Kostenrechnung: Effizientes Wachstum durch finanzielle Transparenz

Viele KMU verzichten auf die Nutzung einer Kostenrechnung und übersehen damit wesentliche Vorteile für ihr Wachstum und ihre Effizienz. Dieser Beitrag führt in die Grundprinzipien der Kostenrechnung ein, betont ihre Bedeutung für das Geschäftswachstum und bietet eine schrittweise Anleitung, die KMU einen erfolgreichen Einstieg ermöglicht.

12.11.2024 Von: Hakan Ergen
Kostenrechnung

Grundprinzipien der Kostenrechnung 

Die Kostenrechnung bildet ein Kernstück des internen Rechnungswesens. Im Gegensatz zur streng regulierten Finanzbuchhaltung zielt die Kostenrechnung vornehmlich auf die interne Informationsbereitstellung ab. Sie unterstützt das Management in Planung, Überwachung und Steuerung finanzieller Aspekte durch den Vergleich von Plan-, Soll- und Istwerten, was eine effiziente Ressourcensteuerung ermöglicht. 

Indem sie detaillierte Einblicke in die finanzielle Performance des Unternehmens ermöglicht, erleichtert die Kostenrechnung die Entscheidungsfindung. Sie verbessert die Effizienz, sichert die Rentabilität und ist damit grundlegend für die finanzielle Langfristigkeit eines Unternehmens. Ihre Anpassungsfähigkeit erlaubt die Ausrichtung auf spezifische Unternehmensbedürfnisse und strategische Ziele, was sie zu einem unverzichtbaren Instrument im betrieblichen Einsatz macht. 

Ziele der Kostenrechnung 

Die Kostenrechnung verfolgt das Ziel, Transparenz über die finanziellen Vorgänge im Unternehmen zu schaffen. Sie legt Kosten- und Erlösstrukturen offen und ist somit zentral für die finanzielle Steuerung und Führung. Die Hauptziele umfassen: 

  • Ressourcenallokation optimieren: Die Kostenrechnung hilft Unternehmen, Ressourcen gezielt dort einzusetzen, wo sie den grössten Nutzen bringen. Dies fördert die operative Effizienz und strategische Ausrichtung.
  • Preisfindung unterstützen: Sie ermöglicht eine präzise Kalkulation von Produkt- oder Dienstleistungskosten, was grundlegend für eine angemessene Preisgestaltung ist. Sie sorgt dafür, dass alle Kosten gedeckt sind und ein angemessener Gewinn erzielt wird.
  • Budgetierung und Planung fördern: Mit präzisen finanziellen Daten unterstützt die Kostenrechnung eine vorausschauende und fundierte Budgetierung.
  • Leistung bewerten: Sie bietet Kennzahlen zur Beurteilung der Effizienz von Geschäftsbereichen oder Projekten und hilft, betriebliche Stärken und Schwächen zu identifizieren. 

Vollkostenrechnung und der Betriebsabrechnungsbogen (BAB)

Ein Schlüsselelement, besonders in der Vollkostenrechnung, ist die Aufteilung der Kosten in Kostenarten, -stellen und -träger. Diese Strukturierung ermöglicht eine genaue Zuweisung und Überwachung der betrieblichen Kosten: 

  • Kostenartenrechnung: Kategorisiert alle im Unternehmen anfallenden Kosten nach ihrer Art, wie Material- und Personalkosten, und legt die Basis für die weitere Verrechnung der Kosten.
  • Kostenstellenrechnung: Ordnet die Kosten den Bereichen ihrer Entstehung zu. Das Ziel ist eine verursachungsgerechte Verteilung der Gemeinkosten.
  • Kostenträgerrechnung: Verrechnet die Kosten schliesslich auf die Produktegruppen, Geschäftsbereiche oder Dienstleistungssegmente, was für die Preisfindung und Erfolgsmessung unverzichtbar ist. Dies ermöglicht die Ermittlung der Herstell- und Selbstkosten pro Periode und pro verkaufte Einheit. 

Der Betriebsabrechnungsbogen (BAB) dient der systematischen Verteilung der Gemeinkosten auf die Kostenstellen und weiter auf die Kostenträger, indem er Aufwände aus der Finanzbuchhaltung in Kostenarten überführt und entsprechend ihrer Zugehörigkeit und Verursachung zuordnet. 

Der Prozess der Kostenumlage im Betriebsabrechnungsbogen (BAB) 

Die Kostenumlage im BAB folgt einem strukturierten Prozess, der die Transformation von betrieblichen Aufwände zu Kostenarten beinhaltet, um eine genaue Grundlage für die innerbetriebliche Kalkulation zu schaffen: 

  1. Transformation von betrieblichen Aufwänden zu Kostenarten: Die Basis für die Bildung von Kostenarten bilden die betrieblichen Aufwände, wie sie in der Erfolgsrechnung der Finanzbuchhaltung erscheinen. Um jedoch eine genauere Darstellung der Kosten für die Zwecke der Kostenrechnung zu gewährleisten, sind sachliche Abgrenzungen notwendig. Diese Abgrenzungen dienen dazu, stille Reserven aus der FIBU aufzulösen und kalkulatorische Grundsätze anzuwenden. Das Ziel ist, möglichst «echte Werte» zu ermitteln, die eine realistischere Grundlage für die innerbetriebliche Kalkulation bieten.
  2. Zuordnung der Kosten zu Kostenstellen und Kostenträgern: Nach der Bildung von Kostenarten durch sachliche Abgrenzungen werden diese Kosten den Orten ihrer Entstehung (Kostenstellen) und, wenn direkt zuzuordnen, den Kostenträgern zugewiesen. Diese Zuordnung ist bedeutend, um eine verursachungsgerechte Verteilung der Kosten zu gewährleisten und eine transparente Sicht auf die Kostenstruktur zu ermöglichen.
  3. Verteilung der Kosten auf Kostenträger: Im letzten Schritt werden die Kosten, die den Kostenstellen zugeordnet sind, auf die Kostenträger umgelegt. Die Kostenträgerrechnung macht es möglich, Herstell- und Selbstkosten von Produkten oder Dienstleistungen genau zu bestimmen. Ein klares Verständnis dieser Kosten ist wichtig für die Preisgestaltung und die Beurteilung, wie profitabel einzelne Angebote sind. Zudem hilft die Gegenüberstellung der Nettoerlöse mit den Selbstkosten dabei, zu sehen, welche Angebote Gewinn bringen und welche nicht.

Kostenrechnung in KMU – warum? 

Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) navigieren oft durch ein komplexes Geschäftsumfeld, in dem finanzielle Transparenz und effiziente Ressourcennutzung ausschlaggebend sind für den Erfolg. Die Kostenrechnung, als zentrales Instrument der finanziellen Steuerung, ermöglicht KMU nicht nur, ihre Kostenstrukturen zu verstehen, sondern auch, fundierte strategische Entscheidungen zu treffen. 

Bedeutung für KMU 

Die Einführung einer Kostenrechnung hilft KMU, die Kosten pro Kostenträger zu identifizieren, die Profitabilität von Produkten oder Dienstleistungen genau zu analysieren und somit ihre Preisstrategien und die Budgetierung zu optimieren. Dies ist besonders relevant, da KMU häufig mit begrenzten Ressourcen operieren und ein effektives Kostenmanagement direkte Auswirkungen auf ihre Wettbewerbsfähigkeit und das Unternehmenswachstum hat. 

Unterstützung bei der Entscheidungsfindung 

Die Kostenrechnung liefert wertvolle Daten, die KMU bei einer Vielzahl von Entscheidungen unterstützen – von der Preisgestaltung bis hin zur Budgetzuweisung und strategischen Planung. Durch die Bereitstellung detaillierter Einblicke in die Kosten und Erlöse ermöglicht sie es, Geschäftsprozesse zu optimieren und Investitionen gezielt zu tätigen. Darüber hinaus fördert sie eine Kultur der datenbasierten Entscheidungsfindung, die für die effektive Steuerung des Unternehmens wesentlich ist.

Einführung einer Kostenrechnung in KMU: Eine schrittweise Anleitung 

Die Implementierung einer Kostenrechnung in einem KMU stellt eine gewisse Herausforderung dar, für die ausreichend Zeit eingeplant werden sollte. Folgende Schritte bieten eine Anleitung für einen erfolgreichen Einstieg: 

  1. Systemauswahl und Lizenzen prüfen 
    Beginnen Sie damit zu überprüfen, ob Ihr aktuelles ERP-System ein Modul für Kostenrechnung, Betriebsbuchhaltung oder Controlling enthält. Falls Sie noch kein ERP-System nutzen, könnte jetzt der richtige Zeitpunkt für die Einführung sein. Wählen Sie ein System, das sich gut in Ihre Geschäftsprozesse integrieren lässt und dessen Lizenzbedingungen zu Ihrem Unternehmen passen. Die richtige Softwareauswahl legt den Grundstein für eine erfolgreiche Implementierung der Kostenrechnung und unterstützt die finanzielle Steuerung Ihres Unternehmens
  2. Bedarfsanalyse und Zieldefinition 
    • Kostenstellenplan erstellen: Entwickeln Sie einen detaillierten Plan, der die verschiedenen Bereiche Ihres Unternehmens als Kostenstellen abbildet. Dieser Schritt ist entscheidend für eine klare Zuordnung der Kosten. 
    • Kostenträger definieren: Bestimmen Sie, welche Produktgruppen, Dienstleistungsgruppen, Sparten oder Geschäftssegmente als Kostenträger dienen sollen. Von dieser Entscheidung sind alle späteren Berechnungen von Kosten und Preisen abhängig. 
    • Kostenarten strukturieren: Übernehmen Sie die Struktur der Kostenarten aus den betrieblichen Aufwandskonten Ihrer Finanzbuchhaltung. Überlegen Sie, ob die Erfolgsrechnung nach dem Gesamtkosten- oder Umsatzkostenverfahren geführt werden soll, und definieren Sie dementsprechend die Übergänge. 
    • Leistungsverteilung definieren: Ein kritischer Aspekt ist die Definition der Leistungsverteilung von Kostenstellenkosten (Gemeinkosten) auf die Kostenträger. Es sind mehrere Workshops erforderlich, um sicherzustellen, dass alle betrieblichen Kosten ursachengerecht verteilt werden. Geeignete Basen für die Verteilung müssen festgelegt werden, wie beispielsweise: 
    – pro Quadratmeter für Gebäudekosten: Diese Methode eignet sich, um die Kosten für Räumlichkeiten auf Basis der genutzten Fläche zu verteilen. 
    – pro Mitarbeiter für IT-Kosten: Eine Verteilung nach Anzahl der Mitarbeitenden kann bei IT-Kosten sinnvoll sein, besonders wenn der IT-Support oder die Nutzung von Softwarelizenzen pro Kopf berechnet wird. 
    – Stundenverrechnungssätze für Maschinenkosten: Für die Verteilung von Kosten in der Produktion können Maschinenlaufzeiten oder die Inanspruchnahme von Anlagen herangezogen werden. 
    – direkte Zurechnung basierend auf dem Verbrauch für Materialkosten: Spezifischer Materialverbrauch kann direkt den Kostenträgern zugeordnet werden, die dieses Material nutzen.
  3. Systemanpassung und Implementierung 
    Passen Sie das ausgewählte System an Ihre Bedürfnisse an und implementieren Sie das Kostenrechnungsmodul. Dies umfasst die Einrichtung von Kostenarten, Kostenstellen, Kostenträger sowie die Leistungsverteilung der sogenannten Sekundärkostenverbuchung im System.
  4. Mitarbeiter schulen 
    Schulen Sie die Mitarbeiter, die mit dem neuen System arbeiten werden, um sicherzustellen, dass sie die Prozesse verstehen und das System effektiv nutzen können.
  5. Datenmigration und Integration 
    Migrieren Sie vorhandene Daten in das neue System und gewährleisten Sie eine nahtlose Integration mit anderen Systemen und Prozessen in Ihrem Unternehmen.
  6. Überwachung und kontinuierliche Anpassung 
    Überwachen Sie das System regelmässig nach der Implementierung, um die Effizienz und Genauigkeit der Kostenrechnung sicherzustellen. Erfahrungsgemäss sind gerade in den ersten Monaten nach der Einführung kleinere Anpassungen erforderlich, um konzeptionelle Unschärfen zu korrigieren und die Präzision der Kostenrechnung zu verbessern. Insbesondere sollten Sie die definierte Leistungsverteilung von Kostenstellenkosten auf die Kostenträger in regelmässigen Abständen überprüfen. Mit der Zeit können sich betriebliche Gegebenheiten ändern, wodurch die ursprünglich festgelegten Verteilungsschlüssel an Genauigkeit verlieren können. Eine periodische Überprüfung und Anpassung dieser Schlüssel gewährleistet, dass die Kostenallokation weiterhin die tatsächlichen betrieblichen Gegebenheiten widerspiegelt. Nehmen Sie bei Bedarf Anpassungen vor, um die Leistungsfähigkeit und Relevanz des Systems kontinuierlich zu gewährleisten.

Stolpersteine bei der Einführung 

Die Einführung einer Kostenrechnung in einem KMU kann mit verschiedenen Herausforderungen verbunden sein. Ein Bewusstsein für mögliche Stolpersteine und die Kenntnis von Strategien zu deren Überwindung sind hilfreich für den Erfolg des Projekts. 

Widerstand gegen Veränderungen 

Einer der häufigsten Stolpersteine ist der Widerstand der Mitarbeiter gegen Veränderungen. Die Einführung eines neuen Systems kann Unsicherheit und Skepsis hervorrufen. 

Lösung: Kommunizieren Sie offen die Vorteile und Ziele der neuen Kostenrechnung. Schulungen und Workshops helfen, Bedenken zu adressieren und das Verständnis sowie die Akzeptanz zu fördern. Setzen Sie sich mit dem Thema Change-Management auseinander. 

Komplexität der Datenmigration 

Die Migration bestehender Daten in ein neues Kostenrechnungssystem kann komplex und fehleranfällig sein. 

Lösung: Eine sorgfältige Planung und Testläufe mit einem kleinen Datensatz vor der vollständigen Migration können helfen, Fehler zu identifizieren und zu korrigieren. Unterstützung durch IT-Experten kann hierbei unerlässlich sein. 

Unzureichende Systemanpassung 

Nicht jedes ERP-System passt perfekt zu den spezifischen Anforderungen jedes Unternehmens. Eine unzureichende Anpassung kann die Effektivität der Kostenrechnung einschränken. 

Lösung: Wählen Sie ein geeignetes System, das an Ihre Geschäftsprozesse angepasst werden kann. Nutzen Sie die Möglichkeit, das System während der Testphase feinzujustieren, um sicherzustellen, dass es Ihren Anforderungen entspricht. 

Fehlende Integration mit anderen Systemen 

Die Kostenrechnung muss mit anderen Unternehmenssystemen wie der Finanzbuchhaltung, Beschaffung, Verkauf sowie, falls vorhanden, der Produktion, integriert sein, um konsistente und akkurate Daten zu gewährleisten. 

Lösung: Stellen Sie sicher, dass das neue System kompatibel mit Ihren bestehenden Systemen ist und eine nahtlose Datenintegration ermöglicht. 

Unterschätzung des Schulungsbedarfs 

Die erfolgreiche Einführung einer Kostenrechnung hängt stark von der Kompetenz der Mitarbeitenden im Umgang mit dem neuen System ab. 

Lösung: Investieren Sie in umfassende Schulungen und bieten Sie kontinuierliche Unterstützung an, um sicherzustellen, dass alle Nutzer das System effektiv bedienen können. 

Durch die Vorbereitung auf diese und weitere Stolpersteine können KMU die Einführung einer Kostenrechnung erfolgreich meistern und die zahlreichen Vorteile dieses wichtigen Instruments voll ausschöpfen. 

Fazit 

Die Einführung einer Kostenrechnung bietet KMU klare Vorteile für deren Entwicklung und operative Effizienz. Durch die gezielte Auswahl eines ERP-Systems und eine präzise Ausarbeitung der Kostenstrukturen verbessern Unternehmen ihre finanzielle Steuerung massgeblich. Auch wenn zu Beginn Herausforderungen wie Anpassungswiderstände auftreten können, führt eine erfolgreich implementierte Kostenrechnung zu einer stärkeren Marktposition und unterstützt das nachhaltige Wachstum von KMU.

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