Eigentümerwechsel: Was geschieht mit den Mietverhältnissen?
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Pflichten des Vermieters/Verkäufers
Der Übergang des Mietverhältnisses auf den Erwerber der Mietsache befreit den Verkäufer nicht von seinen Verpflichtungen gegenüber dem Mieter. Kündigt der Erwerber das Mietverhältnis früher, als es der Vertrag gestatten würde, so ist der Veräusserer gegenüber dem Mieter grundsätzlich schadenersatzpflichtig.
Die Einräumung beschränkt dinglicher Rechte, die einem Eigentümerwechsel gleichkommen, sind einer Veräusserung der Sache gleichgestellt.
Vom Liegenschaftserwerber zu beachten
Grundsätzlich gehen alle Rechte und Pflichten auf den Erwerber über. Vor dem Erwerb sind die folgenden Sachverhalte zu klären:
Sperrfrist
Lehre und Rechtsprechung sind sich überwiegend einig, dass eine allenfalls noch laufende Kündigungssperrfrist auf den Erwerber übergeht. Eine Kündigung des Mietverhältnisses ist deshalb nur beim Vorliegen eines nachgewiesenen dringenden Eigenbedarfs des Vermieters möglich.
Hängige Verfahren
Wird die Liegenschaft während eines hängigen Schlichtungs- oder Gerichtsverfahrens, welches Ansprüche der Mietvertragsparteien aus dem Mietverhältnis zum Gegenstand hat, veräussert, tritt der Erwerber in Anwendung der Bestimmungen des OR Artikel 261 Absatz 1 als (neuer) Vermieter in den Prozess ein. Dies aber nur insoweit, als der Klagegegenstand einen Sachverhalt betrifft, der sich auf das Mietverhältnis auch unter dem neuen Eigentümer auswirkt, wie zum Beispiel eine Veränderung des Mietzinses, Beseitigung eines Mangels, Kündigung des Veräusserers und Erstreckung. Es ist nun Sache zwischen dem Veräusserer und dem Erwerber, eine Regelung bezüglich angefallener und künftiger Gerichts-, Partei- und Anwaltskosten im Rahmen der ausseramtlichen Abrechnung zu finden.
Fällige, noch ausstehende Mietzinse
Mit der ausseramtlichen Abrechnung findet eine Saldoziehung zwischen Einnahmen und Ausgaben per Antrittstag zwischen dem Verkäufer und dem Erwerber statt. Das bedeutet, dass die vor dem Eigentümerwechsel geschuldeten, jedoch noch nicht bezahlten Mietzinse dem Veräusserer bleiben. Diese Guthaben gehen nur mit einer ausdrücklichen Forderungsabtretung im Sinne der Bestimmungen des OR Artikel 164 ff. auf den Erwerber über. Eine Fristansetzung zur Bezahlung dieser ausstehenden Mietzinse nach OR Artikel 257d kann aber vom Erwerber ausgehen. Auch kann der Erwerber nach unbenutztem Ablauf der Zahlungsfrist das Mietverhältnis kündigen. Dem Veräusserer fehlt für diese Massnahme das Rechtsschutzinteresse.
Mögliche Mietzinsherabsetzungsansprüche von Mietern
Unter Beachtung der Bestimmung, dass der Erwerber in alle Rechte und Pflichten eines allenfalls bestehenden Mietverhältnisses eintritt, übernimmt er auch ein vom Mieter nach OR Artikel 270a gestelltes Mietzinsreduktionsbegehren; dies in dem Stadium, in welchem es sich gerade befindet. Das bedeutet, dass der Mieter kein neues Begehren stellen muss. Der Erwerber kann einem solchen Ansinnen aber seine Renditenberechnung aufgrund seines investierten Kapitals entgegenhalten. Wurde das noch hängige Senkungsbegehren vom Mieter auf einen Zeitpunkt vor der Eigentumsübertragung geltend gemacht, so ist dem Erwerber der Einwand einer ungenügenden Rendite auf dem Kaufpreis verwehrt. Seinem Begehren hat der Mieter nur die Kapitalkosten des Veräusserers zugrunde gelegt.
Mögliche Ansprüche des Mieters wegen Mängeln an der Sache
Der Anspruch auf Beseitigung von Mängeln richtet sich, auch wenn der Mangel vor dem Erwerb entstanden ist, gegen den neuen Vermieter. Ab Datum der Eigentumsübertragung trifft den Erwerber die Verpflichtung das Mietobjekt in einem zum vertragsgemässen Gebrauch tauglichen Zustand zu erhalten. Dies gilt auch dann, wenn der Mieter bis dato noch nie eine Mängelrüge geltend gemacht hat. Die Ansprüche auf Beseitigung sind nicht verwirkt, denn ein Eigentümerwechsel stellt keinen neuen Mietvertragsabschluss dar.
Für die Zeit bis zur Eigentumsübertragung müssen aber die Ansprüche auf Mietzinsreduktion und Schadenersatz gegenüber dem Veräusserer geltend gemacht werden, da dieser durch die Entgegennahme des aufgrund der Mängel zu hohen Mietzinses sich im Sinne der Bestimmungen des OR Artikel 62 ff. ungerechtfertigt bereichert hat.
Dies gilt auch für die Rückforderung, zum Beispiel wegen einer nichtigen Mietzinserhöhung, zu viel bezahlter Mietzinse oder zu viel bezahlter Nebenkosten.
Mieterkautionen
Der Anspruch auf die Leistung einer im Mietvertrag vereinbarten, vom Mieter aber noch nicht geleisteten Sicherheit geht auf den Erwerber über.
Ist im Mietvertrag eine Kaution vereinbart, hat sich der Erwerber zu vergewissern, dass diese auch gesetzeskonform angelegt ist. Andernfalls muss dieser Umstand bei der ausseramtlichen Abrechnung berücksichtigt werden.
Grundsatz: Übergang der Mietverträge
OR Art. 261 kann mindestens bezüglich der Absätze 1, 2 und 4 als absolut zwingende Norm bezeichnet werden. Er wurde als Schutz für den Mieter im Falle von klar eingegrenzten Rechtsgeschäften zwischen dem Vermieter und einem dritten Erwerber eingeführt.
Veräusserung oder Entzug der Sache
Als Veräusserungstatbestände können sämtliche Rechtsgeschäfte, die zu einer Übertragung des Eigentums führen, angeführt werden. Dazu gehören Kauf, Schenkung, Tausch, Erbteilung, Einbringung in eine Gesellschaft und anderes mehr. In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass nicht das Verpflichtungs-, sondern das Verfügungsgeschäft für den Eigentumsübergang massgebend ist. Es ist also bei Grundstücken notwendig, dass der Eigentumsübergang im Grundbuch eingetragen wird. Dabei wird auf das Datum der Grundbuchanmeldung abgestellt (ZGB Art. 656 Abs. 1 und ZGB Art. 972 in Verbindung mit ZGB Art. 948). Bei vermieteten beweglichen Sachen kommt es auf die Besitzesübertragung an (ZGB Art. 714). Nicht als eigentlicher Eigentümerwechsel wird hingegen der Übergang infolge Erbganges angesehen. Hier handelt es sich um einen Übergang des Eigentums und damit des Mietverhältnisses auf die Erben, welcher von Gesetzes wegen durch die Universalsukzession erfolgt. Ebenfalls nicht unter den OR Art. 261 sind die Eigentumswechsel gemäss OR Art. 181 zufolge Fusion oder auch in den Fällen nach OR Art. 826 zu subsumieren.
Aber auch der Entzug des Eigentums an der vermieteten Sache in einem Verfahren des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes bewirkt den gesetzlichen Übergang des Mietverhältnisses auf den Erwerber im Sinne von OR Art. 261. Es spielt hier keine Rolle, ob es sich um ein Verwertungsverfahren in der Pfändung, Pfandverwertung, im Konkurs oder in einem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung handelt.
OR Art. 261 Abs. 4 benennt die Enteignung, ob auf Grund von kantonalen oder eidgenössischen Bestimmungen, als Ausnahme. Demnach gehen die Mietverhältnisse im Falle einer Enteignung nicht auf den Enteigner über. Infolge objektiver Leistungsunmöglichkeit wird diesfalls der Vermieter gegenüber dem Mieter nicht schadenersatzpflichtig (OR Art. 119). Je nach der kantonalen Regelung wird der Mieter meist vom Enteigner entschädigt.
Die Einräumung beschränkt dinglicher Rechte zu Gunsten eines Dritten (zum Beispiel Nutzniessung, Wohn- oder Baurecht), welche einem Eigentümerwechsel gleichzusetzen sind, bewirken ebenfalls den gesetzlichen Übergang der Mietverhältnisse auf den dadurch berechtigten Dritten.
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Zeitpunkt und Wirkung des Übergangs
Der Zeitpunkt
Massgebend ist, wie bereits oben erwähnt, der Zeitpunkt des Eigentümerwechsels. Bei unbeweglichen Sachen (Grundstücke im Sinne von ZGB Art. 655) kommt es hierbei auf den Eintrag im Grundbuch an (Anmeldung des Eigentumsüberganges im Grundbuch gemäss ZGB Art. 656 Abs. 1 und ZGB Art. 972 in Verbindung mit ZGB Art. 948). Beweglichkeiten gehen erst mit der Besitzesübertragung auf den Erwerber über (ZGB Art. 714).
Erst ab diesem Datum kann und darf der Erwerber über das Mietverhältnis verfügen. Handlungen (zum Beispiel eine Kündigung des Mietvertrages) vor diesem Zeitpunkt sind nichtig und können auch nicht durch den späteren Eigentumserwerb geheilt werden.
Vereinbaren der Veräusserer und der Erwerber einen späteren Antritt der Liegenschaft mit Nutzen und Lasten, so ist dies lediglich im internen Verhältnis zwischen ihnen massgebend.
Die Wirkungen des Übergangs des Mietverhältnisses
Es handelt sich, wie bereits erwähnt, um einen gesetzlichen Übergang des Mietverhältnisses. Die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis gehen auf den Erwerber über. Er tritt damit an die Vermieterstelle des Verkäufers (oder im Zwangsvollstreckungsverfahren des Schuldners) beziehungsweise bisherigen Eigentümers. Der Mieter ist ab sofort ihm gegenüber aus dem Mietvertrag verpflichtet. Aber auch die übrigen gesetzlichen Pflichten hat der Mieter dem neuen Eigentümer gegenüber zu erfüllen (Hausordnung oder andere Vereinbarungen). Demgegenüber gehen selbstverständlich auch die Pflichten des bisherigen Vermieters auf den neuen Eigentümer und Vermieter über. Er muss dem Mieter die Sache weiterhin gemäss mietvertraglichen Vereinbarungen zum Gebrauch überlassen. Er ist an den zwischen dem alten Eigentümer beziehungsweise Vermieter und Mieter abgeschlossenen Vertrag gebunden, wozu auch der Mietzins gehört. Auf Grund des Eigentums- und Mietverhältnisüberganges kann er (mindestens nicht sofort; Mietzinserhöhungen im Sinne von OR Art. 269d möglich) keinen höheren Mietzins fordern.
Im Verfahren über den Eigentümerwechsel hat der Mieter keine Einflussmöglichkeiten. Er kann sich nicht gegen den Eigentumswechsel wehren. Er muss grundsätzlich den neuen Eigentümer als neuen Vermieter akzeptieren. Unter bestimmten Voraussetzungen kann er sich allenfalls auf die Kündigung gemäss OR Art. 266 g berufen. Es handelt sich dabei um eine Kündigungsmöglichkeit aus wichtigen Gründen (ausserordentliche Kündigung auf jeden Zeitpunkt unter Einhaltung der gesetzlichen Frist). Ob der Eigentümerwechsel in jedem Fall als wichtiger Grund angesehen werden kann, ist zu bezweifeln. Dem Mieter stehen hier nur sehr beschränkte Einredemöglichkeiten offen wie zum Beispiel wenn der Mietvertrag mit Rücksicht auf die Person des bisherigen Vermieters eingegangen wurde.
Die Haftung des bisherigen Vermieters
Absatz 3 von OR Art. 261 schränkt die Haftung des früheren Vermieters (des bisherigen Eigentümers) in dem Sinne ein, dass er nur noch für Schaden haftet, der dem Mieter erwächst, wenn der Erwerber früher kündigt, als es der Vertrag mit dem Veräusserer zugelassen hätte.
Für später, vom neuen Eigentümer, verursachte Schadenersatzansprüche des Mieters wie zum Beispiel aus der Vernachlässigung der Unterhaltspflicht nach OR Art. 256 Abs. 1 oder anderen vertraglichen oder gesetzlichen Pflichten aus dem Mietverhältnis, kann der bisherige Eigentümer nicht belangt werden. Der Mieter ist für solche Ansprüche ausschliesslich auf den neuen Vermieter beschränkt. Dies ist deutlich auch bei Higi in Note 26 zum OR Art. 261–261a wie folgt verdeutlicht:
Der gesetzliche Parteiwechsel (Übergang des Mietverhältnisses auf den Erwerber im Sinne von OR Art. 261 Abs. 1) befreit (konsequenterweise) den veräussernden Vermieter grundsätzlich von allen seinen mietvertraglichen Verpflichtungen dem Mieter gegenüber vom Augenblick des Eigentumsüberganges an, was das Gesetz durch das Fehlen einer altOR Art 259 Abs. 1, 2. Satzteil, analogen Regelung, welche den bisherigen Vermieter grundsätzlich weiterhin zur Erfüllung (solidarisch mit dem Erwerber) anhielt, verdeutlicht.
Der Grundsatz der Befreiung des Veräusserers ab dem Zeitpunkt des Eigentumsüberganges gilt namentlich dann, wenn der Erwerber auf die Möglichkeit der ausserordentlichen Kündigung im Sinne von OR Art. 261 Abs. 2 verzichtet hat sowie bei einem im Grundbuch vorgemerkten Mietverhältnis. Der Grundsatz der Befreiung des Veräusserers wird jedoch dort durchbrochen, wo der Grundsatz des Parteiwechsels selbst eingeschränkt beziehungsweise durchbrochen ist, bei der ausserordentlichen Kündigung des Erwerbers gestützt auf OR Art. 261 Abs. 2.
Ganz aus der Haftung entlassen wird der bisherige Vermieter, wenn der neue Eigentümer mit dem Mieter einen neuen Mietvertrag abschliesst und darin festgehalten wird, dass dieser neue Vertrag den alten, mit dem bisherigen Vermieter eingegangenen Vertrag ersetzt. Es handelt sich dabei um die Novation.
Kündigungsmöglichkeiten nach dem Eigentumsübergang
Von Seiten des Mieters
Die Kündigungsmöglichkeiten von Seiten des Mieters bleiben auf OR Art. 266g (Kündigung aus wichtigem Grund) beschränkt. Bei unbefristeten Mietverträgen kann er jedoch unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen auf den nächsten gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungstermin den Vertrag auflösen.
Von Seiten des Vermieters
Ordentliche Kündigung
Auch dem (neuen) Vermieter steht das ordentliche Kündigungsrecht zu. Er kann den auf ihn übergegangenen Mietvertrag unter Einhaltung der vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfristen auf einen vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungstermin auflösen. Diese Kündigungsmöglichkeit bedingt aber, dass der neue Vermieter bereits als Eigentümer beziehungsweise als dinglich Berechtigter im Grundbuch eingetragen ist.
Ausserordentliche Kündigung
Die im Gesetz verankerten ausserordentlichen Kündigungsmöglichkeiten stehen selbstverständlich dem neuen Eigentümer ebenfalls zu.
Es sind dies:
- nach OR Art. 266g aus wichtigen Gründen
- nach OR Art. 266h wegen Konkurs des Mieters
- nach OR Art. 266i wegen Tod des Mieters
- nach OR Art. 257d wegen Zahlungsrückstand des Mieters
- nach OR Art. 257f wegen Verletzung der Sorgfalt und Rücksichtnahme auf die Nachbarn
Kündigung im Sinne von OR Art. 261 Abs. 2
Der neue Eigentümer kann jedoch:
- bei Wohn- und Geschäftsräumen das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen, wenn er einen dringenden Eigenbedarf für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte geltend macht;
- bei einer anderen Sache das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen, wenn der Vertrag keine frühere Auflösung ermöglicht.