bei innergemeinschaftlichen Sachverhalten, insbesondere wenn der Leistungsempfänger Steuerschuldner ist, gemäss Art. 222 MWST-Systemrichtlinie die Mitgliedstaaten den Steuerpflichtigen entsprechende Fristen für die Ausstellung der Rechnung setzen können.

Elektronische Rechnungen sind Rechnungen auf Papier gleichwertig. Vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers steht es dem Unternehmen frei, elektronische Rechnungen auszustellen. Zu beachten ist, dass die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen künftig obligatorisch sein wird.

Fazit

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die inhaltlichen Anforderungen an mehrwertsteuerkonforme Rechnungen in der EU an strengere Vorgaben geknüpft sind als in der Schweiz. Die MWST-Systemrichtlinie der EU definiert zwar die generellen Voraussetzungen einer mehrwertsteuerkonformen Rechnung. EU-Richtlinien gelten allerdings nicht unmittelbar und müssen daher von den EU-Mitgliedstaaten erst in nationales Recht umgewandelt werden. Daher sind die lokalen Rechnungsvorschriften gemäss lokaler Gesetzgebung relevant.

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