Falscher MWST-Ausweis: Umgang mit Eingangsrechnungen

Seit dem 1. Januar 2024 gelten die neuen MWST-Sätze. Die Steuerpflichtigen sind dafür verantwortlich, die korrekten Sätze anzuwenden. Doch was gilt es nach einer Steuersatzerhöhung in Bezug auf Eingangsrechnungen mit falschem MWST-Ausweis für die Steuerpflichtigen zu berücksichtigen?

17.09.2024 Von: Alain Villard
Falscher MWST-Ausweis

Einleitung

Der Normalsatz wurde per 1. Januar 2024 von bisher 7,7% auf 8,1% angehoben. Der reduzierte Satz stieg von 2,5% auf 2,6% und der Sondersatz für Beherbergungsleistungen erhöhte sich von 3,7% auf 3,8%. Diese Anpassungen sind Teil einer breiteren finanziellen Reform, die auch die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) betrifft und von der Schweizer Bevölkerung genehmigt wurde. Die Änderungen betreffen sowohl den Normalsatz als auch spezielle Sätze für bestimmte Dienstleistungen und Produkte.

Leistungszeitraum als massgebliches Element

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass eine Eingangsrechnung, die mit Erstellungzeitraum 2024 noch die alten MWST-Sätze ausweist, nicht grundsätzlich falsch sein muss. Für die Anwendung des korrekten MWST-Satzes (Steuerausweis) ist nämlich der Leistungszeitraum oder das Datum der Leistungserbring ausschlaggebend (Art. 26 Abs. 2 lit. c MWSTG) ausschlaggebend. Es ist also durchaus möglich, dass eine Eingangsrechnung mit Erstellungsdatum 2024 mit dem Normalsatz 7,7% MWST korrekt ist, weil der Leistungszeitpunkt noch im Jahr 2023 liegt.

Was muss bei Ausgangsrechnungen beachtet werden?

Beim Erstellen von Ausgangsrechnungen sind die nachfolgenden Punkte von Art. 26 MWSTG zu beachten:

Vollständige und korrekte Angaben: Eine Ausgangsrechnung muss bestimmte Pflichtangaben enthalten, darunter:

  • Vollständiger Name und Anschrift des leistenden Unternehmens und des Leistungsempfängers.
  • MWST-Nummer
  • Rechnungsdatum sowie das Datum der Lieferung oder der Dienstleistung.
  • Eine eindeutige Rechnungsnummer.
  • Menge und Art der gelieferten Waren oder Art und Umfang der erbrachten Dienstleistung.
  • Das Entgelt für die Lieferung oder Dienstleistung sowie der anzuwendende Steuersatz oder Hinweis auf eine Steuerbefreiung.
  • Der auf das Entgelt angewendete Steuerbetrag, es sei denn, es handelt sich um eine Kleinunternehmerregelung.
     

Steuerausweis: Der anzuwendende Mehrwertsteuersatz muss korrekt auf der Rechnung ausgewiesen sein. Ausschlaggebend ist der Leistungszeitpunkt bzw. der Leistungszeitraum.

Elektronische Rechnungsstellung: Bei elektronischen Rechnungen sollten die Anforderungen an die elektronische Signatur und die Integrität der Rechnungsdaten beachtet werden. Elektronische Rechnungen müssen auf eine Art und Weise erstellt, übermittelt und archiviert werden, die ihre Authentizität und Integrität gewährleistet.

Pro Memoria: Die Voraussetzungen von Art. 26 MWSTG gelten nicht als Voraussetzungen für die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs durch eine steuerpflichtige Person. Für den Vorsteuerabzug müssen ein gültiger Steuerausweis vorliegen, die Steuer muss bezahlt und im steuerbaren Bereich der unternehmerischen Tätigkeit der steuerpflichtigen Person liegen.

Periodische Leistungen, die teilweise nach der Steuersatzerhöhung erbracht werden

Abonnemente für Beförderungsleistungen (z.B. Halbtax- und Generalabonnemente oder Ski-Saisonabonnemente) oder Service- und Wartungsverträge für Lifte, Haushaltmaschinen, Computersysteme und dergleichen sind in der Regel im Voraus zu bezahlen. Erstreckt sich ein solches Abonnement oder ein solcher Vertrag über den Zeitpunkt der Steuersatzerhöhung hinaus, ist grundsätzlich eine Aufteilung des Entgelts pro rata temporis auf den bisherigen und neuen Steuersatz vorzunehmen.

Beispiel 1

Der Umsatz aus einem vom 1. Oktober 2023 bis zum 30. September 2024 laufenden Liftserviceabonnement ist zu einem Viertel (1.10.2023–31.12.2023) zum Steuersatz von 7,7% und zu drei Vierteln (1.1.2024–30.9.2024) zum Steuersatz von 8,1% in Rechnung zu stellen und zu versteuern.

Weiss der Leistungserbringer im Zeitpunkt eines Verkaufs bis zum 31. Dezember 2023 nicht, ob er die Leistung bis zum 31. Dezember 2023 oder erst danach erbringen wird, weil die Leistungsempfängerin den Zeitpunkt der Leistungserbringung bestimmt (z.B. bei Verkäufen von Mehrfahrtenkarten) und weil das Gültigkeitsdatum nicht explizit nach dem 31. Dezember 2023 beginnt, so bestimmt ausnahmsweise der Zeitpunkt des Verkaufs den Steuersatz.

Beispiel 2

  • Verkauf von Mehrfahrtenkarten des öffentlichen Verkehrs oder Mehrfacheintritten ins Hallenbad, Eisbahn usw.;
  • Verkauf von Autowaschkarten für die mehrmalige Benützung der Autowaschanlage.

Bei periodischen Leistungen gibt es Fälle, bei denen der Leistungserbringer im Zeitpunkt des Verkaufs bis zum 31. Dezember 2023 nicht wissen kann, wann er die periodische Leistung erbringen wird. Weiss der Leistungserbringer in diesen Fällen aber, dass die Leistung mindestens während einer bestimmten Dauer nach dem 31. Dezember 2023 zu erbringen sein wird, so ist für die Aufteilung des Entgelts pro rata temporis ausnahmsweise diese Mindestdauer massgebend.

Beispiel 3

Ein Elektronikgeschäft verkauft ein Antivirenprogramm in der Form eines Jahresabonnements am 1. Dezember 2023 an eine Kundin. Die Laufzeit des Jahresabonnements beginnt erst nach dem Download und der Aktivierung durch die Kundin zu laufen. Das Elektronikgeschäft weiss zwar nicht, wann die Kundin die Aktivierung vornehmen wird. Es weiss jedoch, dass mindestens 11 Monate der Laufzeit im Jahr 2024 liegen werden. Der Umsatz aus diesem Jahresabonnement ist zu 1/12 (1.12.2023–31.12.2023) zum Steuersatz von 7,7% und zu 11/12 (1.1.2024–30.11.2024) zum Steuersatz von 8,1% in Rechnung zu stellen und zu versteuern.

Nebenleistungen werden steuerlich gleich behandelt wie die Hauptleistung (Art. 19 Abs. 4 MWSTG).

Beispiel 4

Eine Garage verkauft am 1. Dezember 2023 einen Personenwagen, bei dem im Verkaufspreis während 2 Jahren als Nebenleistung Gratisserviceleistungen enthalten sind, welche die Garage grösstenteils nach dem 31. Dezember 2023 erbringen muss. In diesem Fall ist das gesamte Entgelt zum bisherigen Steuersatz abzurechnen.

Es ist jedoch zu beachten, dass die jeweiligen Gratisserviceleistungen, welche die Garage zu einem späteren Zeitpunkt beispielsweise dem Importeur in Rechnung stellt, zum Steuersatz abzurechnen sind, der im Zeitpunkt der ausgeführten Serviceleistung gilt.

Ab welchem Zeitpunkt dürfen Eingangsrechnungen mit falschem MWST-Sitz nicht mehr akzeptiert werden?

Darauf gibt es keine einfache Antwort. Grundsätzlich müssen Rechnungen ab dem 1. Januar 2024 mit dem korrekten Steuerausweis ausgestellt werden. Dies liegt in der Verantwortung der steuerpflichtigen Person. Mit Blick auf die Vorsteuerseite stellt sich aber die Frage, ab wann ein falscher Steuersatz auf der Eingangsrechnung für die steuerpflichtige Person zu Aufrechnungen durch die ESTV führt. Erfahrungsgemäss sollte für Eingangsrechnungen mit falschem Steuerausweis nach dem ersten Quartal, spätestens nach dem ersten Halbjahr der Steuersatzänderung, eine Korrektur verlangt werden.

Obwohl die vorgenannten Voraussetzungen (Steuerausweis, Bezahlung der Steuer etc.) erfüllt sind, verlangt die steuerpflichtige Person zwar nicht mehr vom Fiskus zurück, als sie auch bezahlt hat, wenn der Vorsteuerabzug auf eine, doch verlangt die ESTV von allen Steuerpflichtigen ein gewisses Mass an Mitwirkungen bei der korrekten Anwendung des MWSTG.

Der Fokus auf den korrekten Steuersatz auf Eingangsrechnungen muss mit anderen Worten entsprechend verstärkt werden, je weiter die Steuersatzerhöhung zurückliegt. Die Aufforderung zur Korrektur an den Rechnungssteller wird nämlich im Falle einer Steuerprüfung der vorsteuerabzugsberechtigen Person ausschlaggebend sein, ob eine Aufrechnung vorgenommen wird oder nicht. Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass wenn dieser Nachweis betreffend Korrektur erbracht wird, keine Beanstandung durch die ESTV erfolgen sollte. Formularbeginn

Das Problem auf der Seite der vorsteuerabzugsberechtigen Person ist insofern entschärft, als per 1. Januar 2024 eine Steuersatzerhöhung, und nicht eine Senkung wie damals per 1. Januar 2018 (von 8% auf 7,7%) stattgefunden hat. Die vorsteuerabzugsberechtigte Person macht also nur das geltend, was sie auch bezahlt hat, und dem Fiskus entgeht aufgrund ihres Verhaltens kein Steuersubstrat. Der Steuerausfall findet aufgrund des Verhaltens des Rechnungsstellers statt.

Gleichwohl ist es ratsam, wenn Steuerpflichtige ihre Korrekturaufforderung an die Rechnungssteller dokumentieren und im Falle eine Steuerprüfung vorlegen können. Dies steht auch im Einklang mit der Verantwortung für die korrekte Erhebung der MWST durch alle steuerpflichtigen Personen.

Fazit

Der korrekte Steuerausweis gilt für alle Steuerpflichtigen seit dem 1. Januar 2024. Vorsteuerabzugsberechtige Personen sollten spätestens ab dem ersten Halbjahr 2024 für falsche Steuerausweise auf Eingangsrechnungen eine Korrektur verlangen und diese Aufforderung auch dokumentieren. Das Steuerrisiko für Aufrechnungen bei falschem Steuerausweis liegt seit dem 1. Januar 2024 beim Rechnungssteller.

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