Parahotellerie: Praxisrelevante MWST-Fragestellungen

Gemäss Art. 25 Abs. 4 Mehrwertsteuergesetz (MWSTG) unterliegen Beherbergungsleistungen einem Sondersatz. Dieser beträgt derzeit 3,8% und gilt sowohl für Beherbergungsleistungen, die von Hotels und Kurorten erbracht werden, als auch für solche in der Parahotellerie. In der Praxis ergeben sich Situationen, in denen beispielsweise eine Immobilie während des Weltwirtschaftsforums in Davos über Plattformen wie Airbnb oder booking.com kurzzeitig vermietet wird und die Mehrwertsteuer korrekt abgerechnet wird. Während des übrigen Jahres wird die Immobilie sporadisch vom Eigentümer selbst genutzt. In solchen Fällen ergeben sich mehrere Fragen im Zusammenhang mit der Mehrwertsteuer.

21.05.2024 Von: Daniel Linggi
Parahotellerie

Definition Parahotellerie und anwendbarer MWST-Satz 

Die Parahotellerie umfasst gemäss der von der ESTV publizierten MBI 08, Ziff. 5, die Vermietung von Ferienhäusern, Ferienwohnungen und Gästezimmern, den Betrieb von Jugendherbergen, das Anbieten von Schlafgelegenheiten in Internaten, Massenlagern und SAC-Hütten sowie das Vermieten von Zelt- und Wohnwagenplätzen inklusive allfälliger benützungsbereit aufgestellter Zelt- und Wohnwagenanlagen. 

Der Unterschied zwischen der Vermietung einer Ferienwohnung als Beherbergungsleistung und der Vermietung einer Wohnung muss grundsätzlich aus Sicht des Mietenden untersucht werden. 

Falls es sich beim Mietenden um einen Gast handelt, welcher keinen zivilrechtlichen Wohnsitz in der gemieteten (Ferien-)Wohnung begründet, dann liegt grundsätzlich eine Beherbergungsleistung vor. Falls die Person in der gemieteten (Ferien-)Wohnung allerdings einen Wohnsitz begründet, liegt eine von der MWST ausgenommene Vermietung vor (gemäss Art. 21 Abs. 2 lit. 21 MWSTG). Sobald also ein Wohnsitz im Sinne von Art. 23 ff. ZGB begründet wird, liegt mehrwertsteuerrechtlich keine Parahotellerie vor. 

Bei der Vermietung von möblierten oder unmöblierten Wohn- und Schlafräumen zur Beherberung von Gästen liegt in der Regel eine Beherbergungsleistung vor, welche der MWST zum Sondersatz unterliegt (ungeachtet der Dauer des Vertrags, sofern keine Wohnsitzbegründung vorliegt). 

Nebenleistungen, die mit der Beherbergung in direktem Zusammenhang stehen, können ebenfalls zum Sondersatz abgerechnet werden (auch wenn sie separat fakturiert werden). Gemäss der MBI 08, Ziff. 6.1.2., sind diese Nebenleistungen namentlich: 

  • Zimmerreinigung 
  • Zurverfügungstellen von Bett- und Frottierwäsche 
  • Radio- und Fernsehbenützung (ohne Pay-TV) 
  • Zugang zum Internet (ohne Benützungsgebühren) 
  • Versorgen von Zelten, Wohnwagen und Motorhomes mit Strom, Kalt- und Warmwasser sowie Entsorgung von Abwasser und Kehricht 
  • Benützung der sanitären Anlagen (ohne Waschmaschine) auf Campingplätzen

Abgrenzung zwischen unternehmerischem und nicht unternehmerischem Bereich bei Ferienwohnungen 

Ferienwohnungen, welche sich im Besitz von juristischen Personen (AG/GmbH) und Personengesellschaften (Kollektiv-/Kommanditgesellschaft) befinden, gelten als Geschäftsvermögen (d.h. unternehmerischer Bereich). 

Hingegen sind Ferienwohnungen, welche eine Einzelunternehmung bzw. ein Einzelunternehmer besitzt, primär dem Privatvermögen (d.h. nicht unternehmerischer Bereich) zuzuordnen. Eine Ferienwohnung eines Einzelunternehmers bzw. einer Einzelunternehmerin wird allerdings dem unternehmerischen Bereich zugeordnet, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist (MBI 17, Ziff. 7.1): 

  • Die Vermietung von Ferienwohnungen stellt einen eigenen Betrieb oder Betriebsteil dar. Dies ist erfüllt, wenn aus solchen Vermietungen jährlich insgesamt Bruttomietzinsen (inkl. Nebenkosten und inkl. MWST) von mehr als CHF 40 000.– erzielt werden. 
  • Die Ferienwohnungen bilden Gegenstand eines gewerbsmässigen Handels mit Liegenschaften. 
  • Die Ferienwohnungen dienen dem Unternehmen als Betriebsreserve. 

Sind Ferienwohnungen dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen, so ist das aus der Vermietung erzielte Entgelt einer im Inland gelegenen Ferienwohnung durch den steuerpflichtigen Eigentümer zum Sondersatz zu versteuern. Für Aufwendungen im Zusammenhang mit Ferienwohnungen, die dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen sind und vorwiegend geschäftlich genutzt werden, besteht der Anspruch auf vollen Vorsteuerabzug. 

Wird hingegen eine dem unternehmerischen Bereich zugeordnete Ferienwohnung vorwiegend für eine nicht unternehmerische Tätigkeit (z.B. für den Privatgebrauch des Einzelunternehmers bzw. der Einzelunternehmerin) verwendet, so ist ein bereits geltend gemachter Vorsteuerabzug zu korrigieren.

Variante 1: Vermieterin ist eine Privatperson, welche eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt (die entsprechende Einzelunternehmung ist mehrwertsteuerpflichtig) 

Werden aus der Vermietung von Ferienwohnungen jährlich Einnahmen von weniger als CHF 40 000.– erzielt, gelten diese Liegenschaften als dem Privatvermögen zugehörig und sind für die Belange der MWST nicht dem unternehmerischen Bereich der Einzelunternehmung zuzuordnen. Falls der Einzelunternehmer seine private Liegenschaft beispielsweise in Davos anlässlich des WEF an Dritte vermietet und dabei weniger als CHF 40 000.– Umsatz generiert, dann muss er auf dem Entgelt keine MWST verrechnen. Im Umkehrschluss ist er nicht dazu berechtigt, Vorsteuern im Zusammenhang mit der Vermietung geltend zu machen. Dem Einzelunternehmer steht es natürlich frei, sich freiwillig für Zwecke der MWST anzumelden und die MWST abzurechnen. 

Falls der Einzelunternehmer seine private Liegenschaft beispielsweise in Davos anlässlich des WEF an Dritte vermietet und dabei mehr als CHF 40 000.– Umsatz generiert, dann wird die Ferienwohnung dem unternehmerischen Bereich zugeordnet, und das Entgelt ist zuzüglich Sondersteuersatz zu vereinnahmen. Im Gegenzug kann auf den Aufwendungen für die Beherbergung (z.B. Strom, Wasser, Heizung, Wäsche, Unterhalt) der volle Vorsteuerabzug vorgenommen werden. Für die Belange der relevanten Umsatzgrenze (CHF 100 000.– für die obligatorische MWST-Pflicht) werden die Umsätze der Einzelunternehmung sowie die Umsätze aus der Vermietung der Ferienwohnung zusammengerechnet, da beide Tätigkeiten dem unternehmerischen Bereich der Einzelunternehmung zuzuordnen sind. Eine Einlageentsteuerung auf den steuerlich relevanten Investitionskosten der Ferienwohnung ist zu prüfen. 

Für eine allfällige private Nutzung hat der Einzelunternehmer einen Mietwert wie für einen unabhängigen Dritten zu berechnen. Die auf diesem Mietwert berechnete MWST ist als Vorsteuerkorrektur zu deklarieren.

Variante 2: Vermieterin ist eine nicht mehrwertsteuerpflichtige Privatperson, welche eine unselbstständige Erwerbstätigkeit ausübt

In dieser Variante wird für die Belange der MWST auf die bekannte Umsatzgrenze von CHF 100 000.– abgestellt (gemäss Art. 10 MWSTG). Falls eine Privatperson eine Ferienwohnung bzw. mehrere Ferienwohnungen beispielsweise anlässlich des WEF in Davos für mehr als CHF 100 000.– vermietet, dann wird die Privatperson obligatorisch MWSTpflichtig und muss sich entsprechend für Zwecke der MWST registrieren. 

Werden weniger als CHF 100 000.– Umsätze aus Vermietung generiert, liegt keine Mehrwertsteuerpflicht vor. Der Privatperson steht es jedoch frei, sich freiwillig für die MWST zu registrieren.

Variante 3: Vermieterin ist eine Aktiengesellschaft, die eine Ferienwohnung in Davos während zweier Wochen vermietet (CHF 150 000.– pro Woche, während WEF). Das restliche Jahr steht die Ferienwohnung leer bzw. wird vom Aktionär sporadisch selbst genutzt 

Die Ferienwohnung ist in dieser Variante dem unternehmerischen Bereich zuzuordnen. Die MWST (Sondersatz) ist auf der zweiwöchigen Vermietung entsprechend abzurechnen. Auf den Aufwendungen im Zusammenhang mit der Vermietung steht der volle Vorsteuerabzug zu. 

Wird die Überlassung der Liegenschaft während der restlichen Wochen sporadisch an den Aktionär (= eng verbundene Person) zu Marktpreisen vermietet, so ist auf dieser Vermietung ebenfalls die MWST zum Sondersatz abzurechnen. Wird die Ferienwohnung dem Aktionär unentgeltlich überlassen oder zu einem Vorzugspreis vermietet, so muss die Aktiengesellschaft hierfür einen Mietwert versteuern, der unter unabhängigen Dritten vereinbart würde. Liegen keine Werte für die Berechnung des Marktmietwerts vor, anerkennt die ESTV als solchen den bei den direkten Bundessteuern gültigen Jahreseigenmietwert mit einem Zuschlag von 25%. Im vorliegenden Sachverhalt kann davon ausgegangen werden, dass die Vermietung während der WEF-Wochen nicht als repräsentativer Marktwert hinzugezogen werden kann. Zudem ist es in Bergregionen branchenüblich, dass saisonale Schwankungen der Marktmieten vorliegen. So sind Mietpreise von Ferienwohnungen während der Nebensaison günstiger verglichen mit den Wintermonaten der Hauptsaison. 

Ein Leerstand während mehrerer Wochen/ Monate pro Jahr sollte in dieser Konstellation zu keiner Korrektur der Vorsteuer führen, da keine Nutzungsänderung vorliegt.

Variante 4: Eine Aktiengesellschaft vermietet eine Ferienwohnung über eine Buchungsplattform (z.B. Airbnb, booking.com etc.) 

Sachverhalt: Für die Endkonsumentin ist die inländische Ferienwohnung in Davos auf der Plattform mit einem Mietpreis von CHF 1000.– pro Nacht ersichtlich. 

Die Endkonsumentin entscheidet sich, die Ferienwohnung in Davos für zehn Nächte zu mieten. Entsprechend bezahlt die Endkonsumentin CHF 10 000.– an den Plattformbetreiber, welcher seinen Sitz im Ausland hat. Der Plattformbetreiber behält eine Provision von 20% ein und überweist der vermietenden Aktiengesellschaft den Restbetrag für die Vermietung von CHF 8000.–. In der Abrechnung des Plattformbetreibers wird der durch die Aktiengesellschaft erwirtschaftete Bruttoumsatz (CHF 10 000.–) ausgewiesen und die Provision von CHF 2000.– der Aktiengesellschaft in Rechnung gestellt. 

Die Vermietung einer Ferienliegenschaft stellt gemäss Mehrwertsteuerrecht eine dem Sondersatz unterliegende Dienstleistung dar. Ort der Dienstleistung ist der Ort der gelegenen Sache in Davos. Gemäss Sachverhalt liegt eine direkte Stellvertretung im Sinne von Art. 20 Abs. 2 MWSTG vor. Die Aktiengesellschaft hat entsprechend das Bruttoentgelt von CHF 10 000.– mit dem Sondersatz abzurechnen. Die MBI 08, Ziff. 7.8, hält diesbezüglich fest, dass Provisionszahlungen, die der Hotelier (bzw. der Ferienwohnungsvermietende) an Reisebüros, Verkehrsvereine usw. für das Zuführen von Kunden ausrichtet, nicht als Entgeltminderungen gelten. Solche (Provisions-)Zahlungen werden als Aufwand verbucht. 

Der Plattformbetreiber leistet ebenfalls eine Dienstleistung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 lit. f MWSTG (Vermittlung im Zusammenhang mit einer Immobilie). Ort der Dienstleistung ist ebenfalls der Ort der gelegenen Sache in Davos. Unabhängig davon, ob sich der Sitz des Plattformbetreibers im In- oder Ausland befindet, wird der Plattformbetreiber durch diese Dienstleistung in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig (davon ausgehend, dass der weltweite Umsatz des Plattformbetreibers pro Jahr mehr als CHF 100 000.– beträgt). Die Vermittlung ist eine dem Normalsatz unterliegende Dienstleistung. Entsprechend muss der Plattformbetreiber seine Provision inklusive der MWST zum Normalsatz der Aktiengesellschaft in Rechnung stellen. Die Aktiengesellschaft kann die ihr in Rechnung gestellte MWST dieser Transaktion vollumfänglich als Vorsteuer in Abzug bringen.

Fazit 

Bei der Vermietung von Ferienliegenschaften gibt es mehrwertsteuerliche Stolpersteine zu beachten. Je nach Sachverhaltskonstellation ergeben sich andere Mehrwertsteuerfolgen, welche es bei der Vermietung zu beachten gilt und die betriebswirtschaftlich einzukalkulieren sind.

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