Lohnbudgetierung: Lohnt sich eine softwaregestützte Budgetierungslösung?

Je nach Unternehmensgrösse und Struktur kann die jährliche Lohnbudgetierung einen enormen Bedarf an Ressourcen bedeuten. In vielen Unternehmen war aufgrund der Vielzahl der Anforderungen Excel das Mittel der Wahl. Doch es drängen immer mehr Anbieter von Standardsoftware im HR-Bereich mit Budgetierungslösungen auf den Markt. Aber lohnt sich das und wenn ja für wen?

06.10.2023 Von: Judith Jünger
Lohnbudgetierung

Wen betrifft es?

Gerade bei Unternehmen, die im tertiären Sektor bzw. Dienstleistungsbereich tätig sind, gehören die Personalkosten meist zur grössten Fixkostenposition. Viele KMUs nutzen für die Budgetierung der Personalkosten weiterhin Allroundprogramme wie Open Office oder Excel, da Speziallösungen im Softwarebereich bislang rar waren und man als Personaler im KMU-Umfeld vielfach nur zufällig von der Existenz solcher Tools erfahren hat. Hinzu kam eine gewisse Vorahnung, dass sich solche Tools erst ab einer gewissen Unternehmensgrösse lohnen. Es fehlte oft auch die Vorstellungskraft, dass ein so komplexes Thema mithilfe einer Softwarelösung einfach und intuitiv gelöst werden kann. Auch der Einbezug von Linienvorgesetzten war eine Anforderung, der oft mit Ideenlosigkeit begegnet wurde. Dabei ist die Idee der Budgetierung alles andere als neu – in der öffentlichen Verwaltung sind die Planung und das Handeln gemäss Funktionen und Budgetwerten schon lange verbreitet und eine zentrale Aufgabe der Verwaltung. Vor dem Hintergrund des Wunsches nach Transparenz und Lohngleichheit ist die Budgetierung zudem ein wichtiges Werkzeug, um diese Ziele zu erreichen bzw. Soll-Ist-Abweichungen transparent zu machen. Somit betrifft es alle, die aus einer «Agentur-Grösse» herausgewachsen sind und durch Organisationseinheiten/Abteilungen strukturiert sind.

Was sind die Anforderungen?

Die Anforderungen an eine Softwarelösung, die alle Benutzergruppen unterstützt und dazu noch transparente Auswertungen bietet, sind mannigfaltig. Im Folgenden werden nur einige genannt:

  • einfache Bedienung und intuitive Benutzerführung
  • Integration sowohl in Finanz- als auch Lohnbuchhaltungssysteme
  • Simulationen verschiedener Szenarien
  • ansprechende Auswertungen
  • Integration verschiedener Benutzergruppen wie Vorgesetzte und HR-Verantwortliche
  • Freigabe- und Visierungsprozesse
  • automatische Übernahme von Planzahlen in Lohnbuchhaltung
  • Budgetierung auf verschiedenen Ebenen (Kostenstellen, Profitcenter, Funktionen)
  • ansprechendes Design

Zusammenfassend bedeutet dies, es muss für die verschiedenen Abteilungen und Mitarbeitergruppen ein pragmatischer und fairer Weg gefunden werden, die zukünftige Lohnentwicklung in der nötigen Detaillierung abzubilden und in zusammengefasster Form für die Finanzbuchhaltung bzw. Finanzplanung aufzubereiten. Dies geschieht idealerweise in einer übersichtlichen Form und mit Vergleichsmöglichkeiten der verschiedenen Teams und Kostenstellen. Auch die Entwicklung über die letzten Jahre liefert interessante Kennzahlen. Hier besteht die Komplexität darin, diese Zahlen aus dem entsprechenden Lohnbuchhaltungssystem in die Budgetierungslösung einzuspeisen, aus welchem Grund die Verfügbarkeit von Schnittstellen eine wichtige Anforderung ist.

Welche Lösungen gibt es?

Im Grunde genommen existieren nur zwei verschiedene Modelle von Budgetierungssoftware. Auf der einen Seite gibt es die «Standalone»-Produkte. Diese zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie verschiedenste Schnittstellen und Importformate mitliefern, um Daten aus den datenführenden Systemen der Finanzbuchhaltung und Lohnbuchhaltung zu importieren. Mit solchen Tools können Simulationen gerechnet und die Daten visuell ansprechend ausgewertet werden. Oftmals ein Nachteil bei diesen Lösungen ist, dass die Benutzung erklärungsbedürftig ist und selten weitere Benutzergruppen wie Vorgesetzte in den Prozess involviert werden können.

Auf der anderen Seite integrieren immer mehr Hersteller von Standardsoftware im Bereich Lohnbuchhaltung und ERP Budgetierungsfunktionen direkt in der Software. Die Vorteile hierbei liegen auf der Hand: Es befinden sich alle benötigten Daten an zentraler Stelle, und es muss nicht mit Schnittstellen zu Drittsystemen gearbeitet werden. Darüber hinaus können vielfach bei Budgetierungsläufen Daten, die in der Lohnbuchhaltung bereits vorerfasst sind (Eintritte, Austritte, neue Stellenvakanzen), berücksichtigt werden. Des Weiteren kommt der Benutzer in den Genuss, mit den Variablen zu arbeiten, die er bereits kennt, wie beispielsweise dem Teuerungsausgleich oder dem individuellen Bonus- und Gratifikationssystem. Es können also Lohnwerte, Tarife, Funktionen, Konten, Kostenstellen und weitere statistische Kennzahlen in die Berechnung miteinbezogen werden.

Gerade die Möglichkeit, dass unterschiedliche Varianten des Budgets gerechnet und miteinander und mit Vorjahreswerten verglichen werden können, zeigen das grosse Potenzial des integrierten Ansatzes bei der Budgetierung. Einige Hersteller haben sich vor allem in der jüngsten Vergangenheit auch mit dem Thema Kollaboration in der Budgetierung beschäftigt. Gerade bei grösseren Unternehmen besteht vielfach der Wunsch, die Linienvorgesetzten in den Prozess miteinzubeziehen.

Die Lösungen der neuesten Generation bieten darum die Möglichkeit, direkt im ERP-System eine Organisationsstruktur abzubilden, um die Vorgesetzten und auch weitere Rollen, die in den HR-Prozessen eine Rolle spielen, zu identifizieren. Oftmals setzen Unternehmen ohnehin bereits ein Mitarbeiterportal ein, in welchem Vorgesetzte Daten von unterstellten Mitarbeitern einsehen und ggf. mutieren können. Somit ist die Auslagerung des Budgetierungsprozesses an Linienvorgesetzte und in ein entsprechendes Webtool nur konsequent.

Mit solchen neuen Möglichkeiten gelingt es, dass mit einer Digitalisierung auch eine Vereinfachung von Prozessen einhergeht. Im Übrigen müssen die Budgetprozesse betreffend die Themen Versionierung, Nachvollziehbarkeit, Freigabe von Teilbudgets, Stellvertreter etc. auch den Anforderungen der Revision bzw. Aufsichtsbehörde genügen.

Beispielprozess für die Lohnbudgetierung

  1. HR schaltet Budgetierung für Vorgesetzte im unternehmensinternen Mitarbeiterportal frei
  2. HR bereitet das Budget aufgrund der Rahmenbedingungen vor (Austritte, neue Stellen, Stufenanpassungen, Teuerung etc.)
  3. Vorgesetzte kontrollieren die Werte bzw. passen sie bei Bedarf an
  4. Die Werte werden pro Mitarbeiter und Abteilung an die Personalabteilung weitergeleitet.
  5. HR übernimmt die fixierten Werte und verbucht diese direkt in die Finanzbuchhaltung
  6. Die erstellten (Teil-)Budgets werden in Form von Dashboards visuell ansprechend für das Controlling und die Unternehmensleitung aufbereitet

Lohnt sich das?

Ob sich die Anschaffung einer Softwarelösung für die Lohnbudgetierung lohnt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ausgehend von einem pragmatischen Ansatz, empfiehlt es sich, ggf. zunächst zu prüfen, ob der Hersteller meiner Lohnbuchhaltungssoftware vielleicht bereits eine softwarebasierte Unterstützung in Form eines Add-on anbieten kann. In diesem Fall lohnt es sich in den meisten Fällen, da meist weder der Implementierungsaufwand noch die Lizenzkosten sehr hoch sind. Darüber hinaus kann man relativ einfach ermitteln, ob sich eine Softwarelösung lohnt, indem man den Aufwand betrachtet, den man aktuell manuell betreibt. Wenn ein Personaler jedes Jahr mehrere Tage damit verbringt, die Budgets vorzubereiten, ergibt die Einführung einer entsprechenden Software schnell Sinn, und die Kosten amortisieren sich bereits nach dem ersten Einsatz. Auch die Frage, inwiefern weitere Personen in die Budgetierung miteinbezogen werden sollen, muss vor dem Hintergrund der Fragestellung betrachtet werden. Wenn man beispielsweise eine Stand-alone-Lösung anschafft und dann einen Benutzer für jeden Vorgesetzten benötigt, kann dies schnell ins Geld gehen.

Folgende Punkte sollten bei der Evaluation einer Budgetierungslösung betrachtet werden:

  • Lizenzkosten pro Nutzer
  • Möglichkeit zur Kollaboration
  • Implementationsaufwand
  • Bedienbarkeit
  • Flexibilität in Bezug auf Variablen und Simulationen
  • Integrationsmöglichkeiten in datenführendes System
  • Import- und Export-Schnittstellen

Als Fazit lässt sich sagen, dass sich eine softwaregestützte Budgetierungslösung schnell lohnen kann. Der Aufwand, den man in der Personalabteilung betreiben muss, ist oft sehr hoch, und Lösungen wie Excel und Co. kommen bei Simulationen schnell an ihre Grenzen. Trotzdem ergibt es Sinn, zunächst etwas Zeit in die Evaluation der für das jeweilige Unternehmen geeigneten Lösung zu stecken. Die Unterschiede sowohl preislich wie auch funktional sind teils immens.

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