Mehrwertsteuer und Immobilien: Was ist aus MWST-Sicht zu beachten?
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Mehrwertsteuerpflicht bei Immobilien
Mehrwertsteuerpflichtig ist, wer eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne von Art. 10 Abs. 1 MWStG betreibt und nicht nach Abs. 2 dieser Vorschrift von der Steuerpflicht befreit ist (sog. subjektive Steuerpflicht). Von der Steuerpflicht ist befreit, wer im Inland innerhalb eines Jahres weniger als CHF 100 000.– Umsatz aus steuerbaren Leistungen erzielt (Art. 10 Abs. 2 Bst. a MWStG).
Wer der subjektiven Mehrwertsteuerpflicht unterliegt, kann im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit, die in Art. 28 Abs. 1 Bst. a–c MWStG genannten und wirtschaftlich tatsächlich getragenen (Art. 28 Abs. 3 MWStG) Vorsteuern grundsätzlich abziehen. Der Anspruch auf Vorsteuerabzug entfällt insgesamt, soweit die vorsteuerbelastet bezogene Leistung für Leistungen verwendet wird, die von der Steuer ausgenommen sind und für deren Versteuerung nicht optiert wurde (Art. 29 Abs. 1 i.V.m. Art. 22 MWStG).
Die in Art. 21 Abs. 2 Ziff. 21 MWStG genannte Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zum Gebrauch oder zur Nutzung ist, soweit keine der in Bst. a–f dieser Vorschrift genannten Gegenausnahmen vorliegen, von der Steuer ausgenommen. Soweit nicht nach Art. 22 Abs. 1 MWSTG für deren Versteuerung optiert wird, sind entsprechende Leistungen nicht steuerbar (Art. 21 Abs. 1 MWStG) und berechtigen den Steuerpflichtigen auch nicht zum Vorsteuerabzug (Art. 29 Abs. 1 MWStG). Für die Versteuerung kann nicht optiert werden, wenn der Gegenstand vom Empfänger oder von der Empfängerin ausschliesslich für private Zwecke genutzt wird (Art. 22 Abs. 2 Bst. b MWStG).
Eine nützliche Hilfe zu dieser Thematik bieten die Mehrwertsteuer-Branchen-Info 04 Baugewerbe sowie 17 Liegenschaftsverwaltung/Vermietung und Verkauf von Immobilien, zu finden auf der Homepage der Eidgenössischen Steuerverwaltung, Mehrwertsteuer, unter den webbasierten Publikationen.
Dieser Artikel basiert auf den am 21. Mai 2020 bekannten Angaben und Stand der Gesetzgebung.
Rechtzeitige Erkennung der Risiken und Nutzung der Optimierungsmöglichkeiten bei der Mehrwertsteuer
Immer wieder kommt es vor, dass beispielsweise Grundstücke erstellt oder verkauft werden. In einer solchen Situation ist es beim Abschluss eines Vertrags wichtig, die mehrwertsteuerlichen Tücken zu erkennen, richtig zu interpretieren und im Vertrag entsprechend zu berücksichtigen. Nur so können unliebsame Überraschungen vermieden werden. Auf den ersten Blick scheint die Übertragung und Vermietung problemlos zu sein, da aufgrund Art. 21 Abs. 2 Ziff. 20 MWStG diese Transaktionen grundsätzlich von der Mehrwertsteuer ausgenommen sind. Aber gerade darin liegt die Komplexität. Es bestehen nämlich eingeschränkte Optionsmöglichkeiten, was die ganze Thematik schwieriger macht. Auch können die Abgrenzung von (von der Steuer ausgenommenen) Grundstücktransaktionen zu anderen (steuerbaren) Leistungen die ganze Problematik zusätzlich verkomplizieren.
Nachfolgende Fragen sollten in diesem Zusammenhang beantwortet werden können:
- Welche mehrwertsteuerlichen Auswirkungen hat die Erstellung eines Bauwerks?
- Welche mehrwertsteuerlichen Möglichkeiten beim Verkauf oder bei der Vermietung der Liegenschaftsteile sind gegeben, und welche Konsequenzen haben diese?
- Wie sollen die Verkaufs- bzw. die Mietverträge ausgestaltet sein?
- Welche Überlegungen müssen sonst noch angestellt werden?
Option beim Erstellen von Immobilien zwecks Verkaufs oder Vermietung
Erstellt eine bisher nicht steuerpflichtige Person eine Immobilie zwecks Verkaufs oder Vermietung, kann sie sich ins MWST-Register eintragen lassen, wenn sie für den Verkauf oder die Vermietung optieren möchte und sämtliche Bedingungen dazu erfüllt. Die Konsequenz daraus ist die Möglichkeit des sofortigen Vorsteuerabzugs. Falls allerdings nach der Erstellung für den Verkauf oder die Vermietung wider Erwarten nicht optiert wird, müssen die gesamten, während der Bauzeit geltend gemachten Vorsteuern zurückbezahlt werden inkl. Verzugszins.
Überbauung eines Grundstücks zwecks Verkaufs oder Vermietung
Sobald ein Verkäufer nicht nur das Grundstück verkauft, sondern dieses auch überbaut, ergeben sich Abgrenzungsprobleme. Gemäss Mehrwertsteuer- Branchen-Info 04, Ziff. 8.1.1 können sämtliche Veräusserer von neu erstellten oder umgebauten Bauwerken und/oder Objekten, z.B. Bauunternehmer, Investoren, Baugenossenschaften, Pensionskassen, Konsortien, einfache Gesellschaften, Stiftungen, Vereine oder private Immobilieneigentümer mehrwertsteuerpflichtig werden (unabhängig davon, ob sie bei der Erstellung oder beim Umbau Eigenleistungen erbringen oder nicht).
Wird beispielsweise eine grosse Baulandparzelle mit sieben Häusern mit je sechs Stockwerkeinheiten erstellt und diese schlüsselfertig verkauft, ist abzugrenzen, ob ein steuerbarer oder ein von der Steuer ausgenommener Liegenschaftsverkauf vorliegt.
Bei einem Bauprojekt dieser Grössenordnung ergeben sich allerdings keine Zweifel an einer unternehmerischen Tätigkeit. Weiter ist davon auszugehen, dass die Erstellung und der Verkauf dieser sieben Häuser sich über mehrere Jahre hinziehen werden. Auch wird es erhebliche finanzielle Folgen mit sich bringen. Dadurch dürfte der Aspekt der Nachhaltigkeit erfüllt sein.
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Mehrwertsteuerliche Behandlung des Bodens
Ein weiterer wichtiger Punkt, welcher den Bereich der Immobilien bei der Mehrwertsteuer mit einer erhöhten Komplexität verknüpft, ist der Boden. Diesem kommt eine Sonderstellung zu, welche Auswirkungen auf die Steuerbemessung und den Vorsteuerabzug hat. Art. 24 Abs. 6 Bst. c MWStG in Verbindung mit Art. 150 MWStV bestimmt, dass der Anteil des Entgelts, der bei der Veräusserung eines unbeweglichen Gegenstands auf den Wert des Bodens entfällt, nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist.
Deshalb ist es wichtig, beim optierten Verkauf eines Gebäudes den Wert des Bodens im Vertrag immer separat auszuweisen. Sofern es sich um einen steuerpflichtigen Verkäufer handelt, muss der Verkauf des Bodens unter Ziff. 200 und 280 in der Mehrwertsteuerabrechnung deklariert werden.
Kriterium für die Abgrenzung steuerbare oder von der Steuer ausgenommene Immobilienlieferung
Sofern es sich um einen ausgenommenen Grundstückverkauf handelt, löst dieser auch keine Mehrwertsteuer aus. Dadurch kann der Verkäufer aber auch keine Vorsteuer, welche ihm seine Lieferanten auf dem Bau erheben, in Abzug bringen.
Aufgrund der Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung wird die Lieferung von Grundstücken als steuerbar qualifiziert, sofern der Vertrag über die Veräusserung eines neu zu erstellenden oder umzubauenden Immobilienobjekts abgeschlossen wird, bevor die Bauarbeiten am entsprechenden Bauwerk begonnen haben. Sobald also der Abschluss des entsprechenden Kauf- oder Vorvertrags (massgebliches Datum: Beurkundung) nach Art. 216 Abs. 1 und 2 OR und/oder eines Werkvertrags (massgebliches Datum: Vertragsabschluss) nach Art. 363 OR vor Baubeginn stattfindet, liegt eine steuerbare Immobilienlieferung vor. In allen anderen Fällen handelt es sich um eine von der Steuer ausgenommene Immobilienlieferung.
Der Baubeginn wird immer pro Bauwerk (z.B. Mehrfamilienhaus, Einfamilienhaus usw.) festgelegt. Somit gilt der Baubeginn nicht generell für eine (Gesamt-)Überbauung oder einzelne Teiletappen einer Überbauung (Mehrwertsteuer-Branchen-Info 04, Ziff. 8.3.5). Anders sieht es bei gemeinschaftlichen Bauwerken (z.B. Einstellhalle) aus, die zusammen mit mehreren Bauwerken erstellt wird, welche den zu erstellenden Bauwerken gemeinsam dient und mit ihnen durch zu Beginn erstellte direkte Zugänge verbunden ist. Hier gilt aus Praktikabilitätsgründen beziehungsweise als Vereinfachung der Baubeginn des gemeinschaftlichen Bauwerks auch für die mit diesem verbundenen Bauwerke. Trifft dies nicht zu, dann ist auch das gemeinschaftliche Bauwerk als eigenständiges Bauwerk zu betrachten.
Handelt es sich um eine steuerbare Immobilienveräusserung, ist auf dem gesamten Preis des Gebäudes (nicht aber auf dem Landanteil) die Mehrwertsteuer zu erheben und offen auf die Käufer zu überwälzen. Es ist ein Vorteil, wenn in den Kaufverträgen der Anteil des Bodens am Verkaufspreis gesondert ausgewiesen wird.
Buchführung/Dokumentation
Wichtig ist bei solchen Bauten, sich gut zu dokumentieren. In der Buchhaltung sollten die Baukosten aufgeteilt werden in:
- Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Boden
- Aufwendungen für Wohnungen
- nicht zuordenbare Aufwendungen
- Eigenleistungen
- usw.
Die MWST-pflichtige Person hat ihre Geschäftsbücher, Belege, Geschäftspapiere und sonstigen Aufzeichnungen während zehn Jahren ordnungsgemäss im Inland aufzubewahren. Bei Belegen von Liegenschaftsinvestitionen und -aufwendungen ist die Aufbewahrungsfrist 20 Jahre zuzüglich Verjährungsfrist (Art. 70 MWStG; Mehrwertsteuer-Branchen- Info 17, Ziff. 3.2). Verjährungsfrist: grundsätzlich fünf Jahre nach Ablauf der Steuerperiode, absolute Verjährungsfrist zehn Jahre (Art. 42 und Art. 91 MWStG).
Reduktion Aufrechnungsrisiken durch einfache interne Prüfungswerkzeuge
Durch sehr einfache Prüfmechanismen können Fehler rechtzeitig erkannt und korrigiert werden. Nicht umsonst verlangt das Mehrwertsteuergesetz eine Finalisierung der Mehrwertsteuerabrechnungen. Finalisierung heisst Abstimmen der MWST-Abrechnungen mit dem Geschäftsabschluss (Umsatz- und Vorsteuerabstimmung). Werden Mängel aufgrund der Erstellung des Jahresabschlusses festgestellt, so müssen diese spätestens in der Abrechnung über jene Abrechnungsperiode korrigiert werden, in die der 180. Tag seit Ende des betreffenden Geschäftsjahrs fällt. Für die Berichtigung gibt es ein separates Formular.
Information über Praxisänderungen im Auge behalten
Ein interessantes Urteil hat das Bundesgericht (BGE 2C_375/2018) beispielsweise im Zusammenhang mit Innenarchitekturleistungen gefällt. Nicht ganz einig waren sich in diesem Fall die Parteien hinsichtlich des Orts der Leistungserbringung. Grundsätzlich fallen Innenarchitekturleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück unter Art. 8 Abs. 2 lit. f MWStG. Dadurch könnte der Eindruck erweckt werden, dass Innenarchitekturleistungen im Zusammenhang mit im Ausland gelegenen Grundstücken als erbrachte Auslandsdienstleistung betrachtet werden, die nicht der Mehrwertsteuer unterstellt sind. Das ist aber nur dann der Fall, wenn nachfolgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (BGE 2C-375/2018, 5.2):
- Das Grundstück stellt ein zentrales und unverzichtbares Element der Leistungserbringung dar, und
- die Verbindung zwischen dem Grundstück und der Dienstleistung muss charakteristisch sein.
Dadurch dürfte bei Systemhäusern die Besteuerungsregel nach dem ausländischen Ort des gelegenen Grundstücks nur in Ausnahmefällen zur Anwendung gelangen.
Auch hier wird verdeutlicht, dass Mehrwertsteuer und Immobilien nicht immer ganz einfach zu handhaben sind.
Fazit
Immobilien sind und bleiben ein schwieriges Thema bei der Mehrwertsteuer, und es geht auch um grössere Beträge, weshalb auch die nötige Sorgfalt geboten ist. Auch ist es empfehlenswert bei grösseren Bauvorhaben, bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung vorgängig eine schriftliche Anfrage mit den dazugehörigen sachdienlichen Unterlagen einzureichen.