Ortsüblicher Mietzins: Anpassung an die Orts- und Quartierüblichkeit
Passende Arbeitshilfen
Grundsatz: Anpassung an die Orts- und Quartierüblichkeit möglich
Gemäss Art. 269a lit. a OR sind Mietzinse nicht missbräuchlich, wenn sie als ortsüblicher Mietzins oder quartierüblicher Mietzins im Rahmen liegen.
Relativierung: Anpassung nur nach Veränderung der Verhältnisse "in einem statistisch relevanten Zeitraum"
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann sich der Vermieter nur dann auf die orts- oder quartierüblichen Verhältnisse berufen, wenn sich die Verhältnisse in einem statistisch relevanten Zeitraum verändert haben. Nach der Auffassung des Bundesgerichts ergibt sich dies aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. Der Mieter darf sich bei der Festlegung des Anfangsmietzinses oder bei einer vorbehaltlos erklärten Mietzinserhöhung darauf verlassen, dass der Vermieter alle ihm zustehenden Mietzinserhöhungsmöglichkeiten vollständig ausgeschöpft hat. Orts- oder quartierübliche Verhältnisse, so das Bundesgericht, verändern sich alsdann nicht sofort, sondern höchstens über einen gewissen Zeitraum. Das Bundesgericht hat konkret entschieden, dass ein Zeitraum von 9 Monaten ebenso wenig genügt wie ein solcher von 2 Jahren ab Mietbeginn (BGE 114 II 360 ff.; BGE 118 II 130 ff.). Als letzte massgebende Mietzinsfestlegung gilt entweder der vertraglich vereinbarte Anfangsmietzins oder eine amtliche Formularmitteilung, mit der ein ortsüblicher Mietzins gegenüber dem bisherigen betragsmässig erhöht worden ist. Dabei gilt es festzuhalten, dass es (noch) keine gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichts gibt, wann ein statistisch relevanter Zeitraum vorliegen soll. Der Vermieter muss wohl damit rechnen, dass das Bundesgericht von (mindestens) 6 Jahren ausgeht.
Anforderungen an den Nachweis der Orts- und Quartierüblichkeit
Nach Art. 11 Abs. 1 VMWG beurteilt sich ein ortsüblicher Mietzins oder quartierüblicher Mietzins nach Mietzinsen für andere Wohn- oder Geschäftsräume, die nach Lage, Grösse, Ausstattung, Zustand und Bauperiode mit dem konkret interessierenden Mietobjekt vergleichbar sind. Die Gerichtspraxis verlangt dabei mindestens fünf solche Vergleichsobjekte. Die Gerichtspraxis stellt sehr hohe Anforderungen an die Vergleichbarkeit. Die Lage wird definiert durch die Nähe von öffentlichen Verkehrsmitteln, Einkaufsmöglichkeiten, Schulen oder Naherholungsgebieten. Mit Bezug auf die Grösse der Vergleichsobjekte wird eine Abweichung von bis zu 20% toleriert. Schon geringfügige Unterschiede betreffend die Ausstattung führen dazu, dass die Objekte sich nach der Gerichtspraxis zum Vergleich nicht mehr eignen. Bezüglich Zustand wird auf Art, Zeitpunkt und Umfang allfälliger Renovationen abgestellt. Bei der Bauperiode werden Abweichungen von 10 Jahren, bei älteren Bauten von 20 Jahren zugelassen. Kurz: Die (übertriebenen) Anforderungen der Gerichtspraxis an den Nachweis der Orts- oder Quartierüblichkeit haben dazu geführt, dass dieses Kriterium faktisch aus dem Gesetz eliminiert worden ist. Mit Aussicht auf Erfolg kann die Orts- und Quartierüblichkeit wohl nur noch in städtischen Gebieten mit einer Vielzahl von zum Vergleich geeigneten Mietobjekten angerufen werden, wobei selbst in städtischen Gebieten grösste Beweisschwierigkeiten bestehen.
Achtung: Einwand des übersetzten Ertrags
Gemäss Praxis des Bundesgerichts kann der Mieter selbst dann, wenn sich der Vermieter als Begründung für seine Mietzinserhöhung ein ortsüblicher Mietzins oder quartierüblicher Mietzins benutzt, den Einwand erheben, es werde ein übersetzter Ertrag erzielt. Das Bundesgericht hat also eine Hierarchie unter den einzelnen Missbrauchskriterien eingeführt. Dies macht im Ergebnis die Anrufung der Orts- oder Quartierüblichkeit noch schwerer.