Nachhaltigkeitsbericht: Internationale Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung
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Wozu braucht es anerkannte Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung?
Aus den folgenden Gründen, sind anerkannte Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung sinnvoll und notwendig:
1. Transparenz und Verantwortlichkeit:
Anerkannte Standards fördern Transparenz, indem sie Unternehmen dazu ermutigen, ihre Nachhaltigkeitsleistung offenzulegen. Durch transparente Berichterstattung über Umwelt, Soziales und Governance (ESG) können Stakeholder besser verstehen, wie Unternehmen mit den Herausforderungen der Nachhaltigkeit umgehen.
2. bessere Entscheidungsfindung:
Standardisierte Berichterstattung ermöglicht es den Investoren, Kunden, Mitarbeitern und anderen Interessengruppen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Konsistente und vergleichbare Informationen über Nachhaltigkeitsaspekte helfen dabei, das Vertrauen der Stakeholder zu stärken und die langfristige Nachhaltigkeitsleistung zu bewerten.
3. Risikomanagement und Chancenerkennung:
Durch die Integration von ESG-Faktoren in die Berichterstattung können Unternehmen potenzielle Risiken besser identifizieren und bewerten. Darüber hinaus können sie Chancen erkennen, die sich aus einer nachhaltigen Geschäftspraxis ergeben, und in diese investieren.
4. internationale Vergleichbarkeit:
Anerkannte Standards gewährleisten eine Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsberichten auf internationaler Ebene. Unternehmen können ihre Leistung im Vergleich zu Konkurrenten und Branchenbenchmarks bewerten und Benchmarks für Best Practices entwickeln.
5. Atakeholder-Engagement und Glaubwürdigkeit:
Die Einhaltung anerkannter Standards verbessert das Stakeholder-Engagement, da die Berichte verlässlich, vergleichbar und nachvollziehbar sind. Unternehmen gewinnen Glaubwürdigkeit und können bessere Beziehungen zu Investoren, Kunden, Mitarbeitern und der breiten Öffentlichkeit aufbauen.
6. regulatorische Anforderungen:
Regierungen und Regulierungsbehörden weltweit erkennen die Bedeutung von Nachhaltigkeitsberichterstattung an. In vielen Ländern gibt es bereits gesetzliche Anforderungen, die Unternehmen verpflichten, bestimmte ESG-Informationen zu veröffentlichen. Anerkannte Standards unterstützen Unternehmen bei der Einhaltung dieser Vorschriften.
International anerkannte Standardsetter und Standards
Mehrere Organisationen haben anerkannte Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung entwickelt. Zu den wichtigsten gehören:
International Sustainability Standards Board (ISSB)
Das ISSB ist ein Gremium, das am 3. November 2021 in Glasgow gegründet wurde und für die Entwicklung und Festlegung internationaler Standards im Bereich der Nachhaltigkeitsberichterstattung zuständig ist. Es entwickelt im öffentlichen Interesse Standards, die zu einer hochwertigen, umfassenden globalen Basis von Nachhaltigkeitsangaben führen sollen und auf die Bedürfnisse von Investoren und Finanzmärkten ausgerichtet sind.
Ziel des ISSB ist es, einheitliche und vergleichbare Standards zu schaffen, um die Transparenz und Effektivität der Berichterstattung über Nachhaltigkeitsaspekte zu verbessern und letztendlich die Integration von Nachhaltigkeitsüberlegungen in unternehmerische Entscheidungsprozesse zu fördern.
Im Jahr 2023 wurden erstmals IFRS Sustainability Disclosure Standards (auch bekannt als ISSB-Standards) und begleitende Leitlinien durch das International Sustainability Standards Board (ISSB) veröffentlicht. Dieses Gremium wurde als Reaktion auf die wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeit und ESG (Environment, Social, Governance bzw. Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) in der Unternehmenspraxis und -berichterstattung gegründet.
Das ISSB genießt mit seiner Arbeit zur Entwicklung von Standards für die Offenlegung von Nachhaltigkeitsdaten internationale Unterstützung durch die G7, die G20, die Internationale Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO), den Rat für Finanzstabilität, die afrikanischen Finanzminister sowie die Finanzminister und Zentralbankgouverneure aus mehr als 40 Ländern.
Wesentliche Ziele des ISSB
Was ISSB hat sich vier Hauptziele gesetzt:
- Entwicklung von Standards für einen globalen Grundstock an Nachhaltigkeitsinformationen
- Deckung des Informationsbedarfs von Investoren
- die Unternehmen in die Lage zu versetzen, den globalen Kapitalmärkten umfassende Nachhaltigkeitsinformationen zur Verfügung zu stellen
- Erleichterung der Interoperabilität mit Offenlegungen, die länderspezifisch sind und/oder sich an breitere Interessengruppen richten
Das ISSB baut auf der Arbeit marktgeführter, anlegerorientierter Berichterstattungsinitiativen auf, darunter das Climate Disclosure Standards Board (CDSB), die Task Force for Climate-related Financial Disclosures (TCFD), das Integrated Reporting Framework der Value Reporting Foundation und branchenbasierte SASB-Standards sowie die Stakeholder Capitalism Metrics des Weltwirtschaftsforums.
Die Standards sind so konzipiert, dass sie die richtigen Informationen auf die richtige Art und Weise bereitstellen, um die Entscheidungsfindung der Anleger zu unterstützen und die internationale Vergleichbarkeit zu erleichtern, um Kapital anzuziehen.
Ein Unternehmen kann eine doppelte Berichterstattung vermeiden, indem es die ISSB-Standards anwendet. Wenn die rechtlichen Anforderungen auf der globalen Basislinie aufbauen, können die Unternehmen die rechtlichen Anforderungen erfüllen und gleichzeitig von der Effizienz und Vergleichbarkeit der globalen Basislinie profitieren.
Merkmale der ISSB-Standards
Die in den ISSB-Standards geforderten Informationen sind so konzipiert, dass sie neben den Jahresabschlüssen als Teil desselben Berichtspakets vorgelegt werden können. Die ISSB-Standards wurden so entwickelt, dass sie mit allen Rechnungslegungsanforderungen zusammenarbeiten können. Sie basieren jedoch auf den Konzepten, die den IFRS-Rechnungslegungsstandards zugrunde liegen, die bereits in mehr als 140 Ländern zur Anwendung kommen.
Die ISSB-Standards wurden nach demselben umfassenden, transparenten Verfahren entwickelt, das auch bei der Entwicklung den IFRS-Rechnungslegungsstandards angewandt wurde.
Die Partnerschaft des ISSB mit der Global Reporting Initiative ermöglicht es dem ISSB, seine Anforderungen so zu gestalten, dass sie mit den GRI-Standards interoperabel sind.
IFRS S1 verlangt von den Unternehmen, die kurz-, mittel- und langfristigen Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen zu kommunizieren, denen sie ausgesetzt sind. Die Anforderungen sollen sicherstellen, dass Unternehmen Investoren entscheidungsrelevante Informationen zur Verfügung stellen. IFRS S2 legt spezifische klimabezogene Angaben fest und ist so konzipiert, dass er zusammen mit IFRS S1 verwendet werden kann. Beide Standards beruhen auf den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD).
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European Sustainability Reporting Standards (ESRS)
Unternehmen mit Sitz in der EU müssen zukünftig für ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung die ESRS anwenden, welche von der Europäischen Kommission im Wege delegierter Rechtsakte verabschiedet werden. Zuständig für die ESRS ist die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), jedoch muss sich diese an die Vorgaben der Corporate Social Responsibiliy Directive bzw. an die durch letztere geänderte Bilanzrichtlinie (BilR) halten. Die durch die EFRAG vorgelegten ESRS dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn diese den Anforderungen und inhaltlichen Vorgaben im Rahmen eines «due process» entsprechen.
Der aktuelle Entwurf der ESRS zum 30. September 2023 umfasst die folgenden zwölf von der EU-Kommission verabschiedeten Standards:
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zwei übergeordnete Querschnitts(«cross cutting»-)Standards (ESRS 1 – General Requirements und ESRS 2 – General Disclosures)
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zehn themenspezifische, sektorübergreifende Standards, davon:
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fünf Umwelt-Standards(ESRS-E1 Climate Change, ESRS-E2 Pollution, ESRS-E3 Water/Marine Resources, ESRS-E4 Biodiversity/Ecosystems, ESRS-E5 Circular Economy)
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vier Sozialstandards (ESRS-S1 Own Workforce, ESRS-S2 Workers in the Value Chain, ESRS-S3 Affected Communities, ESRS-S4 Consumers & end-users)
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ein Governance-Standard (ESRS-G1 Business Conduct)
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Die ESRS sind alle einheitlich und systematisch aufgebaut:
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Der «Main body of the Standard» umfasst zunächst die Zielsetzung des Standards, gefolgt von «Interaction» mit anderen ESRS und den «Disclosure Requirements».
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Die 82 Berichterstattungspflichen (Disclosure Requirements – DRs) bilden den Kern der ESRS und sind wie folgt aufgebaut:
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Wortlaut des DR
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Ziel des DR
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Angabepflichten (qualitativ, quantitativ).
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Ergänzend zum «Main body» hat es einen weiteren Teil «Appendices» (Anhänge), in dem Definition oder auch Anwendungsvoraussetzungen (Application Requirements – Ars) erläutert werden. Darüber hinaus kann auch noch die «Basis for Conclusions (BCs)» folgen, in welcher die grundsätzlichen Gedanken der EFRAG bei der Abfassung des Standards zusätzlich beschrieben werden können.
Weiterhin gilt, dass die berichtspflichtigen Unternehmen gemäss der von der EU verabschiedeten und in Kraft getretenen Corporate Social Responsibility Directive (CSRD) aufgefordert sind, entsprechende Prozesse zu definieren und umzusetzen, damit die vorgegebenen Messgrössen verlässlich ermittelt werden können.
Berichtspflichtige Unternehmen gemäss ESRS sind:
- Unternehmen, die bereits nach der Non-financial Reporting Directive berichten (grosse Publikumsgesellschaften)
- Grosse Unternehmen, die 2 der 3 Kriterien an 2 Bilanzstichtagen überschreiten: EUR 20 Mio. Bilanzsumme, EUR 40 Mio. Umsatz, 250 Mitarbeitende
- Börsennotierte kleine und mittelgrosse Unternehmen (jedoch nicht Kleinstunternehmen) gemäss Grössenkriterien der Bilanzrichtlinie
- Drittstaaten-Unternehmen mit Umsatz mit einer Tochtergesellschaft oder Niederlassung in der EU > EUR 150 Mio. in 2 aufeinanderfolgenden Jahren
Weitere zeitliche Entwicklung
Nach der Verabschiedung des 1. Set an ESRS im Juni 2023 durch die EU sind folgende weitere Entwicklungsschritte vorgesehen:
Ab 1. Januar 2024: Bisher bereits nach den NFRD berichtspflichtige Unternehmen starten mit der Datensammlung, um ihre berichtspflichtigen Messgrössen und Daten 2025 für das Berichtsjahr 2024 präsentieren zu können.
Ab 1. Januar 2025: Grosse Unternehmen (gemäss BilR) sollten mit der Datensammlung ihrer berichtspflichtigen Messgrössen und Daten beginnen, um 2026 für das Berichtsjahr 2025 rapportieren zu können.
Ab 1. Januar 2026: Börsennotierte kleine und mittlere Finanzdienstleister sollten mit der Datensammlung ihrer berichtspflichtigen Messgrössen und Daten beginnen, um 2027 für das Berichtsjahr 2026 rapportieren zu können.
Ab 1. Januar 2028: Drittstaatenunternehmen mit Tochtergesellschaften oder Niederlassungen in der EU und einem Umsatz im EU-Raum > EUR 150 Mio. sollten mit der Datensammlung ihrer berichtspflichtigen Messgrössen und Daten beginnen, um 2029 für das Berichtsjahr 2028 rapportieren zu können.
Global Reporting Initiative (GRI)
Die GRI ist eine international anerkannte Organisation, die nicht nur Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung entwickelt hat, sondern auch ein Rahmenkonzept (Framework), welches Richtlinien und Indikatoren für Umwelt, Soziales und Governance bietet.
GRI ist eine gemeinnützige Multi-Stakeholder-Stiftung, die bereits 1997 von einer gemeinnützigen US-amerikanischen Organisation namens CERES zusammen mit dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Environment Program, UNEP) in den USA gegründet wurde.
Das Ziel von GRI ist es, Unternehmen und Organisationen in die Lage zu versetzen, über ihre wirtschaftlichen, ökologischen, sozialen und Governance-Leistungen Bericht zu erstatten, wobei die GRI kostenfreie Leitlinien für die Nachhaltigkeitsberichterstattung zur Verfügung stellt.
Aufgrund einer engen Zusammenarbeit zwischen der EFRAG und GRI besteht ein hohes Mass an Interoperabilität zwischen den Europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS) und den GRI-Standards. Auch die IFRS-Stiftung und die Global Reporting Initiative (GRI) beabsichtigen, ihre jeweiligen Standardsetzungsboards im Bereich Nachhaltigkeitsberichterstattung, nämlich das International Sustainability Standards Board (ISSB) und das Global Sustainability Standards Board (GSSB), miteinander zu koordinieren.
Fazit
Anerkannte Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung sind von entscheidender Bedeutung, um die Verantwortlichkeit, Vergleichbarkeit und Transparenz in der Unternehmenspraxis zu fördern. Diese Standards unterstützen Unternehmen dabei, ihre Nachhaltigkeitsleistung zu verbessern und ihre langfristigen Ziele für eine nachhaltigere Zukunft zu erreichen. Gleichzeitig tragen sie dazu bei, das Vertrauen der Stakeholder zu stärken und eine kohärente weltweite Nachhaltigkeitsberichterstattung zu ermöglichen.
Angesichts einer in der Vergangenheit unübersichtlichen Vielfalt an freiwilligen, nachhaltigkeitsbezogenen Standards und Anforderungen ist das Bedürfnis sowohl bei Unternehmen als auch Investoren gross, dass angesichts dadurch entstehender Kosten, Komplexität und Risiken mehr Orientierung, Einheitlichkeit und Verbindlichkeit erreicht wird.
Aus der Vielfalt bisheriger Standards sind zumindest für europäische Unternehmen durch die Corporate Social Responsibility Directive (CSRD) nun mit den ESRS verbindliche Standards festgelegt worden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die weitere Entwicklung verbindlicher Berichtsstandards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Schweiz vollzieht.
Quellen- und Literaturhinweise
Deloitte (2023): www.iasplus.com/de/resources/ifrsf/issb
DRSC (2023): DRSC Briefing Paper: European Sustainability Reporting Standards (ESRS), online: www.drsc.de/app/uploads/2022/11/221124_DRSC_Briefing_Paper_ESRS.pdf
EFRAG (2023): Sustainability Reporting Standards – First Set of draft ESRS, online: www.efrag.org/lab6?AspxAutoDetectCookieSupport=1
GRI (2023): www.globalreporting.org
IFRS (2023): Ten things to know about the first ISSB Standards, online: www.ifrs.org/news-and-events/news/2023/06/ten-things-to-know-about-the-first-issb-standards/
Müller, S. (2023): ESRS Set 1 – EU-Kommission veröffentlicht delegierten Rechtsakt, Haufe, online: www.haufe.de/finance/jahresabschluss-bilanzierung/eu-kommission-veroeffentlicht-finales-esrs-set-1_188_602052.html