Nachhaltigkeit: So integrieren Sie die Nachhaltigkeit in die Unternehmenssteuerung

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Integration der Nachhaltigkeit in das Controlling
Idealtypisch erfolgt die Steuerung der Nachhaltigkeit integriert in der Unternehmenssteuerung, also dem Controlling. Wirtschaftliche, ökologische und soziale Ziele werden gemeinsam geplant, zumal sie sich gegenseitig beeinflussen. Für die Einbindung der Nachhaltigkeit in das Controlling sprechen folgende Gründe:
- Die Verantwortung für die Steuerung liegt in einer Hand.
- Der Bedarf an bereichsübergreifenden Abstimmungsprozessen wird begrenzt.
- Nachhaltigkeit ist in die etablierten Regelprozesse eingebunden: Zielbildung, strategische und operative Planung, Berichtswesen, Informationsmanagement.
- Nutzung der Controller-Kompetenzen in der Steuerung, der Informationssysteme und dem Reporting
Beschränkt sich die Nachhaltigkeit auf die Erfüllung rechtlicher Anforderungen, bedarf es auch keiner Integration in der Unternehmenssteuerung.
Bedarf an Nachhaltigkeitsexperten
Beim Start in die Nachhaltigkeit wird oftmals eine Stabsstelle oder ein Team eingerichtet, um die Nachhaltigkeitskompetenz zu bündeln. So erfordert beispielsweise die Erfüllung der Berichterstattungspflichten für die Nachhaltigkeit weitreichende Kenntnisse, die in vielen Unternehmen noch unzureichend vorhanden sind. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung kommt in einer Studie etwa zur Erkenntnis, dass sowohl grosse als auch mittelständische Unternehmen zunehmend Schwierigkeiten haben, die gestiegenen Berichtsanforderungen zu erfüllen.
Hinweis: Je stärker die Nachhaltigkeit im Unternehmen etabliert ist, desto enger ist diese Funktion in das Controlling einzubinden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass über die Stabsstelle Parallelprozesse zur Unternehmenssteuerung errichtet werden.
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Herausforderungen für das Controlling
Ein öfters beobachtetes Missverständnis beruht darauf, Nachhaltigkeit als eine weitere Controllingfunktion zu sehen, wie etwa das Vertriebs- oder Beschaffungscontrolling. Nachhaltigkeit ist als Querschnittsfunktion in sämtlichen betrieblichen Funktionen relevant und daher genauso übergreifend zu steuern wie die Wirtschaftlichkeit.
Für Controller ergeben sich hieraus verschiedene Herausforderungen:
- Die rechnungswesenbasierte Planung und Steuerung lässt sich nicht auf ökologische und soziale Ziele anwenden. Für diese liegen keine vergleichbaren, einheitlich systematisierten Standards vor. Hinzu kommt, dass sich ökologische und soziale Daten nicht nur auf das Unternehmen, sondern auch auf die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette beziehen.
- Ökonomische Ziele werden in Form von Renditen oder einem Gewinn durch die Gesellschafter vorgegeben. Die Zielerreichung ist somit genau definiert. Bei Nachhaltigkeitszielen gibt es, abgesehen von den Science Based Targets zur Reduktion der Treibhausgasemissionen und von gesetzlichen Vorgaben nur unzureichend spezifizierte Erwartungen. Es werden zwar Verbesserungen angestrebt, wann ein Ergebnis aber tatsächlich gut ist, bleibt oft ungewiss.
- Zielkonflikte zwischen den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit lassen sich teils nicht sachlich, sondern nur normativ klären. So kann ein Produkt aus ökologischen Gründen bedenklich, zur Sicherung von Arbeitsplätzen und der Rendite aber wünschenswert sein.
- Was extern berichtet wird, muss auch intern gesteuert werden. Die extern berichteten Kennzahlen sind daher in das interne Steuerungssystem zu integrieren. Nachhaltigkeit gelangt somit näher an die betrieblichen Kernprozesse und wird zu einem relevanten Kriterium für unternehmerische Entscheidungen. Nachhaltigkeitsziele müssen damit gemeinsam mit den Finanzzielen geplant und gesteuert werden.
- Im Controlling wird überwiegend in Geldeinheiten gerechnet. Somit lassen sich Erträge und Kosten miteinander verrechnen. Bei ökologischen und sozialen Themen ist dies zumeist nicht möglich, da sie auf verschiedenen Masseinheiten basieren. Erfolge und Schäden lassen sich nicht aufrechnen. Die Ermittlung einer einzelnen Spitzenkennzahl, die den Erfolg des gesamten Unternehmens verdeutlicht, ist bei Einbezug der Nachhaltigkeit nicht möglich.
- Zur Steuerung der Nachhaltigkeit sind ökologische und soziale Grundkenntnisse notwendig, um Ziele und Massnahmen zu bewerten. In der Ausbildung der Controller spielen diese bis heute zumeist noch keine Rolle und liegen dementsprechend oft unzureichend vor.
- Nachhaltigkeitsdaten werden vorwiegend themenspezifisch gesammelt, sie sind wenig standardisiert und werden selten automatisiert beschafft. Dabei steigen die Qualitätsanforderungen, da sie durch die zunehmende Integration in den Geschäftsbericht prüfungssicher sein müssen. Insellösungen für Nachhaltigkeitsdaten und die Datenspeicherung in Excel-Dateien reichen hierfür nicht aus. Voraussetzung dafür sind die Überwindung von Datensilos und die Integration in die bestehenden Finanz-IT-Systeme.
Nimmt das Controlling die Herausforderungen nicht an, und verbleibt es in der Rolle des betriebswirtschaftlichen Spezialisten, verliert es an Bedeutung. Managemententscheidungen sind nicht nur an wirtschaftlichen Kriterien auszurichten, sondern es sind auch ökologische und soziale Anforderungen zu erfüllen. Hierfür müssen dem Management sämtliche entscheidungsrelevanten Informationen empfängerorientiert vorliegen.
Chief Sustainability Officer
Zur Bündelung von Nachhaltigkeitsaktivitäten auf der obersten Unternehmensebene findet man zunehmend auch die Rolle eines Chief Sustainability Officers (CSO). Diese Rolle wird eingesetzt, um das Engagement für die Nachhaltigkeit zu initiieren, zu steigern oder um die vielfältigen Nachhaltigkeitsaktivitäten im Unternehmen zu koordinieren. Traditionell ist es die Aufgabe des Controllings, Ziele und Pläne zu koordinieren. Wird die Steuerung der Nachhaltigkeit nicht im Controlling integriert, leidet die Koordination zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen Massnahmen. Zumeist dürfte es sinnvoller sein, die Nachhaltigkeit in die etablierte Unternehmenssteuerung zu integrieren, als eine zusätzliche Stelle auf Geschäftsleitungsebene hiermit zu betrauen. Die Einrichtung eines CSO ist aber auch als Signal an die Gesellschafter und Stakeholder zu werten, dass die Nachhaltigkeit im Unternehmen eine bedeutsame Rolle spielt.
Eine US-amerikanische Studie aus dem Jahr 2018 zeigt, dass die Einrichtung eines CSO die Nachhaltigkeitsleistungen eines Unternehmens nur unter bestimmten Voraussetzungen steigern kann. Unternehmen mit bisher geringem nachhaltigem Engagement ist es auch mit einem CSO nicht gelungen, die Nachhaltigkeit signifikant zu stärken. Die Hoffnung, hiermit die nachhaltige Transformation zu initiieren, wird oftmals enttäuscht. Bereits nachhaltige Unternehmen konnten ihre Leistung nach Bestellung des CSO hingegen deutlich steigern.
Fazit
Die Anforderungen zur nachhaltigen Steuerung von Unternehmen steigen zusehends. Für das Controlling erfordert dies eine Weiterentwicklung und den Aufbau notwendiger Kompetenzen. Entscheidend sind eine enge Kooperation zwischen dem Controlling und den Nachhaltigkeitsexperten und die Sicherstellung des Know-hows zur Berichterstattung, zur Steuerung der Nachhaltigkeitsrisiken und zur internen Beratung.