Weiche Faktoren: Controller zwischen harten Fakten und weichen Faktoren

Controller verstehen sich nicht als Kontrolleure, die einfach Checklisten abhaken und Zahlen überprüfen, die Aufgaben sind zu vielfältig und anspruchsvoll dafür. Obwohl die Berufsbezeichnung sehr ähnlich klingt: Reine Kontrolleure sind die Controller keineswegs. Die «Wortgeschichte» hinter dem «Controller» geht auf die im Französischen seit sehr langer Zeit bezeugte «contre-rôle» zurück. Diese «Gegenrolle» hatte die Funktion einer Ergänzung und Absicherung , was sich mit der heutigen Berufsauffassung der Controller durchaus deckt.

08.11.2022 Von: WEKA Redaktionsteam
Weiche Faktoren

Einführung

Ergänzung und Absicherung lassen vermuten, dass grundsätzliches Einvernehmen besteht. Im beruflichen Alltag kommt es allerdings auch vor, dass Controller mit ihren Anliegen in einem gewissen Gegensatz zu einzelnen Personen oder zu Personengruppen stehen können. Damit eine konstruktive Zusammenarbeit möglich ist, ist das Wissen um die so genannten «weichen Faktoren» entscheidend. Zentral ist die Kenntnis von verschiedenen Aspekten dieser «soft factors» und eine gewisse Gewandtheit im Umgang damit. Die folgenden Ausführungen beleuchten vor allem die psychologischen Aspekte.

Was isch äs Sändwitsch ooni Flejisch?

In seinen «Betrachtungen über ein Sandwich» überlegt Mani Matter philosophisch: «Was ist ein Sandwich ohne Fleisch?» und stellt lapidar fest, ein Sandwich ohne Fleisch sei nichts als Brot. Was hat dies mit Controlling zu tun?

«Controller gestalten und begleiten den Management-Prozess der Zielfindung, Planung und Steuerung und tragen damit Mitverantwortung für die Zielerreichung.» Um dieser Aufgabe nachkommen zu können, sind Zahlen und Fakten, relevant und der Umgang damit anspruchsvoll. Anders ausgedrückt, das «Brot» der Controller sind fraglos die Fakten, die den Arbeitsalltag bestimmen: Gesetzliche Rahmenbedingungen, Grundwissen aus der Betriebswirtschaft, eine ganze Palette von Instrumenten, um die Kennzahlen im Unternehmen zu eruieren und zu überprüfen – es gibt unglaublich viele Brotsorten!

Ein tüchtiger Controller, eine umsichtige Controllerin hat alle Hände voll zu tun, damit nichts vergessen geht, damit die Informationen zur rechten Zeit am rechten Ort sind, dass sie selber auch alle die notwendigen Auskünfte bekommen. Gross ist da die Verlockung, sich in der Hektik des Alltags vorwiegend auf die so genannt harten Fakten zu konzentrieren, umso mehr, als dies von anderer Seite auch gern verlangt wird, denn Zahlen bedeuten Geldwert und der ist für den Erfolg und das Fortbestehen eines Unternehmens essenziell. Aber eben: das ist kein Sandwich!

Was isch äs Sändwitsch ooni Broot?

Was ist ein Sandwich ohne Brot? Die zweite seiner grüblerischen Fragen beantwortet der Chansonnier ebenso schlicht: Ein Sandwich ohne Brot ist nichts als Fleisch.

Das «Fleisch» kann auf das Controlling übertragen als die immateriellen Faktoren verstanden werden. Sie spielen eine wesentliche Rolle für den Unternehmenserfolg, können aber nur bedingt in Zahlen erfasst werden. Selbst Instrumente wie die Balanced Scorecard setzen eine adäquate Auswahl der relevanten Faktoren voraus. Das System operiert also mit Zahlen (harten Fakten), die auf Einschätzungen von weichen oder eben immateriellen Faktoren beruhen. Gerne werden diese als zu wenig genau angesehen und daher an den Rand geschoben. Ein Stück weit verständlich, denn ein gewisses Mass an Unsicherheit bleibt bestehen: Worauf können die Einschätzungen beruhen? Welche Massstäbe werden angelegt? Welche Aspekte müssen mit berücksichtigt werden? Wo lassen sich doch noch zuverlässige Informationen beschaffen? Wie sind die Abstufungen vorzunehmen? – Da ist unter anderem auch das gefragt, was der Volksmund als gesunden Menschenverstand bezeichnet. Aber genügt das?

Über kurz oder lang kann – bei allem Unbehagen und bei allen Versuchungen, die Unwägbarkeiten einfach auszublenden – an der Tatsache nicht vorbeigesehen werden, dass diese weichen Faktoren einen wesentlichen Einfluss auf den Gang der Dinge ausüben und daher relevant sind. Wie manches Unternehmen ist ins Schlingern geraten, weil die Nachfolge nicht rechtzeitig und konsequent geplant worden ist – es ist unangenehm, für den Seniorchef eines kleinen KMU ebenso wie für den CEO eines grossen Unternehmens, sich mit der Tatsache auseinander zu setzen, dass er selber eines Tages überflüssig ist, dass andere den Fortbestand des Geschäftes ebenso gewährleisten können wie er selbst.

Versetzen wir uns kurz in die Situation eines Firmengründers: Er hatte eine gute Idee, auch das fachliche Wissen und alle andern Voraussetzungen, die es braucht, um sich selbständig zu machen. Er ist erfolgreich, kann ausbauen und diversifizieren, seine Produkte sind gefragt, vielleicht hat er auch noch einen Konkurrenten übernommen und so die Stellung am Markt gefestigt. «Seine» Stellung, wie er wohl in vielen Fällen sagt und denkt. Diese emotionale Verbundenheit mit dem Unternehmen darf aber nicht dazu führen, das Lebenswerk aufs Spiel zu setzen. Wer Fakten vorschiebt, Sachzwänge geltend macht, an allen möglichen Nachfolgekandidaten etwas auszusetzen hat (König Drosselbart lässt grüssen!), gibt vor, rational und faktenorientiert zu argumentieren und ist letztlich doch nur ein Opfer seiner unbewussten Wünsche. Analoges gilt für die CEO der grossen Unternehmen und Finanzinstitute.

Abstrahieren wir von Einzelpersonen: In der globalen Wirtschaft spielen die weichen Faktoren eine zunehmende Rolle, man denke beispielsweise an den «ökologischen Fussabdruck» oder an die CO2-Emissionen. Neuseelands Landwirtschaftsprodukte geraten unter Druck, weil immer mehr Konsumenten nicht mehr bereit sind, Äpfel zu kaufen, die um den halben Erdball transportiert worden sind. Der ökologische Fussabdruck ist zu gross. Der Umsatz stagniert, die Importeure werden vorsichtig, das neuseeländische Landwirtschaftsministerium als Repräsentantin der Produzenten hat ein gravierendes Reputationsproblem.

Etwas anders sieht es aus mit den CO2-Emissionen: lange wurde auch diese Frage beiseitegeschoben, die Fragenden mitleidig belächelt. Unterdessen sind die Folgen der übermässigen Emissionen nicht mehr zu übersehen. Man sucht nach Lösungen, ein Markt scheint zu entstehen und erste Spekulationen sind bereits im Gange. Anders gesagt: in diesem Zusammenhang sind die soft factors im Begriff, zu hard factors zu werden, weil unterdessen ein System gefunden worden ist, sie zu bewerten und in Zahlen auszudrücken. Und wohl auch, weil sich Handelsmöglichkeiten abzeichnen.

Die starke Rolle der weichen Faktoren

Wie gehen Controller mit den weichen Faktoren um? Im Unternehmen wird versucht, Gruppen von immateriellen Faktoren in einem Kontenplan zu erfassen. Gemäss Münzel/Jenny werden sieben «Hauptfunktionen» zusammengefasst: Besitzverhältnisse, Management, Produkt, Marketing, Produktion und Logistik, Systeme, Umfeld. Geht man diesen Bereichen auf den Grund, so spielt am Ende immer das Verhalten von Menschen eine wesentliche Rolle – und da ist über kurz oder lang am Ende seines Lateins, wer sich nur auf Zahlen berufen will.

Letztlich lässt sich nichts daran ändern: Ein Unternehmen lebt und gedeiht von und mit den Menschen, die in ganz unterschiedlichen Funktionen darin agieren. Der dynamische Unternehmensberater, der letzthin salopp formulierte «Natürlich spielen die Menschen eine Rolle. Aber wesentlich ist doch, dass es dem Unternehmen gut geht!» zeigt seine Unbedarftheit und seinen naiven Glauben, mit Zahlen und Umsatz könne alles gemanagt werden. Er unterscheidet sich von den Gutmenschen, die ein Unternehmen am liebsten als Wohlfühl-Oase gestalten würden nur in der Präferenz: er will nur das Brot, die andern nur das Fleisch. Gefragt ist aber ein Sandwich!

Controller können da sehr effizient agieren, sofern sie über eine gewisse Menschenkenntnis verfügen. Es gibt Denkmodelle dafür, eines wollen wir hier etwas genauer ausbreiten. Die Kenntnis dieser einfachen psychologischen Zusammenhänge versetzt jede Controllerin und jeden Controller in die Lage, geschickter mit Menschen umzugehen.

Gleich und gleich gesellt sich gern

Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass in gewissen Unternehmen, in gewissen Abteilungen oder auch in gewissen Berufsgruppen gewisse Ähnlichkeiten im Denken und Handeln der Personen zu beobachten sind? «Typisch Werber», «typisch Buchhalter», «typisch Lehrer», «typisch Landwirt», so wird dann festgestellt, je nach dem mit bewunderndem, nachsichtigem oder auch ärgerlichem Unterton.

Tatsächlich beeinflussen persönliche Veranlagungen unsere Interessen, Fähigkeiten und ein Stück weit auch die Berufstätigkeit beziehungsweise die Umgebung, in der man seinen Beruf ausübt. Das ist der eine Grund für das beobachtete Phänomen, ein anderer ist, dass man sich gerne in einem Umfeld bewegt, wo man sich auf unkomplizierte Weise verständlich machen kann, wo «die gleiche Sprache gesprochen wird», wo «die Chemie stimmt», wo man sich ganz grundsätzlich verstanden fühlen kann.

So problemlos dann interne Kommunikation sein kann, so schwierig kann sie mit Aussenstehenden sein, wenn da nicht ganz bewusst darauf geachtet wird. Controllerinnen und Controller haben aufgrund ihrer Tätigkeit sehr häufig mit ganz unterschiedlichen Abteilungen zu tun. Daher ist es ausgesprochen nützlich, über die verschiedenen «Strickmuster» von Persönlichkeiten ein wenig Bescheid zu wissen. So können Information und Argumentation auf die Adressaten zugeschnitten werden, Schwierigkeiten und Missverständnisse werden abgebaut.

Bei allen Gemeinsamkeiten, die nachfolgend beschrieben werden, muss ganz klar festgehalten werden: Nicht alle Marketingleute sind «typische» Marketingleute, nicht alle Buchhalter «typische» Buchhalter. Und selbstverständlich spielen noch eine Menge anderer Faktoren eine wesentliche Rolle. Dennoch, als Denkmodell und Basis für Verständnis und Verständigung sind solche psychologischen Modelle ausgesprochen nützlich. Die Verbindung mit den persönlichen Erfahrungen und dem gesunden Menschenverstand ist Ihnen als Leserin, als Leser übertragen.

Persönlichkeitsstrukturen kennen – ein kleiner Selbstversuch

Wohl das klarste und dennoch differenzierteste Modell verschiedener Persönlichkeitsstrukturen stammt von C. G. Jung. Es sei hier in einer vereinfachten Version ausgeführt.

Allgemein bekannt sind die Begriffe «extravertiert» und «introvertiert», die er geprägt hat um die Einstellung einer Person im Verhältnis zur Aussenwelt zu beschreiben.

Vor dem Weiterlesen können Sie für sich oder auch für andere Personen die folgenden Fragen in dieser Abbildung hier beantworten. Überlegen Sie nicht lange, entscheiden Sie einfach, ob eine Aussage zutrifft oder nicht. Richtige oder falsche Antworten gibt es nicht.

Diese Gegenüberstellung zeigt bevorzugte mögliche Verhaltensformen von extravertierten (linke Kolonne) oder introvertierten (rechte Kolonne) Menschen.

Die Art, wie jemand eingestellt ist – mehr nach aussen, also extravertiert, oder mehr nach innen, also introvertiert – wirkt niemals alleine, sondern im Zusammenspiel mit andern Faktoren. Wichtig sind die Art, wie jemand die Wirklichkeit wahrnimmt und wie Entscheidungen getroffen werden.

In den meisten Fällen ist es so, dass sowohl Aspekte der Extraversion als auch solche der Introversion zu einer Person gehören. Das ist Ausdruck einer vielseitigeren Persönlichkeit, als wenn nur die eine oder nur die andere Seite gelebt würde. Gleiches gilt für die folgenden Ausführungen: Grundsätzlich haben wir alle alle vier Aspekte, doch sind in den meisten Fällen vor allem zwei wirksam.

Wahrnehmung mit den fünf Sinnen oder mit der Intuition?

In der Art der Wahrnehmung kommen je nach dem eher die Sinnesempfindung (Sensorik) oder eher die Intuition zum Zuge: «Sensoriker» sind faktenorientiert, detailgenau, systematisch und eher daran interessiert, im kurzfristigen Zeithorizont Resultate zu bekommen. Wer vorwiegend auf diese Weise agiert, der oder die fühlt sich überall da wohl, wo klare, einfache, übersichtliche und wenig komplexe Aufgaben zu lösen sind, und zwar in eindeutig definierten kurzen Zeiträumen, gerne auch so, dass man von den gemachten Erfahrungen profitieren kann und sich nur im Ausnahmefall mit Neuem auseinander setzen muss. Das Denken in Quartalszahlen und Vierteljahresresultaten entspricht ihnen sehr. Im Extremfall sind das die Leute, die argumentieren mit «Das haben wir noch nie so gemacht» oder «Das haben wir schon immer so gemacht».

«Intuitive» dagegen denken schnell, vernetzt, kommen rasch zu Schlussfolgerungen und widmen sich gerne komplexen Projekten, die auch über einen längeren Zeithorizont verfolgt werden können. Sie haben Freude am Neuen, probieren auch gerne immer wieder mal etwas aus – allzu viel und allzu lange vom Gleichen, das mögen sie wenig. Überall, wo Entwicklungen eingeleitet werden, wo geforscht wird oder wo einfach neue Strategien gefragt sind – beispielsweise fürs Marketing oder in der Werbung –, da fühlen sich solchermassen veranlagte Menschen wohl. Der Extremfall ist dann eine «Strohfeuernatur», die stets das Neueste will und doch nie vorwärts kommt, eine Person, die viele Ideen hat und keine nur halbwegs erfolgreich umsetzen kann.

Intuition wird häufig auch mit dem Begriff «Bauchgefühl» umschrieben. Sie kennen das wohl aus eigener Erfahrung: Man spürt genau, was etwas zu bedeuten hat oder wie man sich verhalten sollte, doch geschieht es oft, dass keine «handfesten» Gründe ersichtlich sind oder dass der «Kopf» gar gegenteilig argumentiert. Nicht selten stellt sich hinterher heraus, dass das «Bauchgefühl» durchaus berechtigt war und dass man gut beraten gewesen wäre, darauf zu hören. Damit sind wir beim Entscheiden.

Entscheiden mit kühlem Kopf oder mit warmem Herzen?

Auch in der Weise, wie Entscheidungen gefällt werden, können zwei Hauptgruppen unterschieden werden: Wer über das «Denken» entscheidet, ist analytisch, kühl, nüchtern, rational. Solche Menschen analysieren und ordnen gerne, sie sind sehr konsequent und entscheiden nach rein sachlichen Kriterien. Das kann auch heissen, dass sie zu wenig daran denken, was ein Entscheid an personellen (und damit meist auch finanziellen) Konsequenzen mit sich bringt und dass sie auf ihre Umgebung wenig motivierend und anregend wirken können. Kommen Emotionen ins Spiel, dann fühlen sie sich wie auf Glatteis.

Wer eher über das «Fühlen» entscheidet, nimmt Wünsche und Anliegen wahr, auch die von andern, ist einfühlend, anerkennend, sozial und mit einem guten Fingerspitzengefühl für die Befindlichkeit von andern ausgestattet. Solche Leute können motivieren, wirken mitreissend, sagen allerdings nicht gerne Unangenehmes und sind im Extremfall einfach harmoniesüchtig.

Kurz zusammengefasst ergibt sich folgendes System, welches Sie hier finden.

Oder etwas ausführlicher und in leicht verändert in der Darstellung hier.

Wichtig ist, dass die Bezeichnungen wie «Denken», «Fühlen» usw. als Illustration dafür dienen, wie Personen veranlagt sind. Keinesfalls heisst dies, nur Menschen mit betonter Denkfunktion könnten denken oder nur solche mit betonter Fühlfunktion hätten Gefühle!

Interessant – und für den täglichen Gebrauch aufschlussreich – ist die Tatsache, dass in gewissen Berufen, Unternehmen, Abteilungen oder Arbeitsgruppen meist eine Häufung von bestimmten Typen anzutreffen ist. Als Controller darüber Bescheid wissen heisst, leichter den jeweils passenden Ton zu finden, um von den Leuten das zu bekommen, was man für die eigene Arbeit braucht. Und es heisst auch, dass man sich präziser überlegen kann, welche Argumente und Informationen von einem erwartet werden. Diese Menschenkenntnis erhöht die Fachkompetenz in wesentlichem Masse – obwohl sie nicht direkt messbar ist, also nicht als hard factor gelten kann.

Auch bei Persönlichkeiten brauchts Fleisch und Brot!

Können Sie für sich selbst oder auch für andere Personen herausfinden, zu welcher Gruppe Sie am ehesten gehören? Sehr wahrscheinlich fällt es Ihnen schwer, denn in der Regel wirken jeweils eine Wahrnehmungs- und eine Entscheidungsfunktion zusammen, und zwar so, dass in der Grafik hier jeweils die Kombination mit einer benachbarten Funktion möglich ist.

Es zeigt sich also, dass Wahrnehmung (Intuition oder Sensorik) mit Entscheidung (Denken oder Fühlen) gekoppelt werden, was ja für unser Funktionieren im Alltag leicht nachvollziehbar ist. Darauf wird noch im Zusammenhang mit dem so genannten Z-Profil zurückzukommen sein. Zwei Wahrnehmungsfunktionen oder zwei Entscheidungsfunktionen hingegen sind in diesem Modell nicht möglich. Gegensätze ziehen sich in diesem Falle nicht an.

Vier unterschiedliche Persönlichkeitsprofile

Aufgrund der Kombinationsmöglichkeiten von Wahrnehmung und Entscheidungsfunktion ergeben sich vier ganz unterschiedliche Persönlichkeitsprofile, wobei natürlich in der Praxis unzählige Schattierungen vorzufinden sind.

Ideale Organisatoren: Sensorik und Denken

Die Kombination von Sensorik und Denken macht die Menschen besonders fähig für alles, was mit Organisation zu tun hat: Dank der Sensorik interessieren sie sich vor allem für Konkretes, für Fakten, sie haben ein gutes Flair für Details, überlegen Schritt für Schritt. Das Denken ermöglicht ihnen zu strukturieren und analysieren, sie können Alternativen auswählen und zu sachlich begründeten Entscheidungen kommen, die nüchtern und sachlich bekannt gemacht werden. Das zeigt diese Abbildung hier.

Unternehmerische Architekten: Denken und Intuition

Die oben beschriebenen idealen Organisatoren neigen dazu, vor allem nähere Zeithorizonte zu berücksichtigen. Ganz anders sieht es aus, wenn Denken und Intuition zusammenspielen. Die Intuition wirkt vor allem bei der Interpretation von Daten, beim Erkennen von Zusammenhängen und auch von möglichen Lösungsansätzen. Es wird weitsichtiges und vernetztes Vorgehen gewährleistet; das sind die Menschen, die Visionen entwickeln können und Vorstellungen haben, wohin das Unternehmen geführt werden soll. Dass sie realistisch bleiben und umsetzbar sind, dafür bietet die Denkfunktion Gewähr. Hier finden Sie die passende Abbildung dazu.

Kollegiale Katalysatoren: Intuition und Fühlen

Wie oben beschrieben, wirkt die Intuition vor allem bei der Interpretation von Daten, beim Erkennen von Zusammenhängen und auch von möglichen Lösungsansätzen. Dank der Fühlfunktion werden die Auswirkungen auf das soziale Umfeld mit berücksichtigt, das heisst, solchen Menschen ist es möglich, Machbarkeit und Akzeptanz zu überprüfen sowie Entscheide so zu präsentieren, dass sie von andern mitgetragen werden, dass sie je nach dem auch besonders motiviert werden. Aufgrund der stark wirkenden Intuition kann dies durchaus spontan und aus der aktuellen Situation heraus geschehen. Hier finden Sie die passende Abbildung.

Verhandler und Troubleshooter: Fühlen und Sensorik

Wirkt die Sensorik mit dem Fühlen zusammen, dann kommt eine ansehnliche Portion geschicktes Taktieren ins Spiel. Machbarkeit und Akzeptanz werden überprüft, es können aber dank der Sensorik auch klare Fakten aufgezeigt werden und in strategischen Überlegungen Vor- und Nachteile von unterschiedlichen Vorgehensweisen abwägen und je nach Gesprächsverlauf ins Spiel bringen. Hier finden Sie die passende Abbildung.

Jedes der vier Profile weist spezifische Stärken aus, aber keines dieser vier ist allein genügend für die vielfältigen Ansprüche, die in der heutigen Berufswelt an uns alle gestellt werden. Ausgesprochen nützlich ist es, wenn man über das eigene «Strickmuster» und die damit verbundenen Stärken Bescheid weiss. Das ermöglicht es einem auch, selbstverständlich mit andern Personen in Kontakt zu treten, die über ergänzende Fähigkeiten verfügen. Der Weg dazu ist relativ einfach, es gibt verschiedene Testverfahren, um das mit wenig Aufwand abzuklären.

Wo stehen die Controller in diesem System?

«Controller gestalten und begleiten den Management-Prozess der Zielfindung, Planung und Steuerung und tragen damit Mitverantwortung für die Zielerreichung.» Das eingangs erwähnte Zitat von Münzel/Jenny wird präzisiert.

«Das heisst:

  • Controller sorgen für Strategie-, Ergebnis-, Finanz-, Prozesstransparenz und tragen somit zu höherer Wirtschaftlichkeit bei.
  • Controller koordinieren Teilziele und Teilpläne ganzheitlich und organisieren unternehmensübergreifend das zukunftsorientierte Berichtswesen.
  • Controller moderieren und gestalten den Management-Prozess der Zielfindung, der Planung und der Steuerung so, dass jeder Entscheidungsträger zielorientiert handeln kann.
  • Controller leisten den dazu erforderlichen Service der betriebswirtschaftlichen Daten- und Informationsversorgung.
  • Controller gestalten und pflegen die Controllingsysteme.»

Vergleichen wir diese Umschreibungen mit den vorhin ausgeführten Persönlichkeitsprofilen!

«Controller sorgen für Strategie-, Ergebnis-, Finanz-, Prozesstransparenz und tragen somit zu höherer Wirtschaftlichkeit bei.» Um diese Anforderung erfüllen zu können, sind Faktenbezogenheit und das Flair für Einzelheiten ebenso gefragt wie die Fähigkeit zu strukturieren und zu analysieren. Damit die erforderlichen Informationen eingeholt werden können, ist eine tüchtige Portion Verhandlungsgeschick nützlich. Aspekte des «Organisators» (für die harten Fakten) und des «Verhandlers» (für die weichen Faktoren) sind also gefragt.

«Controller koordinieren Teilziele und Teilpläne ganzheitlich und organisieren Unternehmensübergreifend das zukunftsorientierte Berichtswesen.» Auch hier kommen Fähigkeiten des Organisators (Fakten) besonders zum Zuge, daneben ist auch der Blick für die nähere und fernere Zukunft gefragt – «unternehmerische Architekten» gewähren Offenheit und Weitblick, die zu den soft factors gehören.

«Controller moderieren und gestalten den Management-Prozess der Zielfindung, der Planung und der Steuerung so, dass jeder Entscheidungsträger zielorientiert handeln kann.» Für die Moderation sind fraglos die besonderen Fähigkeiten des «Katalysators» sowie des «Verhandlers» von besonderem Nutzen; die Gestaltung des Zielfindungsprozesses spricht die Talente des «unternehmerischen Architekten» an – bei diesen Aufgaben spielen die weichen Faktoren eine wesentliche Rolle.

«Controller leisten den dazu erforderlichen Service der betriebswirtschaftlichen Daten- und Informationsversorgung.» Es geht um die Versorgung mit Daten und Informationen. Anderen sollen damit Arbeitsgrundlagen zur Verfügung gestellt werden. Der Aspekt «Daten und Informationen» gehört in den Bereich der harten Fakten und spricht besonders «Organisatoren» an, der Aspekt der «Versorgung» jedoch erfordert Fähigkeiten des «Kollegialen Katalysators» ebenso wie jene des «Verhandlers». Auch unter diesem Aspekt der Controllertätigkeit spielen harte und weiche Faktoren eine wesentliche Rolle.

Die Aufzählung schliesst mit der Umschreibung: «Controller gestalten und pflegen die Controllingsysteme.» Das ist ziemlich umfassend und kann – nicht zuletzt auf dem Hintergrund der bisherigen Überlegungen – eigentlich nur dann vollumfänglich gewährleistet werden, wenn alle vier Persönlichkeitsprofile zum Zuge kommen.

Controller und die Philosophie vom Sandwich

Es zeigt sich, dass Controller auch aus psychologischer Sicht eine ausgesprochen vielseitige und anspruchsvolle Tätigkeit ausüben. Der Aufgabenbereich des Controllings erfordert ganz unterschiedliche Fähigkeiten und ganz besonders auch den Sinn dafür, dass nicht alle Menschen «gleich ticken». Allein das Wissen darum weitet den Blick und die Palette der Handlungsmöglichkeiten.

Dass die Möglichkeiten von Wahrnehmung und Entscheidung ganz unterschiedlich kombiniert sein können und dass die verschiedenen Persönlichkeitsaspekte daher unterschiedlich ausgeprägt sind, das entlastet die einzelne Controllerin und den einzelnen Controller auch ein Stück weit. Es kann nicht darum gehen, überall gleich gut zu sein. Es geht darum, die eigenen Stärken zu kennen und sie richtig einzusetzen, und es geht auch darum, die andern Sicht- und Handlungsweisen zu kennen und im Bedarfsfall beizuziehen. Im Zusammenspiel der verschiedenen Persönlichkeiten kann ein ausgesprochen umsichtig und effizient agierendes Controlling-Team aufgebaut werden.

Und was ist mit den Gegensätzen?

Gegensätze können ausgesprochen bereichernd sein, sowohl in persönlicher Hinsicht als auch in Bezug auf die Tätigkeit im Unternehmen. Das sagt sich leicht, doch kann dies unter Umständen recht schwierig werden. Ein produktiver Umgang mit Unterschieden oder gar Gegensätzen setzt den guten Willen aller Beteiligten voraus.

Betrachten wir nochmals das Modell im Abschnitt «Entscheiden mit kühlem Kopf oder mit warmem Herzen?». Die in der Diagonalen liegenden Funktionen sind Gegensätze und können die Kommunikation erheblich erschweren, wenn zwei Personen miteinander zu tun haben, die eher einseitig agieren. «Sensoriker» etikettieren «Intuitive» beispielsweise als Chaoten, als unordentlich und unstrukturiert, während sie selbst umgekehrt als sture Bürokraten erlebt werden. «Denker» werfen «Fühlern» vor, sie seien emotionale Softies, wohingegen «Fühler» die «Denker» als kalte Prinzipienreiter titulieren.

Aber wie heisst es im Lied über das Sandwich? «Ersch wennt mit Flejisch dis Brot belejisch, bichunnsch äs Sändwitsch, ejis mit Flejisch». Es ist also wesentlich, dass die Gegensätze als Ergänzung und nicht als lästige Störenfriede verstanden werden. Gerade Controller haben hier die Möglichkeit, vermittelnd zu wirken und so die Kompetenzen zu bündeln und zu konstruktivem Miteinander hinzuführen. Das Brot mit Fleisch belegen, um ein Sandwich zu erhalten, und zwar ein Fleischsandwich.

In manchen Fällen kann es nützlich sein, sich von einem Coach mit dem entsprechenden Wissenshintergrund begleiten zu lassen, um die eigenen Handlungsmöglichkeiten zu erweitern und zielgerichtet einzusetzen.

Riskmanagement und die Wirkung von weichen Faktoren

Besonders gefragt sind Controller im Riskmanagement. Sie sind es, die umfassende Abklärungen treffen und die Grundlagen für die Entscheidungsträger aufbereiten.

Es müssen Informationen gesammelt und analysiert werden, die Daten müssen interpretiert und Zusammenhänge erkannt werden, meist bieten sich verschiedene Möglichkeiten des Vorgehens an, aber man muss eine favorisieren und deren Machbarkeit und Akzeptanz evaluieren.

Dieser Prozess kann als so genanntes Z-Modell dargestellt werden.

Vergleichen wir dieses Modell mit den Möglichkeiten von Wahrnehmen und Entscheiden, so ergibt sich folgendes Bild hier.

Wiederum ergibt sich, dass bei einem sorgfältig durchgeführten Riskmanagement alle vier Aspekte mitwirken. Es ist essenziell, dass alle vier Sichtweisen ausreichend berücksichtigt werden, damit verantwortungsvoll und zukunftsweisend agiert und nicht einfach auf aktuelle Gegebenheiten reagiert werden kann. Illustrationen für geglückte oder eben missglückte Entscheidungsprozesse bietet die Wirtschaft zuhauf, sei es bei ganz kleinen Unternehmen oder sei es bei Weltkonzernen. Abgesehen davon ist auch ein Seitenblick auf das politische Geschehen unter dem Aspekt des einseitigen oder des aufgeschlossenen Blickes aufschlussreich.

Das Immaterielle der weichen Faktoren und das Persönlichkeitsprofil

Kommen wir kurz auf die eingangs aufgelistete Gruppierung der immateriellen Faktoren zurück und überprüfen wir, inwiefern das psychologische Persönlichkeitsprofil mit hineinwirkt.

  • Besitzverhältnisse: Die Absichten und Ziele der Besitzenden haben wesentlichen Einfluss auf Bewertungen und Entscheide.

  • Management: Personelle Zusammensetzung, die Art und der Stil der Kommunikation untereinander, Anlage und Ausprägung der spezifischen Kompetenzen sowie die persönlichen Karrierepläne und Zielsetzungen sind zentral.

  • Produkt: Damit ein Produkt oder eine Dienstleistung mit Erfolg vermarktet werden kann, muss es auf die Bedürfnisse des anvisierten Kundenkreises zugeschnitten sein und so bekannt gemacht werden, dass die Leute sich dafür interessieren. Menschenkenntnis ist also gefragt, auch psychologische Gesetzmässigkeiten.

  • Marketing: Neben den vorhin erwähnten Aspekten spielt auch die Beobachtung des Marktes und der Konkurrenten eine Rolle, wobei es ausgesprochen wichtig ist, deren Handlungsweisen und Reaktionen richtig einzuschätzen.

  • Produktion und Logistik: Zur rechten Zeit am rechten Ort, und zwar in der richtigen Qualität und im bestellten Umfang – damit das möglich ist, sind so altmodische Eigenschaften wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Einsatzbereitschaft und Motivation zentral.

  • Systeme: Damit sind beispielsweise IT, Personalwesen, Rechtsdienste gemeint. Der Umgang mit Daten, die zu Oberflächlichkeit verleitende Einfachheit vieler Abläufe, die mit dem Computer erledigt werden, das sind Elemente, die unterdessen zu einem gravierenden Problem werden können, sofern die «Menschen hinter dem Computer» nicht motiviert sind, genügend Sorgfalt und Aufmerksamkeit aufzuwenden. Und das wiederum hängt essenziell davon ab, wie sehr sie sich als Persönlichkeit wahrgenommen fühlen, wie motiviert sie sind und wie gross die Bereitschaft ist, sich mit den Interessen des Unternehmens zu identifizieren. Im negativen Extremfall kann da eigentliche Sabotage betrieben werden.

  • Umfeld: Die äusseren Rahmenbedingungen werden ebenfalls zu einem grossen Teil von den immateriellen Faktoren bestimmt. Die Einschätzung eines Unternehmens in den Augen der Analysten entscheidet über den Kurswert und damit über den Wert des Unternehmens. Obwohl diese Leute sich Analysten nennen, sind sie in besonderem Masse von soft factors beeinflusst.

Fazit

Um nochmals Mani Matter zu Wort kommen zu lassen: «Erscht wenn’t mit Flejisch dis Brot belejisch, erscht wenn’t mit Brot dis Flejisch umgeisch, brchunnsch äs Sändwitsch, ejis mit Flejisch. Lue, dass du dämm gäng Rächnig trejisch!»

Ob es in unser Weltbild passt oder nicht, es kann nicht ignoriert werden, dass die immateriellen Faktoren neben all den harten Gegebenheiten eine wesentliche Rolle spielen. Controller bewegen sich im Feld verschiedener Ansprüche. Kennen sie die verschiedenen Anlagen und Sichtweisen ihrer Kontaktpersonen, dann können sie geschickter und effizienter agieren. Das nützt sowohl ihnen selbst als auch allen Beteiligten und kommt damit dem Gedeihen des Unternehmens zugute.

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