Facility Management: Organisation und Ausführung in der Branche
Passende Arbeitshilfen
Gesetzliche Grundlagen
Begriffsdefinition
Der Begriff Facility Management kann vielfältig ausgelegt werden. Im weitesten Sinne versteht man unter dem Begriff Facility Management sämtliche Leistungen, welche Flächen und Räume einer Liegenschaft betreffen. Dabei können diese Leistungen in
- technische,
- kaufmännische und
- infrastrukturelle
Aufgaben zur Gebäudebewirtschaftung unterteilt werden.
Folgt man dieser Gliederung des Facility Managements, so versteht sich unter dem technischem Facility Management die Instandsetzung und -haltung, die Betriebsoptimierung, die Wartung sowie die Ab- und Inbetriebnahme technischer Anlagen. Das technische Facility Management hat in den letzten Jahren durch die zunehmend modernen und technisch komplexen Immobilien bzw. deren Anlagen sehr an Bedeutung gewonnen. Die Verträge welche im technischem Facility Management abgeschlossen werden, sind häufig Wartungsverträge.
Das kaufmännische Facility Management dagegen enthält die Inventarerstellung, die Betreuung des Mietwesens inkl. Kündigungswesen, die Objektbuchhaltung, das Flächenmanagement, die Schlüsselverwaltung und das Parkplatzmanagement. Allenfalls gehört sogar der Inkasso-Prozess dazu. In diesem Bereich werden meist klassische Liegenschaftsverwaltungs- bzw. Bewirtschaftungsverträge abgeschlossen.
Das infrastrukturelle Facility Management umfasst die Befriedigung von infrastrukturellen Belangen, wie Hauswartleistungen, Empfangsdienste, Reinigung, Sicherheitsdienst, Grünflächen- und Umgebungspflege, Parkplatzmanagement, Eventmanagement und ähnliches. Der dafür abgeschlossene Vertrag nennt sich (un-) sinnigerweise einfach Facility Management Vertrag.
Vertragsqualifikationen
Eine klare juristische Vertragsqualifikation gibt es im FM nicht.
Ein klassischer Liegenschaftsverwaltungsvertrag ist in der Regel wohl als Auftrag (OR 394 ff.) zu qualifizieren. Der Verwalter leistet im Sinne und für den Auftraggeber (Investor), ohne dass ein objektiv messbares Resultat versprochen oder geliefert wird. Das ist weitgehend unbestrittene Praxis.
Der einzelne Wartungsvertrag, wie auch der gesamthafte Facility-Management-Vertrag, sind je Verträge, welche nicht direkt einem im Gesetz (im Obligationenrecht) geregelten Vertragstypus zugeordnet werden können. Besteht nun eine Vertragslücke, so fragt sich, welche Gesetzesartikel angewendet werden müssen, um den Rechtsstreit zu lösen. Wird der Vertrag dem Auftragsrecht zugeordnet, so wird subsidiäres Auftragsrecht beigezogen. Wird der Vertrag dem Werkvertrag zugeordnet, so gilt das gesetzliche Werkvertragsrecht als Lückenfüller. In einem ersten Schritt wird dabei die streitgegenständliche Leistung analysiert und die einschlägigen Merkmale abstrahiert, um in einem zweiten Schritt zu entscheiden, welche Normen anzuwenden sind. Aus dem Titel selber kann keine Vertragszuordnung vorgenommen werden.
Für den Wartungs- wie auch für den Facility Management Vertrag bedeutet dies, dass jede davon umfasste Leistung juristisch unterschiedlich beurteilt werden könnte und entsprechend andere rechtliche Konsequenzen bestehen. Tatsächlich umfassen beide Verträge mit grosser Wahrscheinlichkeit Leistungen, welche dem Auftrags- und auch Werkvertragsrecht unterstehen können. Für die Vertragsparteien besteht deshalb eine weitgehende Rechtsunsicherheit. Da Auftrags- und Werkvertragsrecht zum Beispiel das Rügeelement oder die Kündigungsmöglichkeiten sehr unterschiedlich regeln und zum Teil auch zwingendes Recht aufweisen, besteht auch trotz allfälligen Vertragsklauseln eine andere gesetzliche Norm. Pro memoria: OR 404 sieht die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit im Auftragsrecht vor, was zwingendes Recht ist.
So fragt sich beispielsweise, ob nun der Betrieb der Haustechnik eine Aufgabe darstellt, welche unter das Auftrags- oder Werkvertragsrecht fällt. Oder es fragt sich, wie es sich mit der Instandsetzung und dem Elektroservice der Anlagen verhält. Sind dies typische auftrags- oder werkvertragsrechtliche Leistungen? Und wie sieht das bei der Reinigung oder dem Empfang/Telefonie aus? Für jede einzelne Vertragsleistung ist also eine Zuordnung zu treffen und dementsprechend die Rechtsfolgen zu erörtern.
Die Qualifikation geht – vereinfacht gesagt – wohl überall dort Richtung Werkvertrag, wo ein objektiv prüfbarer Arbeitserfolg versprochen wurde und somit geschuldet ist, wie bspw. eine reparierte Heizung, ein geprüfter Feuerlöscher oder ein steril gereinigtes Operationsbesteck. In diesem Fall kommt das Werkvertragsrecht gemäss OR 363 ff. zur Anwendung. Werden derartige Erfolge nicht einmalig, sondern wiederholt versprochen (geschuldet), so kommt das Merkmal der "Dauerschuld" hinzu, welches eine direkte Anwendung des Werkvertragsrechts verhindert. Die Art. 363 ff. OR sind deshalb nur, aber immerhin analog anzuwenden.
Konkret bedeutet dies bei einem Wartungsvertrag (für die technischen Anlagen einer Liegenschaft), dass der Eigentümer oder dessen Vertreter die Arbeit (den Erfolg) umgehend zu prüfen hat (vgl. Art. 367 OR analog). Die Rügefrist bei Werkmängeln ist sehr kurz: nur 3 – 4 Tage! Gleichzeitig muss aber auch bei Mängeln durch den Unternehmer nachgebessert werden usw. Es bestehen die Rechte und Pflichten des Werkvertragsrechts.
Dasselbe gilt für den Facility Management Vertrag, im Rahmen dessen Operationsbesteck immer wieder steril zu reinigen ist. Wurde nicht steril gereinigt, so wäre eine Nachbesserung analog Art. 368 Abs. 2 OR geschuldet. In diesem Fall wird es jedoch eher auf Schadenersatz hinaus laufen, denn eine Nachbesserung wäre nutzlos.
Im Gegensatz dazu sind bei Dienstleistungen im Bereich des Empfangs/Telefonie oder der Sicherheit, der Rezeption oder des Eventmanagements "sorgfältiges Tätigwerden" geschuldet, was dem Auftragsrecht zuzuordnen ist (OR 394 ff.). Des Weiteren hat der Ausführende die Weisungen des "Auftraggebers" zu befolgen und dessen Interessen zu vertreten. Die Absenz objektiv nachprüfbarer Erfolgsversprechen deuten auf Auftragsrecht anstatt Werkvertragsrecht. Damit sind allfällige Differenzen nach Auftragsrecht zu lösen.
Diese Einzelfallunterscheidung macht es für die betroffenen Parteien prospektiv fast unmöglich, zu wissen (zu erahnen), welche Rechte und Pflichten sie treffen.
Seminar-Empfehlungen
Facility Management in der Praxis
Der Kern des FM stammt vom Organisieren, Koordinieren, Instruieren und Kontrollieren der verschiedenen "Fazilitäten"; den Tätigkeiten rund um die Gebäudebewirtschaftung. Diese organisierenden (etc.) Tätigkeiten sind "managende" Tätigkeiten und gerade keine ausführenden Tätigkeiten.
In der Praxis unterscheiden die FM Anbieter nicht immer, ob sie lediglich "managen" oder auch ausführend tätig sein werden. Der FM-Begriff wäre klar, aber die Praxis dazu ist sehr uneinheitlich.
Sofern rein "managende" Tätigkeit ausgeführt wird, so kann für die Vertragsqualifikation der Beratervertrag herangezogen werden. Diesen qualifiziert das Obergericht vom Kanton Luzern insgesamt als Auftrag …, selbst wenn in gewissen Tätigkeiten des Beraters ein werkvertragliches Element zu erblicken wäre.Das Bundesgericht greift (zu Recht) auf das "gemischte Vertragsverhältnis" zurück, bei dem es sich rechtfertigt, diesen analog dem Gesamtvertrag des Architekten den Bestimmungen des Auftrags und des Werkvertrags zu unterstellen. Dabei kommt dem Vertrauensverhältnis zwischen dem Bauherrn und dem Architekten so grosse Bedeutung zu, dass für die Auflösung des Vertrags die Bestimmungen über den Auftrag, insbesondere die Auflösungsregel des Art. 404 OR zur Anwendung gelangen (BGE 127 III 545). In einem Wort: der Management-Vertrag untersteht als Gesamtes dem auftragsrecht und allenfalls in Teilen dem Werkvertragsrecht. Oder in anderen Worten: "obwohl Einzelfragen des Beratervertrages nach Werkvertragsrecht abzuhandeln sind, richtet sich die Vertragsauflösung trotzdem nach dem Auftragsrecht, weil dieser als Gesamtes dem Auftragsrecht zu unterstellen ist". Dasselbe muss für den Facility Management Vertrag gelten.
Beispiel Vertragsdauer
Facility Management-Verträge werden auf längere Dauer abgeschlossen. Damit erlangt die Frage von Vertragsbeginn, Vertragsdauer und den Beendigungszeitpunkten oder der Kündigungsmodalitäten eine wesentliche Rolle.
Werkverträge sind durch den Besteller über OR 377 und bei Schwierigkeiten über OR 366 zu beenden. Der Unternehmer hat kein Kündigungsrecht (ausser über den Verzug gemäss OR 102 ff.). Aufträge sind jederzeit und beidseitig über OR 404 zu beenden. Vertragliche Abreden sind teilweise gültig, teilweise durch OR 404 ausser Kraft gesetzt (bei OR 404 ist Abs. 2 mit der Schadenersatzfolge zu beachten, der die juristische jederzeitige Kündigungsmöglichkeit faktisch / monetär korrektiv einschränkt).
Beispiel Vertragsaufbau
Heute gängige Praxis ist der vernunftgebotene Aufbau eines FM Vertrages: dieser besteht aus einem Rahmenvertrag, in dem die Parteien möglichst alle Bedingungen, welche zwischen ihnen gelten sollen, regeln. Es geht da um Partei- und Objektbezeichnungen, Zahlungswesen, Vertragsdauer, Versicherungen und Haftungsbegrenzungen, Rügefristen und ähnliches. Der Rahmenvertrag ist der übergeordnete Vertrag. Dazu werden in Unterverträgen, modular aufgebaut, die einzelnen "Fazilitäten" oder Tätigkeiten separiert aufgeführt. Man handelt diese oft in sogenannten "Service Level Agreements" ab. Diese regeln die einzelnen geforderten Leistungen, deren Frequenzen und Preise.
Facility Management als Disziplin zum nachhaltig wirtschaftlichen Betrieb einer Immobilie
Oftmals wird Facility Management auch heute noch als einfache Hausmeistertätigkeit definiert, doch hinter der längst anerkannten wissenschaftlichen Disziplin steckt weit mehr: Bereits in den 1990er-Jahren haben sich europäische Hochschulen mit facilitären Gedanken befasst, die Lehre (und auch die Praxis!) konnten sich seitdem in verschiedensten Forschungsfeldern deutlich fortentwickeln. So zählt zwar die Organisation der operativen Leistungen zur Bewirtschaftung einer Immobilie (also auch die Hausmeisterei) zum Kerngeschäft eines Facility Managers, diese wird jedoch stets in einen ganzheitlichen Kontext gestellt. Damit gilt die Betrachtung dem gesamten Lebenszyklus einer Immobilie, um letztlich nachhaltig wirtschaftliche Lösungen zu identifizieren und umzusetzen.
Lebenszyklusbetrachtung zur Identifikation nachhaltig wirtschaftlicher Lösungen
Der Lebenszyklus einer Immobilie beginnt bereits in der sogenannten Konzeptionsphase, in der die Projektverantwortlichen grundlegende Aspekte des Vorhabens diskutieren und entsprechende Entscheidungen treffen müssen:
- Wird überhaupt eine neue Immobilie benötigt, oder lassen sich (Flächen-)Bedarfe in bestehenden Objekten realisieren?
- Wo soll der Standort der neuen Immobilie sein? Wie erfolgt die verkehrsmäßige Erschließung?
- Wie ist die grundsätzliche Kubatur und Beschaffenheit? Welches sind weitere, wesentliche Vorgaben zur Planung?
- Welche Flexibilität wird von der neuen Immobile erwartet?
- Für welche Lebensdauer soll die Immobilie geplant werden?
Wesentliches Postulat des modernen Facility Managements ist es, dass bereits zu dieser Konzeptionsphase ein fundiertes Betriebskonzept des Nutzers vorliegt. Aus einem solchen Betriebskonzept müssen vor allem Nutzerprofil, Kernprozesse und Schnittstellen, Organisation, Leistungsprofil der Facility-Services und letztlich resultierende Planungsvorgaben hervorgehen. Eine Konzeption ohne Betriebskonzept würde nämlich jedes Bauprojekt auf tönerne Füsse stellen.
In der Planungs- und Bauphase erfolgt dann die Umsetzung dieser Vorgaben, und das Fundament für die künftige Entwicklung der Lebenszykluskosten wird weiter manifestiert: Die Auswahl von Baustoffen und technischen Anlagen oder die Gestaltung des Bauwerks wirken sich schließlich signifikant auf die Kostenentwicklung in nachfolgenden Lebenszyklusphasen der Immobilie aus, vor allem auf Bewirtschaftung, Sanierungsbedarf und Lebensdauer. Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang der generelle Aspekt des Flächenbedarfs, insbesondere vor dem Hintergrund sich stetig ändernder Arbeits(zeit)modelle: Welche Flächen bietet die neue Immobilie? Wird der Bedarf damit abgedeckt? Wie entwickelt sich der Bedarf in der Zukunft? Wie flexibel kann die Immobilie auf solche Änderungen reagieren?
Von daher ist nur zu einer interaktiven Zusammenarbeit von Planern, ausführenden Bauunternehmen und späterem Nutzern beziehungsweise Betreibern zu raten. Sicherlich ist eine solche Konstellation oftmals nur schwierig oder gar nicht herzustellen, etwa bei Investitions- oder Mietobjekten; dann kann jedoch die Einschaltung beratender Unterstützung zur Nutzer- und Betreiberperspektive hilfreich sein.
Organisation der Gebäudebewirtschaftung als Königsdisziplin des Facility Managements
Auf Grundlage der baulichen Gegebenheiten und der dort abzubildenden Prozesse des Nutzers (Betriebskonzept) ist noch rechtzeitig vor Inbetriebnahme der Immobilie ein Betreiberkonzept zu entwickeln, welches aus Sicht des Betreibers alle relevanten Unterstützungsprozesse beschreibt, um das Betriebskonzept bestmöglich im Betrieb der Facilitys umzusetzen. Dort werden auch die vom Nutzer gestellten Anforderungen hinsichtlich Leistungsumfängen, Funktionalitäten und Verfügbarkeiten der relevanten Dienstleistungen, also die entsprechenden Service-Levels, dargestellt.
Betriebskonzept und Betreiberkonzept können also als Yin und Yang des Facility-Managements gesehen werden. Um in der Königsdisziplin des Facility Managements, der operativen Gebäudebewirtschaftung, nachhaltig optimale Ergebnisse erzielen zu können, sind eine objektspezifische Betrachtung der jeweiligen Leistungen sowie eine Evaluierung aller denkbaren Synergien erforderlich.
Vielfach grenzen Leistungsbereiche an die Facility Services an, deren organisatorische Abbildung innerhalb oder außerhalb der Facility Services möglich ist, etwa die Werkslogistik in einem Industrieunternehmen. Hier will die organisatorische Umsetzung wohlüberlegt sein. Weiterhin haben vor allem im Bereich der technischen Facility Services strategische Entscheidungen im Rahmen der Instandhaltung eine signifikante Auswirkung auf Kostenentwicklungen oder die Verfügbarkeit beziehungsweise Ausfallsicherheit von Bauwerk und technischen Anlagen. Über die fundierte Analyse von Abhängigkeiten und Interdependenzen lassen sich also Synergiepotenziale identifizieren und strategisch für eine nachhaltige Bewirtschaftung nutzen – im ökonomischen ebenso wie im ökologischen und soziokulturellen Sinne.
Nachhaltiges Qualitätsmanagement zur kontinuierlichen Verbesserung
„Wer aufhört, besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein“ – dieser Wahlspruch, zugeschrieben dem deutschen Unternehmer Philip Rosenthal, gilt insbesondere auch für die Organisation von Facility-Services. Auch im Facility-Management ist alles im Wandel, die Prozesse des Betriebs ebenso wie die Bedürfnisse der Nutzer und die Immobilie selbst. Gebäude werden schließlich nicht nur umgebaut, sie altern auch und stellen uns damit zunehmend vor neue Herausforderungen – kein modernes Bauwerk wird nur annähernd so beständig sein wie etwa die Cheops-Pyramide.
Und somit wird auch kein Betreiberkonzept auf Dauer die optimale Grundlage zur Beschreibung der Unterstützungsprozesse in einer modernen Immobilie sein; jedes Konzept muss immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden, um den sich fortschreitend ändernden Anforderungen gerecht zu werden. Der PDCA-Zyklus, welcher im allgemeinen Qualitätsmanagement als Methodik nicht mehr wegzudenken ist, gilt also im Facility Management umso mehr: Planen, Umsetzen, Überprüfen und Adaptieren sind die vier Elemente eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, der auch im Facility-Management längst Einzug gehalten haben sollte. Der Immobilienbestand ist in der Regel einer der größten Aktivposten in der Bilanz des Eigentümers – der Hinwendung zu einem nachhaltig wirtschaftlichen Umgang mit der Ressource „Immobilie“ sollte also höchste Priorität eingeräumt werden.