MWST-Sätze: Erhöhung der Mehrwertsteuer ab 2024
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Hintergrund
Das Parlament hat die AHV Reform (AHV21) am 17. Dezember 2021 angenommen, die zwei wichtige Bestandteile beinhaltet: Zum einen die Erhöhung des Frauenrenteneintrittalters auf 65 und zum anderen die Erhöhung der MWST-Sätze. Teil der Reform sind auch Ausgleichsmassnahmen für die Übergangsgeneration, Flexibilisierung des Renteneintrittsalters und Anreize zur Fortsetzung der Erwerbstätigkeit. Die Massnahmen sind rechtlich miteinander verknüpft und können nur gemeinsam in Kraft treten. Die MWST-Satzerhöhung sind indes ebenfalls erforderlich um das bestehende Defizit in der Vorsorge zu decken.
Zur Erhöhung der MWST-Sätze war eine Änderung der Bundesverfassung bzw. eine eidgenössiche Volksabstimmung erforderlich, die im Herbst 2022 stattgefunden hat.
Anpassung der Steuersätze
Der Normalsatz von derzeit 7.7 % wird auf 8.1 %, der reduzierte Satz um 0.1 % auf 2.6 % und der Beherbergungssatz von 3.7 % auf 3.8 % erhöht werden.
Massnahmen bei den Unternehmen
Die steuerpflichtigen Unternehmen sollten Vorkehrungen treffen für die Steuersatzerhöhungen. Ausgangssteuerseitig sollten z.B. Drucksachen mit bereits vorgedruckten, (alten) Steuersätzen nicht mehr in Umlauf gebracht werden. Von den Mitarbeitern verwendete Rechnungsvorlagen u.ä. Dokumente (aufgeschaltete Intranetvorlagen) sollten angepasst werden. Im ERP-System müssen weitere Steuercodes eingerichtet werden, auf denen die neuen Steuersätze hinterlegt sind. Die bestehenden Steuercodes sollten nicht überschrieben werden, da sie je nachdem noch gebraucht werden (z.B. Rechnungsstellung im Leistungszeitraum vor dem 1.1.2024). Vorsteuerseitig müssen ebenfalls neue Steuercodes angelegt und gleichzeitig die alten beibehalten werden, ansonsten können Rechnungen mit alten MWST-Sätzen (korrekte oder falsche) nicht mehr verbucht werden.
Massgebender Zeitpunkt
Als relevanter Zeitpunkt für den anwendbaren Steuersatz ist nicht etwa das Rechnungsdatum oder das Datum des Zahlungseingangs ausschlaggebend, sondern der Zeitpunkt oder der Zeitraum der Leistungserbringung. Nach dem 1. Januar 2024 könnten also durchaus Rechnungen mit Leistungszeitraum 2023 oder früher mit den alten Steuersätzen in Rechnung gestellt werden. Dasselbe gilt z.B. auch bei der Ausbuchung nicht mehr durchsetzbarer Forderungen für Leistungen vor dem 1. Januar 2024. In diesem Sinne ist keine Frist zu beachten, nach deren Ablauf die alten Steuersätze auf Rechnungen nicht mehr verwendet werden dürfen.
In diesem Zusammenhang sind vor allem Dauerschuldverhältnisse näher zu betrachten. Jene, die wiederkehrende Rechnungsstellungen vor und nach dem 1. Januar 2024 zum Gegenstand haben, sind weniger problematisch. In der Regel dürfte der entsprechende Vertrag keine explizite Regelung zu Steuersatzänderungen in Bezug auf die Mehrwertsteuer enthalten. Gleichwohl qualifiziert die Fakturierung zu den neuen Sätzen obligationenrechtlich als Vertragsänderung, die gegebenenfalls frühzeitig angezeigt werden muss.
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Problematisch korrekt abzurechnen dürften solche Dauerschuldverhältnisse werden, die vor dem 1. Januar 2024 in Rechnung gestellt wurden, deren Leistungserbringung hingegen diesen Zeitpunkt überdauern, z.B. Abonnemente aller Art. Hier stellt sich die Frage, ob allenfalls zwei Fakturen pro rata temporis ausgestellt werden müssten (vgl. Ziff. 2.5 MWST-Info 19 [Steuersatzerhöhungen]). Es dürfte mit einer gewissen Kulanz seitens der ESTV gerechnet werden, zumindest was die Vorsteuerseite betrifft, dass nicht sofort ab dem 1. Januar 2024 der Vorsteuerabzug zum alten Satz von 7.7 % verweigert wird, wenn die Steuer tatsächlich in Rechnung gestellt und auch entrichtet worden ist. Gleichwohl wird es keine formelle Übergangsfrist mehr geben, wie dies bei der Einführung der MWST-Nummer im UID-Format der Fall war. Es ist somit davon auszugehen, dass die Steuerpflichtigen spätestens nach drei Monaten in Erklärungsnot geraten, wenn sie noch mit den alten Steuersätzen fakturieren, sofern dies nicht materiell begründet ist. Ebenfalls Probleme bereiten können nachschüssige, umsatzabhängige Jahresbonifikationen, Retouren oder allgemein die Rückabwicklung von Verträgen und auch Skontoabzüge, die sich auf einen altrechtlichen Sachverhalt beziehen. Für diese Sachverhalte gilt, wenn eine Leistung teilweise vor und teilweise nach der Steuersatzerhöhung erbracht worden ist, sind auf demjenigen Teil, der nach dem 1. Januar 2024 fakturiert wird, die neuen Steuersätze anwendbar wären.
In analoger Anwendung von Ziff. 2.5 MWST-Info 19 (Steuersatzerhöhungen [2018]) wäre eine solche Aufteilung nicht erforderlich, bzw. der gesamte Umsatz wird zum alten Steuersatz abgerechnet, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
- Das Entgelt für die gesamte Leistung wird vollumfänglich bis zum 31. Dezember [2017/2022] in Rechnung gestellt bzw. vereinnahmt.
- Es handelt sich um eine im Voraus bestimmte Anzahl einzelner, nicht periodischer Leistungen und nicht um Leistungen im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen wie Abonnemente für Zeitungen und Zeitschriften, General-, Halbtax-, Strecken- und Ski-Saisonabonnemente oder Service- und Wartungsverträge.
- Der Leistungserbringer weiss zum Zeitpunkt des Verkaufs der Leistung nicht, wann einzelne Bezüge von Leistungen durch den Leistungsempfänger erfolgen.
Wird eine Leistung rückgängig gemacht, kommen die zum Zeitpunkt der Leistungserbringung anwendbaren Steuersätze zur Anwendung (vgl. Ziff. 2.6.3 a.a.O.). Darunter fallen z.B. die Rückerstattung von reinen Steuerbeträgen und Gutschriften, die die Gegenpartei nach dem 1. Januar 2024 wieder so stellen sollen, als wäre kein Vertrag zustande gekommen bzw. eine Rückabwicklung der Leistungen vollzogen werden soll. Der Empfänger der Gutschrift, die mehrwertsteuerlich als Entgeltsminderung qualifiziert, müsste diese in der entsprechenden Abrechnungsperiode von den zu den alten Sätzen deklarierten Umsätzen in Abzug bringen. Rechnet er nach der effektiven Methode ab, müsste er seinen Vorsteuerabzug entsprechend korrigieren (MWSTG 41 II).
Betroffene Bereiche beim Steuerpflichtigen
Je nach Grösse des Steuerpflichtigen können unterschiedlich viele Bereiche bzw. Abteilungen betroffen sein, die mit den Steuersatzsenkungen beschäftigt sind. Bei kleinen und mittleren Betrieben besteht durchaus die Möglichkeit, dass nur eine Person sich um die Steuersatzerhöhungen kümmern muss, während in Grossunternehmen sicherlich das Rechnungswesen, die Steuerabteilung, aber auch die Informatik bzw. die ERP-Systemverantwortlichen betroffen sind. Mit Blick auf die Kommunikation der Steuersatzerhöhungen könnten auch das Marketing und der Kundendienst betroffen sein.