Risikobewertung: Effektives Risikomanagement

Durch eine gezielte Risikobewertung lassen sich finanzielle Schwankungen minimieren, die Planbarkeit verbessern und langfristige Stabilität sichern. Klare Verantwortlichkeiten und eine kontinuierliche Überwachung sind dabei entscheidend – für mehr Sicherheit, Vertrauen und Wettbewerbsvorteile.

11.02.2025 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
Risikobewertung

Nutzen des Risikomanagements und der Risikobewertung

Um die gesetzten Ziele des Unternehmens zu erreichen, hat das Risikomanagement die Aufgabe, Chancen und Risiken des Unternehmens systematisch zu identifizieren, zu bewerten und zu aggregieren. Weitere Aufgaben sind die ständige Überwachung der Risiken, um Veränderungen der Chancen- und Risikosituation frühzeitig erkennen zu können.

Ausserdem sind ggf. Massnahmen gegen Risiken zu ergreifen, um die Verlustgefahren und die Schwankungsbreite von Gewinn und Cashflow (CF) zu reduzieren. Dieses hat für Unternehmen folgende Vorteile:

  • Die Plan- und Steuerbarkeit der Zahlungsströme und des Unternehmenserfolges wird erhöht.
  • Die Kapitalkosten verringern sich, da das Unternehmen die Entwicklung der Zahlungsströme besser planen kann und somit nicht auf teure externe Finanzierungsquellen zurückgreifen muss. Dieses wirkt sich auch positiv auf den Unternehmenswert aus.
  • Die stabile Gewinnentwicklung und bessere Kapitaldienstfähigkeit, was im ­Interesse der Fremdkapitalgeber ist, sorgt für ein gutes Rating und günstige Kreditkonditionen sowie für eine Reduzierung der Insolvenzwahrscheinlichkeit. Dies ist auch im Interesse der Arbeitnehmer, Kunden und Lieferanten und führt zur ­einfacheren Gewinnung von qualifizierten Mitarbeitern und erleichtert den Aufbau einer langfristigen Beziehung zu Kunden und Lieferanten.
  • Unternehmen mit schwankenden Gewinnen haben bei einem progressiven Steuertarif Nachteile gegenüber Unternehmen mit einer kontinuierlichen Gewinnentwicklung.

Strategisches Risikomanagement 

Das strategische Risikomanagement beinhaltet im Wesentlichen die Formulierung einer Risikopolitik und die Organisation des Risikomanagements.

Durch die sich ständig ändernden Umweltbedingungen und damit verbundenen Veränderungen der Risikosituation im Unternehmen, ist es besonders wichtig, dass das Risikomanagement organisatorische Regelungen sicherstellt. Das Risikomanagement gehört als wesentliche Aufgabe zu den Sorgfaltspflichten der Geschäftsführung bzw. des Vorstands. Die Umsetzung erfolgt durch Delegation, da die Geschäftsleitung die Aufgabe des Risikomanagements in der Regel nicht im vollen Umfang selbst wahrnehmen kann. Allerdings verbleiben die Gesamtverantwortung, die Informationsmitteilung der wesentlichen Risiken beim Verwaltungsrat sowie die Festlegung der Risikostrategie bei der Geschäftsführung. Die Überwachungsfunktion der Geschäftsführung, die ebenfalls nicht delegierbar ist, wird allerdings von der internen Revision und dem Wirtschaftsprüfer unterstützt. Ein erfolgreiches Risikomanagement erfordert die Einbeziehung aller Mitarbeiter des Unternehmens, um auch die Risiken berücksichtigen zu können, die der oberen Führungsebene nicht bekannt sind, weil diese über weniger detailliertes Wissen verfügen und daher die Risiken nur schwer erkennen können. Weiter ist es wichtig, das Risikomanagement in den Geschäftsprozessen zu verankern. Um die organisatorische Umsetzung sicherzustellen, sind geeignete Arbeitsabläufe festzulegen und Hilfsmittel, wie z.B. Checklisten bereitzustellen. Durch die Standardisierung und Systematisierung von Arbeitsabläufen entstehen Lerneffekte bei den Mitarbeitern. Diese werden im Umgang mit Risiken effizienter, d.h. Chancen werden wahrgenommen und Risiken rechtzeitig erkannt, um diese zu kontrollieren und zu steuern. Der Aufbau eines Risikomanagements mit seinen Abläufen und Organisationen ist sehr zeitintensiv und wird in der Praxis oft durch externe Berater begleitet. Daher ist der Aufbau mit einer Startinvestition verbunden. Um den organisatorischen Regelungen gerecht zu werden, sollten folgende Grundsätze beachtet werden:

  • Festlegung der Risikopolitik durch den Gesellschafter,
  • Definition von Risikofeldern durch die Führungskräfte,
  • Identifikationsverfahren für Risiken festlegen,
  • Verantwortlichkeiten für die Überwachung sind festzulegen sowie das Frühwarn­system ist einzurichten,
  • Einrichtung eines Berichtswesens und
  • regelmässige Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Risikomanagements.

Damit die Funktionsfähigkeit des Risikomanagements gewährleistet wird, ist es wichtig, konkrete Stellen bzw. Personen für die einzelnen Verantwortungsbereiche zu benennen.

Um das Risikomanagement zu einem effizienten System auszubauen und die Funk­tionsfähigkeit des Risikomanagements zu gewährleisten, ist ein Risikocontrolling zu empfehlen, welches die gesamte operative Verantwortung für den Risikomanagementprozess trägt. Die einzelnen Risikofelder sind durch Risk-Owner, die die Verantwortung für die Handhabung eines Risikos übernehmen, zu organisieren. Risk-Owner sind die jeweiligen Fachexperten, die täglich mit dem Risikobereich konfrontiert sind. Das ­Risikocontrolling unterstützt den Risk-Owner sowie die Geschäftsleitung bei deren Aufgaben. Hierbei übernimmt das Risikocontrolling die allgemeine Steuerung und Begleitung des Risikomanagementprozesses sowie die Überprüfung der Ergebnisse des ­Risikomanagements hinsichtlich Plausibilität. Des Weiteren fasst das Risikocontrolling alle Informationen zusammen und berichtet an die Geschäftsführung über alle wesentlichen Risiken. Der Risk-Owner ist für die rechtzeitige Identifizierung, Überwachung, Steuerung und Risikobewertung zuständig. Damit die Risiken gesteuert werden können, schlägt der Risk-Owner Risikobewältigungsmassnahmen vor und setzt diese um bzw. veranlasst deren Umsetzung. Eine von dem Risikocontrolling unabhängige ­interne Instanz, die in der Regel die Revision darstellt, muss den Risikomanagementprozess im Auftrag der Geschäftsführung überwachen. Die Aufgaben der internen ­Revision erstrecken sich von der Beurteilung der Wirksamkeit bestehender Risiko­managementsysteme, der Hilfeleistung bei der Verbesserung des Risikomanagements bis hin zu der Mitwirkung bei der Entwicklung von Grundsätzen und Standards.

Risikopolitik

Die Risikopolitik ist der Teil der Unternehmensstrategie, der sich mit dem Umgang von Risiken und der Risikoneigung des Unternehmers beschäftigt. Sie fixiert die Rahmenbedingungen für den Aufbau von Risikomanagementsystemen und befasst sich mit der Risikobewältigung. Die Formulierung der risikopolitischen Grundsätze wird in der Risikopolitik zusammengefasst, welche aufgrund ihrer strategischen Bedeutung Aufgabe der Unternehmensführung ist. Um eine klar definierte Risikopolitik zu erhalten, sollte diese folgende Angaben enthalten:

  • Entscheidungskriterium, das ein Abwägen von Risiko und Rendite ermöglicht,
  • Obergrenze für den Risikoumfang des Unternehmens,
  • Höhe des Eigenkapitalbedarfs und der Liquiditätsreserven,
  • Definition der Kernrisiken, d.h. die unvermeidlichen Risiken, sowie der zu transferierenden Risiken und
  • angestrebtes Rating aus Sicht eines Gläubigers.

Fazit zur Risikobewertung

Ein effektives Risikomanagement ist unerlässlich, um Unternehmen vor unerwarteten Herausforderungen zu schützen und langfristig erfolgreich zu bleiben. Die systematische Risikobewertung ermöglicht es, Risiken zu erkennen, zu steuern und Chancen gezielt zu nutzen. Durch klare Prozesse, kontinuierliche Überwachung und eine vorausschauende Strategie schaffen Unternehmen Stabilität.

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