Business Intelligence: Zentrale Punkte für das Controlling
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Einleitung
Angesichts eines stark wachsenden Datenvolumens in den Unternehmen in Zusammenhang mit der digitalen Transformation und zugehörigen Technologien, sind Controllingmitarbeitende zunehmend als Business Partner gefragt, die sich mit der Analyse von Unternehmensdaten befassen. Diese neue Controller-Herausforderung folgt dabei dem Ziel, die Leistung ihres Unternehmens zu steigern und einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil durch bisher nicht existierende Einblicke in Daten und Geschäftszusammenhänge zu erlangen. Eine Voraussetzung hierfür stellt allerdings zunächst eine systematischen Sammlung, Verarbeitung und Analyse von internen und externen unternehmensrelevanten Daten dar.
Abb 1: Abgrenzung von Business Intelligence und Business Analytics
In einer Weiterentwicklung wurde der Begriff der Business Intelligence in den letzten Jahren durch das Konzept bzw. den Begriff der “Business Analytics” ergänzt. Während sich die Business Intelligence in erster Linie mit der Analyse bereits bestehender Datensituationen befasst und die Ursachen und Folgen bereits eingetretener Entwicklungen analysiert und hierüber informiert, kümmert sich Business Analytics dagegen mehr um die zukunftsgerichtete Vorhersage und Optimierung auf Basis statistischer Datenanalysen.
Überall dort, wo fortgeschrittene Verfahren zur Vorhersage und Optimierung eingesetzt werden sollen, ist allerdings eine ausreichende und konsistente Datenbasis erforderlich.
Im vorliegenden Beitrag wird das Konzept der Business Intelligence und seine Möglichkeiten für ein verbessertes Controlling behandelt.
Ablauf und Aktivitäten im Rahmen von Business Intelligence
Als Business Intelligence (BI) wird ein integrierter, unternehmensspezifischer, IT-basierter Gesamtansatz zur Unterstützung betrieblicher Entscheidungen verstanden, bei dem zunächst Rohdaten in Informationen und weiter in Wissen umgewandelt werden. Dabei ist es das Ziel, durch datengestützte, evidenzbasierte Unternehmensentscheidungen und Prognosen einen betrieblichen Mehrwert zu erzeugen. Neben der Nutzung strukturierter Daten zählt auch die Erschliessung unstrukturierter Daten mittels Content- und Dokumenten-Management zur Business Intelligence.
Business Intelligence umfasst ein breites Spektrum an Anwendungskonzepten und Technologien, zu denen beispielsweise Data Warehousing, Data Mining, Online Analytical Processing und Analytische Anwendungen gezählt werden.
Die Entwicklung von Lösungen durch Business Intelligence orientiert sich an einem Prozess mit den vier Phasen, die Sie in dieser Abbildung finden.
Im Rahmen der Planungsphase ist die Identifikation und Selektion der Datenquellen ein zentraler Vorgehensschritt. Dazu ist zunächst ein Überblick über die verfügbaren internen und externen Daten notwendig. Quellsystem für diese Daten sind neben den im Unternehmen eingesetzten Informationssystemen (z.B. das ERP-, CRM-, SCM- oder andere Systeme) auch externe Datenbanken sowie zugängliche Onlinequellen wie z.B. statistische Daten des BfS oder von anderen Datensammelstellen, Daten aus sozialen Netzwerken u.a.
Im Rahmen der Phase Datensammlung und -analyse sollte zum einen das Ziel festgelegt werden, welche Erkenntnisse aus den relevanten Datenquellen gewonnen werden sollen. Die Auswahl der Datenquellen muss sich dabei an den Zielsetzungen der Wissensentdeckung ausrichten. Zum anderen ist es wichtig, die Anforderungen an die Datenqualität zu bestimmen. So sind es vor allem die sechs Datenqualitätskriterien
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Korrektheit,
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Konsistenz,
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Zuverlässigkeit,
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Vollständigkeit,
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Aktualität und
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Relevanz,
die nach Apel et al. besondere Wichtigkeit für die Business Intelligence haben (Apel et al., 2015, S. 9).
Nach der Extraktion der Rohdaten aus den zuvor bestimmten Quellen gilt es, diese anschliessend in ein einheitliches Format zu bringen. Die Transformation der Daten geht einher mit deren Bereinigung und Integration mit dem Ziel, dass diese ohne Schwierigkeiten verarbeitet werden können. Der Datenbestand wird so aufzubereiten sein, dass er einer nachfolgenden Analyse zugänglich ist. Hieran schliesst sich die Datenspeicherung an, durch die die einheitlichen und bereinigten Datensätze für die weitere Analyse in einer Datenbank gespeichert werden.
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In der dritten Phase startet die Analyse der zuvor bereinigten Daten. Hierbei werden potenziell interessante Beziehungsmuster bzw. Auffälligkeiten aus dem Datenbestand gewonnen und durch logische und funktionale Abhängigkeiten beschrieben. Dieser Vorgang wird auch als Data Mining bezeichnet.
Für das Data Mining werden im Rahmen der traditionellen Business Intelligence spezielle
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Datenbanksysteme (Business Warehouses),
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Datenaufbereitungsprozesse ( ETL) und
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Datenabfragesysteme
für die Analyse eingesetzt.
Vor allem die Analysetechnik OLAP (Online Analytical Processing) wird im Rahmen von Business Intelligence gezielt eingesetzt. Zu OLAP zählen eine Reihe von Analysefunktionalitäten, mit denen mehrdimensionale deskriptive Datenanalysen möglich sind. Dabei werden mehrere Attribute eines Datensatzes (z.B. Produktname, Zeit, Vertriebsort) als Elemente eines mehrdimensionalen OLAP-Würfels (Abbildung hier) angeordnet.
Dies ermöglicht den einfachen Zugriff auf die Datenelemente entsprechend der gewählten Dimensionen und bietet darüber hinaus eine Reihe von Grundoperationen. Dazu gehören vor allem Slicing, Dicing, Pivoting, Roll-Up und Drill-Down:
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Beim Slicing wird nur ein Ausschnitt des Würfels betrachtet. Die Daten der aus dem Würfel geschnittenen Scheibe werden analysiert.
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Beim Dicing wird der Würfel in mehrere Dimensionen zugeschnitten, wodurch wieder ein Würfel entsteht, der eine Untermenge der Daten des ursprünglichen Würfels enthält.
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Beim Pivoting wird der gesamte Würfel gedreht und die Daten werden aus anderen Dimensionen betrachtet. Es können auch unterschiedliche Aggregationsgrade der Daten untersucht werden.
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Roll-Up bezeichnet die Aggregation der Daten innerhalb einer oder mehrerer Dimensionen.
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Drill-Down verringert die Aggregation der Daten und ermöglicht eine detaillierte Betrachtung.
Während bei der deskriptiven Datenanalyse mittels statistischen Verfahren vor allem eine vergangenheitsorientierte Analyse vorgenommen wird, nutzt die prädiktive Analyse mathematische Modellierungsverfahren, auf deren Basis anschliessend Prognosemodelle und Optimierungsverfahren zur Anwendung gelangen und somit zukunftsorientierte Aussagen erlauben.
In der vierten Phase, der Verteilung, werden die Analyseergebnisse dann den relevanten Stakeholdern des Unternehmens möglichst entscheidungsbezogen zugestellt und kommuniziert. Mit der Verknüpfung von Analyseergebnissen und Entscheidungen lassen sich Steuerungsmassnahmen ableiten, die anschliessend umgesetzt werden.
Verbindung von Controlling mit Business Intelligence
Mit der Nutzung von Business Analytics und damit der Generierung zukunftsbezogener Aussagen mittels Predictive Analytics erhält das Controlling die Möglichkeit, in seinen Kernfunktionen Planung und Reporting einen deutlichen Mehrwert durch die Unterstützung von operativen und strategischen Führungsentscheidungen zu liefern.
Während die Controllingfunktion seit ihren Ursprüngen vor allem auf die zielgerichtete Analyse von Daten sowie Ursachen für beobachtbare Unternehmensentwicklungen in der Vergangenheit gerichtet war, erlaubt Business Intelligence sowie Business Analytics nun die Einbindung und Berücksichtigung dynamisierter Umfeldbedingungen. Damit ist das Controlling in der Lage, nicht mehr nur reaktiv, sondern proaktiv zu agieren und seinen internen Kunden einen Mehrwert durch zukunftsgerichtete Handlungsempfehlungen zu geben (Möller, Pieper, 2015, S. 44).
Beispiel: Value at Risk und Simulation
Im Rahmen von Risikoüberlegungen sind Unternehmen gefordert, sich mit der Identifikation und Analyse möglicher Ereignisse zu befassen, die die Ziele eines Unternehmens negativ beeinflussen können. Die Steuerung und laufende Überwachung identifizierter relevanter Risiken orientiert sich zumeist an der Zielsetzung, dass ein gewünschtes Risikoniveau mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Zusammenhang mit risikobehafteten Aktivitäten nicht überschritten wird.
Ein verbreitetes Risikomass ist der Value at Risk (VaR), der das verlustorientierte Risiko beschreibt und den erwarteten maximalen Verlust einer Risikoposition bei vorgegebener Sicherheitswahrscheinlichkeit innerhalb einer bestimmten Zeitperiode angibt. Aus Sicht der Business Intelligence ist der Value at Risk allerdings nicht unkritisch, da allgemein die Schwierigkeit besteht, ein zukünftiges Risiko aus vergangenen Daten abzuschätzen, da der VaR ebenso wie andere Verfahren auf historischen Daten basiert. Gerade Umweltänderungen und Strukturbrüche können die Eignung vorliegender Vergangenheitsdaten aufheben. Eine Lösung dafür können Szenariotechniken und Simulationen sein, anhand derer die möglichen Auswirkungen zukünftiger Ereignisse dann besser abgeschätzt werden können.
Die Anwendung von Simulationstechniken im Controlling bildet die methodische Voraussetzung, um ausreichende Transparenz über Risiken in Zusammenhang mit der Unternehmensplanung zu erhalten.
Als Weiterentwicklung der traditionellen Szenariotechnik gilt die stochastische Simulation, bei der ausgehend von festgelegten, das Expertenwissen widerspiegelnden Regeln computergestützt Zukunftsszenarien gerechnet werden, um die wahrscheinlichen Auswirkungen von Risikoereignissen auf das Unternehmen und dessen Erfolgsgrössen (z.B. das EBIT – Earnings before interest and taxes) zu analysieren (Gleissner/Wolfrum, S. 249).
Die stochastische Simulation, die auch Monte-Carlo-Simulation genannt wird, stellt die bekannteste Simulationsmethode in der Unternehmenspraxis dar. Sie lässt sich vielfältig anwenden, wie die folgenden Beispiele zeigen:
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Innovative Unternehmen verwenden diese Simulation, um den Risikofaktor neuer Produkte und die durchschnittliche Rendite der Produkte zu schätzen. Auf dieser Basis kann eine Entscheidung gefällt werden um zu bestimmen, welche Produktinnovationen umgesetzt und vermarktet werden sollen.
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Exportorientierte Unternehmen verwenden eine Simulation zur Modellierung und Optimierung des Hedging von Fremdwährungsrisiken.
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Im Beschaffungscontrolling kann der Einfluss steigender Rohmaterialpreise auf die Höhe des Materialaufwands bzw. auf das EBIT des Unternehmens simuliert werden.
Fazit
Als Fazit ist festzuhalten, dass Business Intelligence eine sehr gute Ergänzung für das Controlling darstellt. Mithilfe der Methoden von Business Intelligence können auf Basis vorhandener Daten(strukturen) wichtige neue Erkenntnisse durch die Aufdeckung von Mustern gewonnen werden. In Kombination mit statistischen Datenanalysen kann dann durch Verfahren der Simulation auch die Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen des Unternehmensumfelds (in Abhängigkeit von Parametern wie Konjunktur, Preisentwicklung, Arbeitslosenquote, Wettbewerbsintensität und andere) simuliert werden, um mögliche denkbare Zukunftsszenarien zu ermitteln, die anschliessend vom Controlling für Planungsentscheidungen aufbereitet werden.
Die statistische Datenanalyse wird in Kombination mit Simulationsmethoden und Kennzahlen wie dem Value at Risk so zum unverzichtbaren Instrument, das die herkömmliche Planung ergänzt und dem Controlling erlaubt, verschiedene Planszenarien darzustellen.
Literaturquellen
Apel, D./Behme, W./Eberlein, R. /Merighi, C.: Datenqualität erfolgreich steuern, 3. Aufl., dpunkt.verlag, 2015.
Gleissner, W./Wolfrum, M.: Szenario-Analyse und Simulation: ein Fallbeispiel mit Excel und Crystal Ball. In: Gleich et al.: Challenge Controlling 2015, Freiburg (Haufe-Verlag) 2015, S. 241–264.
Gronwald, K.-D.: Integrierte Business-Informationssysteme, Berlin/Heidelberg (Springer-Verlag) 2015.
Möller, K./Pieper, S.: Predictive Analytics im Controlling – Chancen für bessere Entscheidungen erkennen und nutzen, IM+io Fachzeitschrift für Innovation, Organisation und Management, Heft 4, Dezember 2015, S. 40–45.