Desinvestitionen: Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen aus Sicht des Controllings

Innerhalb eines einzelnen Unternehmens sieht sich neben dem Management vor allem das Controlling der Herausforderung gegenüber, unter Zeitdruck geeignete Konzepte und Massnahmen zu entwickeln, um die Existenz des Unternehmens in der Krise zu sichern. Nicht ohne Grund werden daher zurzeit vor allem Desinvestitionsüberlegungen angestellt, um angesichts akuter Ertrags- bzw. Umsatzrückgänge das wirtschaftliche Überleben zu sichern.

22.11.2022 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
Desinvestitionen

Hintergrund

Die Auswirkungen der Finanzmarktkrise zeigen aus makroökonomischer Perspektive allzu deutlich, wie sich die Probleme des Finanzsektors angesichts von Wechselbeziehungen und Abhängigkeiten zwischen Finanz- und Realwirtschaft auch auf die Sektoren Industrie, Handel und Dienstleistungen überwälzen. Derzeit vergeht kaum ein Tag, an dem nicht in den Medien über sichtbare Anzeichen einer Rezession berichtet wird, die sich auf der mikroökonomischen Ebene, d.h. bei den betroffenen Unternehmen, beispielsweise durch einen Nachfrage- bzw. Auftragsrückgang, steigende Lagerbestände, Kurzarbeit, Produktionsunterbrechungen, Betriebsstilllegungen sowie sinkende Börsenkurse zeigen. Während es zunächst nur einzelne zyklische Branchen wie z.B. die internationale Automobilindustrie waren, deren Grosskonzerne sich infolge eines massiven Absatzeinbruchs sogar um staatliche Hilfen bemühten, hat sich der Kreis der von der aktuellen Krise unmittelbar oder mittelbar betroffenen Branchen und Betriebsgrössen immer mehr erweitert. So sind es längst nicht mehr nur die multinationalen Unternehmen, sondern ebenso kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die sich einem hohen Anpassungsdruck in der aktuellen Krise gegenübersehen.

Es soll aber nicht der Eindruck entstehen, Desinvestitionen seien zwangsläufig in einem Zusammenhang mit Unternehmenskrisen zu sehen. So ist denn auch die Umkehrung einer vorherigen Investition im Sinne eines Rückzugs nicht automatisch auch als Niederlage zu werten, sondern kann ebenso als eine Möglichkeit der Kräftekonzentration und Fokussierung gesehen werden.

Während in der betriebswirtschaftlichen Theorie noch immer keine Einigkeit über den Controllingbegriff und seine Inhalte besteht, hat man im deutschsprachigen Sprachraum in der Controllingpraxis längst eine schlüssige Definition für Controlling gefunden. Hiernach versteht man Controlling aus praxisnaher Sicht als eine Disziplin, welche den Managementprozess der Zielfindung, Planung und Steuerung gestaltet und begleitet, nicht ohne mitverantwortlich für die Zielerreichung der Organisation zu sein (International Group of Controlling, 2002). Die Entscheidung über Desinvestitionen und ihre Auswirkungen sind somit immer auch im Relevanzbereich des Controllings einzuordnen, wobei sie zum einen geeignet sein können, das langfristige Überleben eines Unternehmens auf Basis seiner Ressourcenausstattung im Wettbewerb zu sichern, und daher strategisch relevant sind. Zum anderen sind Desinvestitionsentscheidungen häufig auch im Zusammenhang mit der Umsetzung von Strategien zu sehen, und als deren konsequente Weiterentwicklung determinieren und limitieren sie für Funktionsbereiche und Stellen in der Organisation die kurz- bis mittelfristige Ressourcensituation.

Im vorliegenden Beitrag sollen daher die Gestaltungsmöglichkeiten und Grenzen des Controllings in Zusammenhang mit ausgewählten Desinvestitionsentscheidungen dargelegt werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Analyse und Bewertung der Möglichkeiten und Wirkungen, aber auch der Grenzen von Desinvestitionen aus Sicht des Controllings.

Begriff und Abgrenzung der Desinvestition

Definitionen des Begriffs Desinvestition finden sich in vielfältiger Form, wobei allerdings in Abhängigkeit von der jeweiligen Perspektive sowohl ein weites oder auch ein sehr enges Begriffsverständnis formuliert wird. So finden sich Definitionen der Desinvestition im weiteren Sinne vor allem in der Literatur zur Investition, in denen der Begriff Desinvestition als Umkehrung des Investitionsvorgangs verstanden wird und insofern einen Zufluss von finanziellen Mitteln bzw. eine Freisetzung von Kapital bewirkt, sodass sich eine bedeutende Finanzierungsquelle für das Unternehmen ergeben kann (Schierenbeck, 2003, S. 328). Hierzu unterscheidet man zusätzlich zwischen einmaligen und laufenden Desinvestitionen, da erstere die Veräusserung oder Aufgabe von Realgütern bedeuten und in der Regel zu Einnahmen führen, aber ebenso zusätzliche Ausgaben, z.B. in Form von Beseitigungskosten für den Fall der Stilllegung von Produktionsmitteln, verursachen können (Eilenberger, 2002, S. 135).

Weit gefassten Definitionen lassen sich somit alle Veräusserungen von Objekten des Anlagevermögens an Dritte zuordnen, die somit immaterielle Vermögensgegenstände, Sachanlagen und Finanzanlagen betreffen können. Deren Wirkung umfasst dabei nicht selten auch das Humankapital des Unternehmens, da beispielsweise durch die Veräusserung von Betriebsteilen oder Beteiligungen auch Personalfreisetzungen bedingt sind.

Es fällt weiterhin auf, dass das Phänomen der Desinvestition bisher intensiv im Kontext der strategischen Unternehmensführung bzw. Beteiligungs- und Portfoliosteuerung behandelt wurde. Hierbei ist das Begriffsverständnis im Vergleich eher eng und zweckbezogen, wie sich bei Jansen zeigt, welcher die Desinvestition als “…eine vollständige oder bedeutende Reduzierung des wirtschaftlichen Eigentumsanteils an einem aktiven Betrieb oder einer aktiven Tochtergesellschaft, die sich im Mehrheitsbesitz der Unternehmung befindet und keine Finanzinvestition darstellt, durch den Verkauf an eine nicht verbundene Unternehmung” definiert (Jansen, 1986, S. 32).

In diesem vorliegenden Beitrag wird ein weites Begriffsverständnis von Desinvestitionen zugrunde gelegt, die in Abhängigkeit von ihrem quantitativen Umfang sich auf das Zielsystem, die Struktur, Strategie und den Erfolg einer Organisation auswirken können, wodurch sich zugleich eine Relevanz für das Controlling ergibt.

Spannungsfelder von Desinvestitionen aus Sicht des Controlling

Nicht nur in Zeiten wie der aktuellen Finanzmarktkrise müssen sich Unternehmen flexibel und schnell auf die dynamischen Rahmenbedingungen in der Unternehmensumwelt einstellen. Manager und Controller haben sich daher bei ihrer Entscheidungsfindung einem erheblichen Anpassungsdruck zu stellen. Hieraus folgen teils einschneidende Anpassungsprozesse, die ihrerseits regelmässig mit Desinvestitionsentscheidungen verbunden sind, welche die Voraussetzungen für das langfristige Überleben des Unternehmens bzw. für die Verbesserung der Wettbewerbssituation des Unternehmens darstellen.

Vor allem Änderungen der Unternehmensstrukturen stellen angesichts einer zunehmenden Marktsättigung bei gleichzeitig hohem Lohn- und Gehaltsniveau in den westlichen Industrienationen ein viel beachtetes betriebswirtschaftliches Gegenwartsphänomen dar. Hierbei stehen Management und Controlling vor der ständigen Herausforderung, betriebliche Entscheidungen zur Anpassung von Kapazitäten und Ressourcen zu erarbeiten, bei denen Erfahrungen aus der Vergangenheit ebenso wie die zukünftigen, unsicheren Anforderungen mit in Betracht zu ziehen sind.

Wenn auch Desinvestitionen häufiger im Kontext von Restrukturierungen und Konsolidierungsphasen in Erscheinung treten, so haben Desinvestitionsentscheidungen in der Unternehmenspraxis sowohl eine strategische wie auch eine operative Relevanz. Dies lässt sich am Beispiel des Themenfelds Outsourcing eindrucksvoll beobachten, denn eine Entscheidung zur Auslagerung von betrieblichen Bereichen bzw. Aktivitäten kann zum einen als Ressourcenabbau unter dem Aspekt der Kosteneinsparung betrachtet werden, mit dem ein Ausgleich operativer oder sogar akuter Risiken angestrebt wird. Andererseits handelt es sich auch um eine strategische Anpassungsentscheidung mit langfristiger Entscheidungsreichweite und Auswirkung auf die Erfolgspotenziale des Unternehmens. In der Schweiz war Outsourcing in der jüngsten Vergangenheit vor allem ein Thema für die Finanzdienstleistungsbranche. So investierten nach einer Studie der Active Sourcing AG Schweizer Banken und Versicherungen in 2006 mit 84 Prozent (gemessen am Gesamtwert aller Outsourcing-Verträge) vor allem in IT Outsourcing, während gesamthaft eher ein rückläufiger Trend beobachtet wurde (Regniet, 2007, S. 21f.).

Desinvestition durch “sale and lease back”

Die Desinvestition im Bereich des Sachanlagevermögens stellt häufig eine Umschichtung von materiellen, nicht-finanziellen Vermögenswerten des Anlage- und/oder Umlaufvermögens in liquide Mittel bzw. Liquiditätsreserven dar, wobei sich die Höhe der Liquiditätsreserven nach den sonstigen Möglichkeiten der Liquiditätssicherung ausrichten sollte. Allerdings wird der Verkauf von Vermögenswerten des Anlage- und Umlaufvermögens nicht selten als schwierig angesehen, weshalb deren Veräusserung auch als Indikator für die Notlage eines Unternehmens interpretiert wird, das diese vornehmlich zum Zwecke der Innenfinanzierung betreibt (Olfert/Reichel, 2008, S. 402).

Vor allem im Zusammenhang mit der Veräusserung von gebrauchten mobilen Werten des Anlagevermögens gilt dies allerdings nicht, denn unter dem Begriff des “sale and lease back” besteht für die Unternehmen eine attraktive, da bankenunabhängige Finanzierungsform, die losgelöst von Rating- und Bonitätskriterien eine attraktive Option zur Verbesserung der eigenen Liquidität darstellt.

Dabei verkauft ein Unternehmen einen Vermögenswert seines Sachanlagevermögens an eine Leasinggesellschaft, die danach denselben Vermögenswert dem Verkäufer im Rahmen eines vertraglichen Leasingverhältnisses wieder zur Nutzung zur Verfügung stellt. Damit ist der klare Vorteil für das verkaufende Unternehmen verbunden, die Nutzung des zuvor im eigenen Besitz befindlichen Vermögenswertes fortzusetzen, ohne sich vom entsprechenden Anlagegegenstand trennen zu müssen.

So kommt es durch den Verkauf und das anschliessende Leasing eines Anlagevermögenswertes regelmässig zu einer Freisetzung von bereits gebundenem Vermögen und, sofern der Buchwert des Gegenstandes kleiner ist als der im Rahmen der Veräusserung erzielte Preis, auch zu einer Auflösung damit verbundener stiller Reserven.

Im Ergebnis führt ein “sale and lease back” im ersten Schritt zu einer besseren Liquiditätssituation, kann allerdings im zweiten Schritt auch zu einer besseren Ratingbeurteilung führen und so dem Unternehmen bislang verwehrte Finanzierungsoptionen wieder eröffnen.

Vor allem aktuelle Finanzmarktkrise mit ihren Auswirkungen auf die Liquiditätssituation der Banken und der damit zusammenhängenden Finanzierungssituation von Unternehmen führt zu einer vergleichsweise hohen Bedeutung dieser Form der Desinvestition. Allerdings ist das “sale and lease back” in der Schweiz aus eigentumsrechtlichen Gründen lediglich beim Immobilienleasing von Bedeutung, während es in anderen Ländern auch bei den übrigen Vermögenswerten des Sachanlagevermögens, wie z.B. Maschinen, vorkommt (Credit Suisse, 2006, S. 19).

Desinvestition im Bereich des Leistungserstellungsprozesses

Im Rahmen der betrieblichen Leistungserstellung bildet die Desinvestition eine attraktive Option, wenn es das Ziel ist, eine quantitative Kapazitätsanpassung vorzunehmen. Vor allem in Krisenzeiten werden vorherige Wachstumsinvestitionen kritischer betrachtet, wenn diese nur noch stagnierende Entwicklungsperspektiven besitzen. Kommt es nach deren Prüfung und Bewertung im Management zur Entscheidung über einen Marktaustritt bzw. rückzug, so ist damit stets auch eine Desinvestition verbunden, da es zur Umlenkung vormals gebundener Ressourcen in einen anderen Verwendungsbereich kommt. In der Praxis sind insbesondere remanente Fixkosten von Bedeutung. Hierunter versteht man solche Fixkosten, die in ihrer Höhe zwar kurzfristig veränderbar sind, allerdings bei rückläufiger Beschäftigung jedoch nicht so angepasst werden können, wie es ursprünglich angenommen wurde. So kann z.B. eine Detailhandelskette ihre Fixkosten durch die Schliessung von Filialen nicht im gewünschten Umfang reduzieren, weil durch vertragliche Bindungen eine Trennung vom Verkaufspersonal, eine Rückgabe von gemieteten Räumen oder Ladeneinrichtungen nur mit zeitlicher Verzögerung realisiert werden kann und somit erst mit zeitlicher Verzögerung zu einer gewünschten kostenmässigen Entlastung führt.

Ein in Theorie und Praxis bestens bekanntes Bespiel für die Desinvestition im Bereich der betrieblichen Leistungserstellung ist die Entscheidung über Outsourcing bzw. Eigenfertigung oder Fremdbezug (“make or buy”). Diese verdeutlicht, dass mit einer Desinvestition oft auch Motive zur Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen verbunden sind. In einem solchen Fall kann eine Desinvestition nicht lediglich gebundenes Kapital freisetzen, sondern zusätzlich für eine bessere strategische Fokussierung von knappen Ressourcen sorgen. Die Konsequenz hieraus ist eine Reduzierung der Produktions- und/oder Dienstleistungstiefe, die nicht nur unter Kostenaspekten, sondern ebenso aus strategischer Perspektive beurteilt werden muss, da es sich zumeist um eine langfristige, komplexe und irreversible Entscheidung handelt, die daher mit einem hohen Mass an Sorgfalt und Weitsicht geplant werden muss.

Das folgende Zahlenbeispiel soll aufzeigen, wie eine Outsourcing-Entscheidung anhand von Kostenrechnungsinformationen vorbereitet wird:

Ein Hersteller von Verpackungen hat den Bereich Ausgangslogistik bisher selbst verantwortet und steht durch eine akute Ertragskrise unter dem Druck nach Kosteneinsparpotenzialen zu suchen. Die folgende Situation ist gegeben:

Im Bereich Ausgangslogistik werden jährlich 20 000 Tonnen Verpackungen abgefertigt und mittels Lkw zu den Kunden transportiert. Hierfür fallen jährlich folgende Kosten an:

 

Ist-Kosten
Ausgangslogistik für 20 000 Tonnen
Verp.
(CHF)

Kosten
je Tonne
Verp. (CHF)

Löhne
Lohnnebenkosten
Treibstoffkosten
Wartungs- u. Instandhaltungskosten
Total variable Kosten

452 000
86 000
20 400
9 200
567 600

22.60
4.30
1.02
0.46
28.38

Gehälter
Gehaltsnebenkosten
Abschreibungen
Kosten durch Handlingschäden
Sonstige fixe Kosten
Fixe Kosten

145 000
38 000
10 000
8 600
5 400
207 000

7.25
1.90
0.50
0.43
0.27
10.35

“Total Gesamtkosten”

774 600

38.73

Die genannten Kosten werden mittelfristig als nahezu unveränderlich angesehen, falls das Unternehmen den Bereich Ausgangslogistik weiterhin in Eigenregie führen will, da Rationalisierungen bereits in der Vergangenheit durchgeführt worden sind. Ein externer Logistikdienstleister bietet für die Abwicklung des Volumens von 20 000 Tonnen pro Jahr einen Preis von CHF 35 pro Tonne an und gibt eine Preisgarantie für drei Jahre. Im Falle eines Outsourcings des Bereichs Ausgangslogistik würden die Lohnkosten, die Lohnnebenkosten sowie die Wartungs- und Instandhaltungskosten für die Stapler wegfallen. Bei den fixen Kosten liessen sich die Gehälter und Gehaltsnebenkosten kurz- bis mittelfristig im Umfang von 80% sowie die Kosten durch Handlingschäden im Umfang von 100% jährlich verringern. Alle anderen Fixkosten sind kurz- bis mittelfristig nicht abbaubar bzw. transferierbar.

Die Ermittlung der Vorteilhaftigkeit eines Outsourcings kann unter den genannten Bedingungen für die Abfertigung von 20 000 t Verpackungen pro Jahr durch folgende Rechnung erfolgen:

 

Relevante Kosten der
“Make”-Option (= Beibehalt
der Ausgangslogistik)
(CHF)

Relevante Kosten der
“Make”-Option (= Outsourcing
der Ausgangslogistik)
(CHF)

Löhne
Lohnnebenkosten
Treibstoffkosten
Wartungs- u. Instandhaltungskosten
Total variable Kosten

452 000
386 000
20 400
9 200
567 600

0
0
0
0
0

Gehälter
Gehaltsnebenkosten
Abschreibungen
Kosten durch Handlingschäden
Sonstige fixe Kosten
Fixe Kosten

116 000
30 400
0
8 600
0
155 000

7.25
0
0
0
0
0

Kosten des Fremdbezugs der Ausgangslogistik (20 000 x CHF 35.–)

0

700 000

Total Gesamtkosten

722 600

700 000

Da die nicht veränderbaren Fixkosten für die Outsourcing-Entscheidung irrelevant sind und somit im direkten Vergleich aussen vor bleiben, sind bei den Gehalts- und Gehaltsnebenkosten nach Abzug des Einsparungspotenzials von 20% nur noch 80% entscheidungsrelevant. Das Unternehmen wird durch ein Outsourcing der Ausgangslogistik daher nur eine Netto-Einsparung von CHF 22v600 erzielen können, die vor dem Hintergrund der wegfallenden Preisgarantie nach drei Jahren nicht mehr so attraktiv erscheint. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei, nur die entscheidungsrelevanten Kosteninformationen für den Vergleich der Alternativen heranzuziehen.

Desinvestitionen und Personal

Die Durchführung von Desinvestitionen als Mittel zur Kosteneinsparung in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs ist regelmässig mit Fragen zum Personalabbau verbunden, da Rationalisierungen bzw. Restrukturierungen immer auch Änderungen im Personalbestand nach sich ziehen. Infolgedessen kommt es beim Personalbestand zu Freisetzungen, die sowohl qualitative als auch quantitative Anpassungen zur Konsequenz haben können.

Nicht selten werden die Kostenaspekte einer Personalfreisetzung allerdings optimistischer eingeschätzt als sie am Ende tatsächlich ausfallen. Dies liegt häufig an den Folgewirkungen der Personalfreisetzung, die sich innerhalb und ausserhalb des Unternehmens ergeben können. So lässt sich beobachten, dass bei Personalfreisetzungen auch andere Mitarbeitende höchst verunsichert werden und ein Leistungsabfall bei diesen vorkommt. Diese Art von Reibungsverlusten lässt sich zwar kaum quantifizieren, wirkt aber dennoch der direkten Kostenersparnis entgegen. Auch externe Einflüsse auf das Unternehmen können im Zusammenhang mit einer Personalfreisetzung relevant werden: ein Imageverlust des Unternehmens in der Öffentlichkeit und bei anderen Stakeholdern sowie politische Konflikte oder die Gefahr der Rückerstattung bereits erhaltener Subventionszahlungen der öffentlichen Hand.

Aus diesem Grund muss jede Desinvestitionsentscheidung sorgfältig geplant und ihre Folgewirkungen auch kostenmässig bewertet werden. Dies gilt nicht nur, weil von Desinvestitionen häufig auch menschliche Schicksale abhängen, sondern auch deshalb, weil mögliche Reputationsschäden sowie die fehlende Abbaubarkeit von fixen Kosten als gegenläufige Effekte in die Desinvestitionsentscheidung miteinbezogen werden sollten. Darüber hinaus unterliegen auch Teile der Personalkosten ebenso dem Problem remanenter Fixkosten, da sie kurzfristig nicht beeinflussbar sind (Bühner, 2005, S. 351).

Fazit

Desinvestitionsentscheidungen gehören zum Alltag eines jeden Unternehmens und gelten vor allem in Zeiten einer rückläufigen wirtschaftlichen Entwicklung als eine Art Arznei, um das in der Krise befindliche Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. In der Praxis sind daher Desinvestitionsentscheidungen populär geworden wie das Konzept des “sale and lease back” oder des “Outsourcing”. Es ist jedoch davor zu warnen, Desinvestitionsentscheidungen hinsichtlich ihrer Kosten- und Nutzenwirkungen vorschnell zu fällen, da vor allem die remanenten Fixkosten falsch eingeschätzt werden.

Literaturverzeichnis

Bühner, R., Personalmanagement, 3. Aufl., München 2005.
Credit Suisse, Economic Research, Leasing im Trend, 2006.
Eilenberger, G., Betriebliche Finanzwirtschaft, 7. Auflage, München/Wien 2002.
International Group of Controlling (IGC), Controller-Leitbild, 2002, www.igc-controlling.org.
Jansen, A., Desinvestitionen: Ursachen, Probleme und Gestaltungsmöglichkeiten, Dissertation, Frankfurt am Main 1986.
Olfert, K./Reichel, C., Finanzierung, 14. Aufl., Ludwigshafen 2008.
Regniet, S., Der Schweizer Markt für IT Outsourcing ist im Wandel, Netzwoche, 37/2006, S. 21–24.
Schierenbeck, H., Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 16. Aufl., München 2003.

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