Erbvorbezug: Eine Möglichkeit der Immobilienfinanzierung
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Erbvorbezug
Als Erbvorbezug wird eine Zuwendung von Vermögen zu Lebzeiten des Erblassers verstanden. Es wird sich dabei meist um einen Geldbetrag handeln. In Frage kommt aber auch die Überlassung eines Baulandgrundstücks oder anderer Vermögenswerte. Ein Erbvorbezug muss nicht zwingend als solcher bezeichnet werden. Jede Schenkung des künftigen Erblassers an einen seiner künftigen Erben – mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke – stellt einen Erbvorbezug dar.
Vor einer Zuwendung ist unbedingt die Vermögenslage nach dem Erbvorbezug zu prüfen. Der Ehepartner des Zuwenders muss seine Zustimmung geben. Stimmt er dem Erbvorbezug nicht zu, kann dieser bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung unter Umständen für die Vorschlagsberechnung mit berücksichtigt werden.
Anrechnung bei der künftigen Erbteilung
Der Empfänger von einem Erbvorbezug hat sich diesen bei der Erbteilung in der Regel, also wenn nichts anderes angeordnet wurde, anrechnen zu lassen (sogenannte Ausgleichung). Wird keine Zinsaufrechnung und/oder keine Indexklausel vereinbart, hat sich der Erbe nur den erhaltenen Kapitalbetrag oder bei Überlassung eines Baulandgrundstücks dessen Verkehrswert im Zeitpunkt des Todes des Todes des Erblassers (und nicht etwas im Zeitpunkt des Erhalts des Baulandgrundstückes), wenn der Erbe das Baulandgrundstück nicht weiterverkauft hat, anrechnen zu lassen. Hat der Erbe das Baulandgrundstück vor dem Tod des Erblassers weiterverkauft, wird ihm der Veräusserungserlös an den künftigen Erbteil angerechnet.
Achtung: Die Vereinbarung über einen Erbvorbezug ist schriftlich, jedoch nicht in Testamentsform abzufassen.
Darlehen statt Erbvorbezug
Unter Umständen kann es sinnvoll sein, anstelle von einem Erbvorbezug ein Darlehen zu gewähren. Ein Darlehen kann in einer Notlage wieder zurückgefordert werden Banken anerkennen aber in der Regel den in Form eines Darlehens erhaltenen Kapitalbetrag nicht als Eigenkapital, wenn für das Darlehen ein Zins und/oder Amortisationszahlungen vereinbart wurden. Ein Darlehen ist somit meist nur dann eine Alternative zum Erbvorbezug, wenn es zinsfrei und ohne Pflicht zur Amortisation gewährt wird, Darlehen sind ausserdem weiterhin vom Darlehensgeber zu versteuern, während ein Erbvorbezug vom Empfänger zu versteuern ist. In den meisten Kantonen müssen aber direkte Nachkommen keine Erbschafts- bzw. Schenkungssteuern bezahlen.
Weitere Merkpunkte
Daneben sind folgende Merkpunkte für den Erbvorbezug zu beachten:
- Liegt die Zustimmung des Ehepartners des Zuwenders vor?
- Unbedingt festhalten, wenn eine Ausgleichspflicht besteht
- Steuerrechtliche Konsequenzen beachten
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Entbindung von der Ausgleichungspflicht
Pflichtteil darf nicht durch den Erbvorbezug verletzt werden
Das Zivilgesetzbuch geht davon aus, dass Eltern ihre Kinder gleichermassen begünstigen wollen. Aus diesem Grunde sind bestimmte Zuwendungen, die Kinder zu Lebzeiten der Eltern erhalten haben, bei der Erbteilung auszugleichen. Allerdings können die Eltern das Gegenteil verfügen. Entscheidend ist immer der Wille des Erblassers. Im Rahmen des Pflichtteilsrechtes kann er einen Erben von der Ausgleichspflicht ganz oder teilweise entbinden.
Richtige Formulierung
Vermögensabtretung, Schulderlass usw. sind grundsätzlich auszugleichen, wenn nicht ausdrücklich das Gegenteil verfügt wurde. Der Vater, der gegenüber seiner Tochter lediglich auf die Rückzahlung des ihr gewährten Darlehens verzichtet, entbindet diese noch nicht von der Ausgleichungspflicht. Er müsste seiner Erklärung beifügen, dass er sie bei der späteren Erbteilung ausdrücklich von einer Ausgleichungspflicht entbindet.
Praxistipp: Will ein Elternteil sein Kind ganz oder teilweise von der Ausgleichspflicht gegenüber den anderen Erben befreien, so muss das ausdrücklich und schriftlich festgehalten werden. Der Pflichtteil der übrigen Erben muss aber in jedem Fall gewahrt werden. Will man auf Nummer sicher gehen, empfiehlt es sich, den Erbvorbezug in einem (öffentlich zu beurkundenden) Erbvertrag zu regeln, den alle künftigen Erben mitunterzeichnen. Es kann darin z.B. auch geregelt werden, dass die übrigen Erben auf die Geltendmachung ihres Pflichtteils verzichten, soweit der Erbvorbezug eines Erben zur Verletzung des Pflichtteils der anderen Erben führt. Dieser Verzicht kann entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen.
Verkauf unter Verkehrswert oder Schenkungen
Übertragung zu Lebzeiten
Streitigkeiten unter den Erben können sich insbesondere ergeben, wenn die Eltern einem der Kinder zu Lebzeiten eine Liegenschaft unter dem Verkehrswert verkaufen oder gar schenken, insbesondere dann, wenn die Übertragung ohne Rücksprache mit ihnen erfolgt. Die Geschwister können zwar eine Liegenschaftsübertragung nicht verhindern, bei der Erbteilung aber Ausgleichung verlangen. Im Fall, dass die Liegenschaft unter dem Verkehrswert verkauft wurde, muss die Differenz zwischen dem Verkehrswert und dem bezahlten Kaufpreis (= geschenkter Betrag) ausgeglichen werden. Hat ein Kind eine Liegenschaft vollumfänglich geschenkt erhalten, ist der gesamte Verkehrswert der Liegenschaft bei der Ausgleichung zu berücksichtigen.
Hat der Erblasser bestimmt, dass der geschenkte Betrag nicht der Ausgleichung unterliegt, können die Geschwister einen Ausgleich nur fordern, wenn durch die Übertragung der Liegenschaft ihre Pflichtteile verletzt worden sind.
Verkehrswertgutachten
Das Festlegen des Verkehrswertes im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs ist oft schwierig, weil diese Schätzung erst im Zeitpunkt des Todes vorgenommen werden muss. Beweisschwierigkeiten ergeben sich im Besonderen dann, wenn der Übernehmer erheblich in das Haus investiert hat.
Praxis-Tipp: Es empfiehlt sich deshalb, beim Erbvorbezug ein Verkehrswertgutachten bereits im Zeitpunkt der Eigentumsübertragung einzuholen.