Investitionen: Zentrale Punkte für das Investitionscontrolling

Die Bewertung von Investitionen ist eine grundlegende Herausforderung jeder Unternehmung, die sich nicht nur bereits am Anfang des Unternehmenslebenszyklus stellt, sondern darüber hinaus auch bei allen Wachstumsüberlegungen. Unter Investition ist in diesem Zusammenhang die Ausgabe bzw. die Anlage finanzieller Mittel zu verstehen, die anschliessend in Finanzvermögen, Sachvermögen oder Immaterielles Vermögen gebunden ist und zu einem positiven Mittelrückfluss führt, welcher durch die mit der Investition erzielten Gewinne oder Einzahlungsüberschüsse (engl. Cashflows) quantifiziert wird. Insofern ist der Begriff im wirtschaftswissenschaftlichen Sprachgebrauch mit einer zukunftsorientierten Mittelverwendung gleichzusetzen.

13.12.2021 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
Investitionen

Einleitung

Ob und wie sich eine Investition tatsächlich auszahlt, ist allerdings regelmässig im Vorhinein zu schätzen, da die zukunftsbezogenen Gewinne bzw. Einzahlungsüberschüsse nur mit mehr oder weniger hoher Unsicherheit bezifferbar sind. Zudem wird ein Gradmesser für die Vorteilhaftigkeit einer Investition notwendig, wenn es sich nicht nur um eine Einzelinvestition, sondern beispielsweise um die Auswahl aus zwei oder mehr konkurrierenden Investitionsalternativen handelt. Für diesen Fall muss festgelegt werden, mit welchem Verfahren die zugrunde liegenden Rechengrössen z.B. anhand von festgelegten Kennzahlen bewertet werden sollen.

Da auch Maschinen, Fahrzeuge und Gebäude an Wert verlieren und ersetzt werden müssen, sind neben Wachstums- bzw. Erweiterungsinvestitionen auch Erhaltungsinvestitionen in der Praxis von hoher Bedeutung.

Weil Investitionen ihren tatsächlichen Nutzen erst in der Zukunft offenbaren, sind Investitionsprojekte in der Praxis immer auch unsicher sowie mit der Gefahr einer Fehlinvestition verbunden. Insofern sind Investitionen sowohl mit einem Erfolgs- als auch Liquiditätsrisiko verbunden. Zudem gilt es als konstitutives Merkmal einer Investition, dass die durch sie gebundenen Mittel langfristig sowie teilweise sogar unumkehrbar gebunden sind.

Alle diese Eigenschaften machen Investitionen zum einen reizvoll und notwendig, wenn eine Unternehmung wachsen will. Zum anderen sind Investitionen mit Risiken verbunden, die es notwendig erscheinen lassen, den erwarteten Vorteil aus einer Investition möglichst rechnerisch transparent zu ermitteln.

Der vorliegende Beitrag stellt das Methodenwissen zur Investitionsbeurteilung in den Mittelpunkt und zeigt die verschiedenen Möglichkeiten überblicksartig auf.

Investitionen aus Sicht der Rechnungslegung

Die betriebswirtschaftliche Relevanz von Investitionen ist unbestritten, zumal sie

  • mittelfristig und langfristig zur Realisierung der Unternehmensstrategie dienen,
  • Wachstumstreiber sind, da sie die Kapazität des Unternehmens quantitativ und/oder qualitativ verändern bzw. sichern,
  • sich nicht nur auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, sondern auch andere Unternehmensbereiche und Teilpläne auswirken,
  • durch die mit ihnen verbundenen Zahlungsvorgänge regelmässig eine mittel- bis langfristige Kapitalbindung bewirken,
  • Kapitalverwendung bedeuten und somit Finanzierungsmassnahmen zur Bereitstellung von Kapital auslösen,
  • die Liquidität des Unternehmens beeinflussen.

Investitionen verstehen sich aus der speziellen Sicht des externen Rechnungswesens also als Form der Mittelverwendung und zeigen sich daher zahlenmässig regelmässig unter den Aktiven innerhalb einer Bilanz. Dabei können aus Sicht der Rechnungslegung die folgenden Arten von Investitionen voneinander unterschieden werden:

  • Realinvestitionen manifestieren sich im Sachanlagevermögen einer Unternehmung,
  • Finanzinvestitionen finden ihren Niederschlag beispielsweise in Beteiligungen an anderen Unternehmungen,
  • Immaterielle Investitionen können sich als aktivierte Entwicklungskosten für ein Produkt oder auch als Goodwill im Zusammenhang mit dem Kauf einer Unternehmung erweisen.

Allerdings sind an die Aktivierungsfähigkeit eines Aktivums konkrete Voraussetzungen geknüpft, weshalb beispielsweise Forschungsaufwendungen nicht aktivierbar sind, da diese nicht produktbezogen sind und noch keinen konkreten und zukünftig erwartbaren, wirtschaftlichen Vorteil erkennen lassen.

Andererseits sind Investitionen hinsichtlich ihrer Tragweite höchst unterschiedlich, was entsprechende Wirkungen in der Rechnungslegung zur Folge hat. Hier finden Sie eine Abbildung, die das aufzeigt.

Zu den wichtigsten Merkmalen einer Sachinvestition gehören aus Sicht der Rechnungslegung:

  • Bereitstellung von Kapazitäten
  • längerfristige Nutzenpotenziale (Folge: mehrperiodige Bilanzwirkung)
  • zeitliche Begrenzung (Folge: Planung der Nutzungsdauer)
  • monetäre und nichtmonetäre Gesichtspunkte (nur Erstere können gemäss dem Prinzip der Pagatorik relevant werden für Fragen der Rechnungslegung)
  • Amortisation des zu investierenden Kapitals (Ergebniseffekte)
  • Bindung finanzieller Mittel (vorwiegend im Anlagevermögen der Unternehmung)
  • Unsicherheit der Zahlungsströme (Schätzgrössen finden Eingang in die Abschreibungsermittlung)

Wichtig ist, dass Investitionen, an denen viele Erwartungen hängen, möglichst rational und keinesfalls spontan getroffen werden sollten. Viele Erwartungen treten nicht ein, weil mögliche andere Konsequenzen, die aus dieser Entscheidung resultieren können, nicht in die eigene Betrachtungsweise mit einbezogen wurden. Nicht umsonst gehen die besten Investoren strategisch und sehr berechnend vor, um die Chancen, dass ihre Erwartungen auch eintreffen, bestmöglich zu erhöhen. Da sich niemand gegen alle Eventualitäten absichern kann, ist es daher eine goldene Regel im Finanzsektor, sein Kapital auf möglichst verschiedene Anlageprodukte zu verteilen. Das gilt für Kleinanleger, die Aktien kaufen, genauso wie für Privatpersonen, die in Edelmetalle investieren oder Dogecoin kaufen. Letzten Endes gibt es nur drei Möglichkeiten, wie sich Investitionen auf unser Leben auswirken können. Sie können sich genau so bezahlt machen wie wir es erwarteten, diese Erwartungen übertreffen oder aber die Erwartungen nicht erfüllen. Dementsprechend bleibt einem die Investition in gutem Gedächtnis oder aber man ärgert sich über die Entscheidung, diese getätigt zu haben.

Verständnis des Investitionscontrollings

Die Entscheidung über Investitionen bildet für alle Unternehmen eine unverzichtbare Basis für die Schaffung bzw. Erhaltung künftiger strategischer Erfolgspotenziale. Die im Rahmen der Investitionstätigkeit des Unternehmens eingesetzten finanziellen Mittel sind regelmässig mittel- bis langfristig gebunden und beeinflussen somit nachhaltig dessen Liquiditäts- und Rentabilität-Situation. Hierbei erfolgt die Ausrichtung der Investitionsaktivitäten auf die Erreichung der jeweiligen Erfolgs- und Sachziele des Unternehmens. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Kernaufgabe des Investitionscontrollings beschreiben als die an den Unternehmenszielen orientierte Sicherstellung des Einsatzes finanzieller Mittel des Unternehmens in Investitionen zur Erreichung einer optimalen langfristigen Kapitalrentabilität des investierenden Unternehmens. Daher ist es gerade für kleine und mittlere Unternehmungen (KMU) von hoher Bedeutung, dass ihre Entscheidungsträger durch eine investitionsbezogene Planung, Kontrolle, Koordination und Informationsversorgung rationale Investitionsentscheidungen fällen, um nicht durch mögliche Fehlentscheidungen eine Unternehmenskrise auszulösen.

Als Ziel des Investitionscontrollings gilt nach Eschenbach die Unterstützung der Führungsprozesse auf allen Hierarchieebenen einer Unternehmung, wo Investitionsentscheidungen gefällt werden. Folglich übernimmt das Investitionscontrolling in der Planungsphase, in der Umsetzungsphase und in der Kontrollphase von Investitionen verschiedene Aufgaben wie die Bereitstellung von geeigneten Methoden und Verfahren zur Investitionsplanung und -beurteilung, die entscheidungsebenenbezogene Informationsversorgung sowie die Koordination und Kontrolle von Investitionen.

Angesichts dieser Aufgaben des Investitionscontrollings entlang der Phasen Planung, Durchführung und Kontrolle von Investitionen stellt es folglich ein Bindeglied zwischen strategischem und operativem Controlling dar. Unter den zur Entscheidung stehenden Investitionsobjekten wird in der Regel zunächst mit Hilfe qualitativer Verfahren eine Grobauswahl unter Beachtung der strategischen Grundausrichtung des Unternehmens getroffen. Daran anschliessend wird durch quantitative Bewertungsverfahren die Zielkonformität der Investitionsvorhaben hinsichtlich der strategischen und operativen Zielausrichtung des Unternehmens überprüft. Bei Investitionen, die von bereits getätigten oder noch vorzunehmenden Investitionen unabhängig sind, ist für die Beurteilung der monetäre absolute Vorteil oder Nutzen heranzuziehen, während bei Investitionen, die zu anderen Vorhaben in einer ergänzenden oder auch konkurrierenden Beziehung stehen, nicht lediglich der absolute, sondern ebenso der relative Vorteil oder Nutzen berücksichtigt werden muss.

In diesem Zusammenhang sind die folgenden Entscheidungsalternativen vom Investitionscontrolling zu prüfen (Eschenbach):

  1. Wahl zwischen Investition und Nichtinvestition.
  2. Wahl zwischen sofortiger Investition und späterer Investition.
  3. Wahl zwischen verschiedenen Investitionsvorhaben.
  4. Wahl zwischen verschiedenen Anlageobjekten für das gleiche Investitionsvorhaben.
  5. Weiterbetrieb oder (ersatzlose) Liquidation.

Eine wirkliche Controllingorientierung im Rahmen der Investitionen geht jedoch über eine isolierte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einzelner Investitionsobjekte hinaus, wobei die Investitionsrechnung in den Gesamtzusammenhang des Unternehmens integriert wird, Unsicherheiten analysiert werden und Interdependenzen zwischen einzelnen Investitionsobjekten bzw. Organisationseinheiten berücksichtigt werden. Ein solches normierendes Investitionscontrollingsystem trägt über eine Koordination zwischen den Unternehmensbereichen zur Vermeidung von Suboptima oder Teillösungen im Rahmen der Investitionspolitik bei.

Hier finden Sie eine alternative Darstellung der Aufgaben eines solchen umfassenden Investitionscontrollings. (Quelle: Reichmann, Controlling)

Dabei bedient sich das Investitionscontrolling zumeist entweder statischer oder dynamischer Verfahren der Investitionsrechnung. Während sich Erstere lediglich auf durchschnittliche Kosten und Leistungen ohne die Berücksichtigung des Zeitwerts des Geldes beschränken, erfolgt durch die dynamischen Verfahren eine exakte Erfassung der mit dem Investitionsobjekt verbundenen Ein- und Auszahlungen über die gesamte Nutzungsdauer der Investition. Auf Basis der Anwendung von statischen oder dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung erfolgen sowohl eine Zielwertplanung als auch die Vorbereitung und Begründung von Investitionsentscheidungen.

Zu den möglichen Zielen des Investitionscontrollings auf der Unternehmensebene können gezählt werden:

  • Vermögensmaximierung oder Einkommensmaximierung der Eigentümer
  • Gewinn- oder Rentabilitätsmaximierung
  • Kapazitäts- oder Sortimentserweiterung.

Eine enorme Herausforderung stellt die zielgerichtete Steuerung von Investitionsprozessen und Desinvestitionsprozessen durch das Investitionscontrolling dar, weshalb im kommenden Abschnitt der Investitionsprozess und die ihm zugehörigen Phasen erläutert werden.

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