Impairment: Zentrales bei der Prüfung des Goodwills
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Hintergrund
Die Bewertung von immateriellen Vermögenswerten basiert auf Annahmen, wobei insbesondere in Krisenzeiten erhebliche Schätzungsunsicherheiten auftreten können. Der Goodwill aus getätigten Transaktionen ist eine Wette auf künftige Erträge aus nicht bewertbaren ideellen Werten wie die Kenntnisse der Mitarbeiter oder die Marktposition.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer e.V. (IDW) hat in seinem fachlichen Hinweis zu den Auswirkungen der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie auf die Rechnungslegung und deren Prüfung vom 25. März 2020 mitgeteilt, dass «die Ermittlung des erzielbaren Betrags derzeit eine erhebliche Herausforderung für die Unternehmen und ihre Prüfer darstellt, da sowohl Ausmass als auch Folgen der COVID-19-Pandemie schwer prognostizierbar sind».
Goodwill/IAS 36
Der International Standard IFRS sieht im Gegensatz zu Swiss GAAP FER für Goodwill keine planmässigen Abschreibungen vor. Der Goodwill unterliegt nach IAS 36 mindestens einem jährlichen Impairment-Test (IAS 36.10). Die Beurteilung, ob irgendein Anhaltspunkt dafür vorliegt, dass der Goodwill wertgemindert sein könnte, erfolgt idealerweise zu jedem Bilanzstichtag (IAS 36.9). Die sogenannten Triggering Events können nach externen Informationsquellen (IAS 36.12 a-d) oder internen Informationsquellen (IAS 36.12 e-g) unterteilt werden. In Krisenzeiten ist zu erwarten, dass die Durchführung eines Impairment-Tests häufiger notwendig ist. Insbesondere Kurseinbrüche an den Aktienmärkten, sich verändernde Marktzinsen, weitere Lockdowns sowie Nachfragerückgänge können erhebliche Auswirkungen auf die Werthaltigkeit des Goodwills haben. Bei solchen Triggering Events ist es angebracht, auch unterjährige Impairment-Tests vorzunehmen und den bilanzierten Buchwert dem erzielbaren Wert gegenüberzustellen. Hier finden Sie eine Abbildung, die diesen Ablauf aufzeigt.
Der Goodwill wird beim Erwerbszeitpunkt auf eine CGU («Cash Generating Unit») oder Gruppen von CGUs zugeordnet die aus den Synergien des Unternehmenszusammenschlusses voraussichtlich einen Nutzen ziehen. Grundsätzlich ist im Sinne der Stetigkeit diese Zuordnung kontinuierlich beizubehalten. Aus diesem Grund ist keine Einzelbewertung möglich, und der Impairment-Test erfolgt deshalb auf Stufe der CGU bzw. Gruppen von CGUs.
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Ermittlung des erzielbaren Werts
Um eine Wertminderung festzustellen, muss das Unternehmen den erzielbaren Wert ermitteln (IAS 36.18). Dieser ist der höhere Wert der beiden Beträge aus Fair Value abzüglich Veräusserungskosten (Nettoerlös aus sofortigem Verkauf) und dem Nutzungswert (Value in Use). Hier finden Sie eine Abbildung für die Ermittlung des erzielbaren Werts.
Der Fair Value abzüglich Veräusserungskosten (IAS 36.25-29) erfolgt unter Beachtung der folgenden Abstufung:
- Preis in einem bindenden Verkaufsvertrag
- Marktpreis (aktuelles Angebot oder kürzlich durchgeführte Transaktionen)
- jede andere verfügbare beste Information
Die Kosten, die bei der Veräusserung entstehen, sind in Abzug zu bringen.
Beim Nutzungswert (IAS 36.30-57) handelt sich nicht um eine Unternehmensbewertung, sondern um die diskontierten Netto-Cash-flows aus der fortgesetzten Nutzung aus einer letztendlichen Veräusserung.
Basis der Cashflows ist eine aktuelle Detailschätzung des Managements über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren mit anschliessender Fortschreibung durch eine nicht steigende Wachstumsrate. Die Abzinsung (IAS 36.55) sollte mit einem Zinssatz vor Steuern vorgenommen werden, der die gegenwärtigen Marktbewertungen wie den Zinseffekt und die speziellen Risiken eines Vermögenswerts berücksichtigt. Angesichts aktueller Unsicherheiten im Markt ist es unter Umständen angebracht, bei der Schätzung von zukünftigen Cashflows, Szenarien zu entwickeln (best case scenario, realistic scenario, worst case scenario) und mittels unterschiedlicher Gewichtung der Szenarien eine Bewertung zu erstellen. Durch regelmässige Back-Testings können die effektiv erzielten Cashflows mit den Annahmen verglichen und angepasst werden.
In der aktuellen COVID-19-Krise stellen sich besondere Herausforderungen bei der Durchführung des Impairment-Tests. Einerseits kann aufgrund fehlender Transaktionsmöglichkeiten auf dem Markt die Bestimmung des Fair Values erschwert werden. Andererseits werden bei der Bestimmung des Nutzungswerts die Schätzungen der Cashflows und des Diskontierungssatzes erheblich von den aktuellen Unsicherheiten durch die COVID-19-Pandemie geprägt, was zu erheblichen Ermessensspielräumen respektive Schätzungsunsicherheiten führen kann. Es gilt zu überprüfen, welche Auswirkungen die COVID-19-Pandemie auf die bei der Ermittlung des Diskontierungszinssatzes zugrunde gelegte Peer Group und damit den Beta-Faktor und den Credit Spread sowie die Kapitalstruktur hat.
Wertberichtigungen
Eine Wertminderung liegt dann vor, wenn der Buchwert grösser als der erzielbare Wert ist. In diesem Falle ist eine Wertberichtigung des Goodwills vorzunehmen. Fällt der Wertminderungsbedarf grösser aus als der Buchwert des Goodwills, ist der verbleibende Betrag nach vollständiger Abschreibung des Goodwills buchwertproportional auf die Vermögenswerte der CGU aufzuteilen. Hierbei darf jeder Vermögenswert höchstens auf seinen eigenen erzielbaren Betrag abgeschrieben werden (IAS 36.104/105). Anders als bei anderen Vermögenswerten dürfen Wertminderungen von Goodwill in Folgeperioden nicht rückgängig gemacht werden (IAS 36.124).
Entwicklungen in der Praxis
In der Schweiz mussten bisher nur wenige Unternehmen ihre immateriellen Vermögen abwerten. Gemäss einer im Oktober 2020 publizierten Meldung der FUW («Finanz und Wirtschaft») haben von den 25 an der SIX kotierten Unternehmen, die in ihren Halbjahresberichten den Goodwill separat ausweisen, nur drei Unternehmen grössere Wertberichtigungen verbucht. Es ist doch erstaunlich, dass die vorhandenen Schätzungsunsicherheiten nicht zu deutlich höherem Wertberichtigungsbedarf geführt haben. Ein Blick auf die SMI-Firmen zeigt, dass bei etlichen Unternehmen der Goodwill über 50% des Eigenkapitals (im Einzelfall bis zu 100%) ausmachen. Die Bereinigung und allfällige Wertberichtigungen von Goodwill könnten für gewisse Unternehmen und deren Aktionäre substanzielle Auswirkungen haben.
In Deutschland gibt es ähnliche Risiken im Zusammenhang mit Goodwill zu verzeichnen. Gemäss diversen Zeitungsartikeln beträgt der Anteil des Goodwills der 30 Unternehmen im DAX bereits durchschnittlich 35% des Eigenkapitals. Wertmässig liegt dieser bei EUR 317 Mrd., im Vergleich zu knapp über EUR 100 Mrd. im Jahr 2005. Gemäss dem Halbjahresfinanzbericht 2020 haben die 30 DAX-Unternehmen weniger als EUR 10 Mrd. als Impairment gebucht. Oder anders formuliert – die Unternehmen kamen zum Schluss, dass gut EUR 300 Mrd. Goodwill weiterhin werthaltig sind.
Fazit
Der Überprüfung der Werthaltigkeit von Vermögenswerten kommt in der aktuellen Krisenzeit eine noch viel stärkere Bedeutung zu als in der Vergangenheit. Die wichtigsten Überlegungen und Parameter bleiben jedoch die gleichen: Cashflows und der Diskontierungssatz sind aber regelmässiger zu überprüfen und angemessen neu zu bewerten.
Die COVID-19-Pandemie hat sich bisher noch nicht als extremer «Triggering Event» für Wertberichtigungen von Goodwill erwiesen. Die Krise ist jedoch noch nicht vorbei und realwirtschaftliche Auswirkungen sind immer noch schwer abzuschätzen.
Es stellt sich auch die Frage, ob der «Impairment-only»-Ansatz überhaupt langfristig tragbar ist? Der Schweizer Weg bei Swiss GAAP FER sieht beim Goodwill jährliche Abschreibungen über eine Lebensdauer von fünf bis maximal 15/20 Jahren vor. Die planmässigen Abschreibungen haben einen erheblichen Einfluss auf den EBIT der Unternehmung, jedoch besteht in Krisenzeiten ein deutlich geringeres Risiko von zusätzlichen Wertberichtigungen. Es bleibt abzuwarten, ob in den nächsten Monaten und Jahren überproportional hohe Wertberichtigungen auf Goodwills vorgenommen werden müssen. Sowohl Unternehmen wie auch Anleger sollten diese Bilanzpositionen weiter im Auge behalten.