Personalcontrolling: Ziele und Aufgaben

Das Personalcontrolling ist als Teilbereich des gesamten Unternehmenscontrollings in erster Linie auf die jeweilige Belegschaft eines Unternehmens fokussiert. In der Regel stehen dabei Gruppen von Mitarbeitenden und nicht der einzelne Mitarbeitende im Vordergrund.

08.09.2023 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
Personalcontrollling

Wie man den Unternehmenserfolg nachhaltig sichert

Ziel und Zweck des Personalcontrollings ist es, zukünftige Zustände vorherzusagen. Dies gelingt einerseits unter Berücksichtigung von vergangenen und monatsaktuellen Personalstatistiken, andererseits mit Hilfe von Vorausschau- und Prognosedaten. Basis für ein wirksames Personalcontrolling ist natürlich auch die Verfügbarkeit eines geeigneten Personaldatenbestandes: Selbst wenn ein Personaldatenbestand nur teilweise vorhanden ist, so erlaubt die Anwendung von bereits wenigen Instrumenten des Personalcontrollings die Gewinnung von wertvollen Informationen, die den Unternehmenserfolg nachhaltig beeinflussen können.

Wie lässt sich der Wert von Mitarbeitenden messen? Welche Möglichkeiten hat eine Organisation – auf der Basis von Personalkennzahlen – die richtigen Entscheidungen sowohl für das Tagesgeschäft als auch für die Zukunftsplanung zu treffen und somit das wirtschaftliche Überleben der Unternehmung sicherzustellen?

Key Performance Indikatoren (KPI), die den Erfüllungsgrad wichtiger Zielsetzungen oder kritischer Erfolgsfaktoren innerhalb einer Organisation messen, lassen sich im Bereich des Human Capitals oft nur mittels eines grossen Aufwandes erfassen. Aus diesem Grund verzichten viele Unternehmen regelmässig auf KPIs im Personalbereich. Dies ist jedoch sehr bedauerlich, denn auch aus unperfekten Datenbeständen lassen sich oft wertvolle Erkenntnisse für den langfristigen Unternehmenserfolg als auch für die operativen Prioritäten der Personalabteilung ableiten.

Selbst wenn die Genauigkeit dieser Erkenntnisse in Abhängigkeit von der Qualität der Ausgangsdaten, von der Eintrittswahrscheinlichkeit der zugrundeliegenden Annahmen und vom zeitlichen Horizont der Vorhersage steht, erscheint eine Vernachlässigung dieser Thematik in Anbetracht des enormen Potenzials für nicht vertretbar:

Bereits die Erhebung von einigen wenigen, qualitativen und quantitativen KPIs, kombiniert mit Empfehlungen des Personalcontrollers, eröffnen dem Management die Möglichkeit, Probleme frühzeitig zu entdecken und angemessen darauf zu reagieren. Das Personalcontrolling kann somit durch die frühzeitige Identifikation von Trends und Entwicklungen das Unternehmen bei der Vorbereitung und erfolgreichen Implementierung von organisatorischen Veränderungen und Strategien nachhaltig unterstützen.

Die Abbildung 1 macht die im Personalcontrolling vorgenommene begriffliche Abgrenzung zwischen quantitativen und qualitativen Daten greifbar: Qualitative Daten, wie beispielsweise die Mitarbeiterzufriedenheit oder die Leistungsbereitschaft, stehen hierbei oft im Schatten von quantitativen Daten wie Personalkosten, Personalkapazitäten oder Mitarbeiterzahlen. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass erstere viel schwieriger zu erheben sind und deren Interpretation teilweise sehr anspruchsvoll ist.

Hier zeigt sich, dass der aus dem Englischen übernommene Begriff «Controlling» oft (fälschlicherweise) mit «Kontrolle» gleich- bzw. übersetzt wird. Allerdings ist unter diesem Begriff vielmehr «Steuerung» zu verstehen, bei dem es weniger um die Kontrolle eines in der Vergangenheit liegenden und rein statischen Vorgangs geht, sondern um die vorausschauende, dynamische und strategische Betrachtung im Vordergrund steht.

Die Abbildung 2 verdeutlicht, dass der sowohl operative wie auch strategische und nachhaltige Unternehmenserfolg über alle Ebenen mit einem professionell durchgeführten Personalcontrolling stark beeinflusst werden kann. Nachfolgend wird auf die einzelnen Ebenen eingegangen:

Ebene Bedeutung
Unternehmensleistung & Planung
  • Strategische Personalplanung
  • Planung & Realisierung von Unternehmensprojekten und Meilensteinen
  • Zielvereinbarungen (MbO) für die Mitarbeitenden in Kombination mit konkreten Messgrössen und Standards (quantitativ und qualitativ)
Stakeholderbeziehungen
  • Stakeholder-Interviews (Aktionäre, Sozialpartner, etc.)
  • Regelmässige Umfragen bei Stakeholdern
  • Abfrage der Kundenzufriedenheit
Fähigkeiten und Skills
  • Regelmässige Aufnahme und Assessment der Fähigkeiten mit einer Fähigkeiten-Datenbank
  • Überprüfung des Kompetenzmodells und der Rollenmodelle
  • Überprüfung der Jobfamilien und der -beschreibungen auf Stringenz und Relevanz
Mitarbeiterentwicklung & Aus- und Weiterbildung
  • Management – Development
  • Aus- und Weiterbildungsmassnahmen
  • Interne Stellendatenbank
  • MbO (kurzfristige Massnahmen) in Abhängigkeit zu den zu erreichenden Zielen oder zur Leistungsförderung aus der
  • Leistungsbeurteilung
Rekrutierung
  •  Fähigkeit & Geschwindigkeit geeignete Kandidatinnen und Kandidaten rekrutieren zu können
  • Fähigkeit neue Mitarbeitende ins Unternehmen zu integrieren
Qualität und Fit der Anreizsysteme
  • Vergütungsgrundsätze des Unternehmens
  • Compliance der VR- & GL-Vergütung 
  • Marktfähigkeit und Finanzierbarkeit der Gesamtvergütung
  • Qualität und Fit der Vergütungskonzepte für verschiedene Zielgruppen
  • Fairness der Vergütung
Talentmanagement & Nachfolgeplanung
  •  Nachfolgeplanung
  • Job Rotation
  • Übernahme von Projekten
  • Beförderungsprozess in Anlehnung an den Stellenplan und
  • die Unternehmensentwicklung
  • Assessments
  • Projekteinsätze
  • Sonderaufgaben
  • Beförderungen
  • Höhereinreihungen und
  • Funktionswechsel
Commitment & Führungsqualität
  • Fluktuation
  • Commitment
  • Abwesenheiten, Krankheit und Unfälle
  • Mobbingfälle
  • Austrittsinterviews
Qualität des Austrittsprozesses
  • Ordentliche Kündigungen
  • Ausserordentliche Kündigungen
  • Frühaustritte (unter 1 Jahr)
  • Outplacement

Wesentliche Erkenntnisse aus der Praxis

Damit ein Unternehmen frühzeitige Trends und Entwicklungen identifizieren und nachhaltig organisatorische Veränderungen als auch Strategien umsetzen kann, werden in der Regel zwei Instrumente aus dem Bereich des Personalcontrollings benötigt.

1. Humankapitalreport

Der Humankapitalreport, fasst die Schwächen und Risiken, aber auch zur Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens unter dem Gesichtspunkt des Humankapitals zusammen. Er zeigt der Geschäftsleitung auf, welche Risiken bezüglich fehlender oder falscher Kapazitäten hinsichtlich verschiedenster Dimensionen bestehen und beleuchtet den Einfluss eines Mitarbeitenden bzw. einer Gruppe von Mitarbeitenden auf die Umsetzung der Unternehmensstrategie.

2. Personalcontrollingreport

Der Personalcontrollingreport stellt das Führungsinstrument des Personalleiters dar. Es ermöglicht ihm einen Überblick über Kapazitäten, Auslastung und Prioritäten seines Bereichs zu haben. Meist wird in einem zweiten Teil der Stand der Projekte bezüglich Meilensteine, Kostenplanung und Zielerreichungsgrad ergänzt.

Beide Reports sollten identisch aufgebaut sein, um die Vergleichbarkeit sicherzustellen. Es empfiehlt sich folgende Struktur:

  • Einleitung
  • Handlungsfelder und Prioritäten
  • Dashboard (Übersicht – aktuell zu vorher)
  • Text und Grafiken
  • Anhang mit allen Details (kann mit der Zeit weggelassen werden)

Das Zusammentragen der Daten erfordert in der Regel finanztechnische, IT-spezifische und konzeptionelle Fähigkeiten. Da die Daten auf mehreren Systemen und in unterschiedlicher Qualität vorhanden sind, lohnt es sich daher, bei der Erstellung Analysten und/oder IT-Spezialisten hinzuzuziehen und den Prozess nach Möglichkeit zu automatisieren.

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