Bauversicherungen: Überblick im Dschungel der Bauversicherungen
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Schadensmöglichkeiten
Bauvorhaben bergen regelmässig vielfältige und kostspielige Risiken und Schadensmöglichkeiten. Das Gesetz macht in erster Linie den Bauherrn dafür verantwortlich, Personen- und Sachschäden anderer abzuwenden, denn er ist schliesslich aufgrund seiner Bautätigkeit Verursacher dieser Risiken. Es ist dabei irrelevant, ob der Schaden vom Bauherrn selbst oder von einem der vielen Planer oder Unternehmer verursacht wird. Der Bauherr haftet nur schon deswegen, weil er Eigentümer des Grundstücks ist (Art. 679 ZGB) bzw. weil er Eigentümer eines Gebäudes oder eines andern Werkes ist (Art. 58 OR). Er haftet somit kausal aufgrund seiner Eigentümerstellung, und zwar auch dann, wenn ihn kein Verschulden trifft. Von fehlbaren Planern oder Unternehmer kann er zwar Schadenersatz verlangen, aber in der Regel nur dann, wenn diese schuldhaft gehandelt haben. Selbst dann besteht die Gefahr, dass diese zahlungsunfähig sind. Der Bauherr trägt beim Bauen deshalb ein enormes Risiko.
Mit dem Abschluss einer Versicherung soll immer ein Risiko abgedeckt werden. Da das Risiko beim Bauen in erster Linie beim Bauherrn liegt, ist es grundsätzlich auch seine Aufgabe, die nötigen Versicherungen abzuschliessen. Doch auch Planer und Unternehmer sind risikobehaftet. Kann ihnen ein schuldhaftes Verhalten, das zu einem Schaden geführt hat, nachgewiesen werden, ist eine Schadenersatzforderung des Bauherrn möglich. Auch sie können ihr Risiko daher mittels einer Versicherung minimieren.
Abgrenzung von anderen Sicherungsmitteln
Zunächst sind die Bauversicherungen von anderen Sicherungsmitteln abzugrenzen, die vereinbart werden können:
- Art. 82 OR wie auch SIA-Norm 118 gewähren dem Bauherrn ein Recht auf Rückbehalt bei Nicht- oder nicht gehöriger Erfüllung.
- Um seinen Anspruch auf allfällige Mängelbehebung zu sichern, kann der Bauherr mit dem Unternehmer vereinbaren, dass ein Dritter als Solidarbürge haftet. Leistet ein Versicherungsunternehmen Bürgschaft, so wird dies als Baugarantieversicherung bezeichnet.
- Gemäss SIA-Norm 118 kann der Bauherr mit dem Unternehmer eine im bestimmte «Bargarantie» bzw. «Garantierückbehalt» vereinbaren, so dass er einen Teil der Vergütung erst nach Ablauf der Garantiefrist bezahlen muss und auch nur dann, wenn der Unternehmer bis dahin alle Mängel behoben hat.
Bei diesen Sicherungsmitteln handelt es sich nicht um eigentliche «Versicherungen»: Es wird kein Risiko versichert, sondern es wird sichergestellt, dass der Unternehmer seine Pflichten erfüllen wird. Sie können ergänzend zu den Bauversicherungen vereinbart werden, um einen umfassenden Schutz zu garantieren.
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Arten von Versicherungen
Generell ist im Versicherungswesen zu unterscheiden nach der Art der Schäden welche eine Versicherung deckt. Im Bauwesen sind vor allem die folgenden Versicherungen relevant:
- Personenversicherungen: Personenversicherungen decken Schäden aller Art an der versicherten Person. Typische Beispiele für Personenversicherungen sind beispielsweise, die obligatorische Krankenversicherung, die Unfallversicherung, Lebensversicherungen sowie Vorsorgeversicherungen (AHV/IV etc.).
- Sachversicherungen: Abgedeckt von Sachversicherungen werden – wie der Name schon sagt – Sachen und nicht Personen. Als typische Sachversicherungen lassen sich die obligatorische Gebäudeversicherung sowie die Hausratsversicherung anführen. Sie decken das Risiko, dass an der versicherten Sache direkt ein Schaden entsteht.
- Vermögensversicherungen: Vermögensversicherungen decken nicht Schäden an der versicherten Person oder an versicherten Sachen, sondern Schäden am Vermögen der versicherten Person. Bei einem Haftpflichtfall tritt der Schaden nicht bei der versicherten Person ein, sondern bei einer Drittperson oder einer fremden Sache. Die versicherte Person muss aber Schadenersatz leisten, wenn sie eine Haftpflicht trifft; für sie liegt der Schaden also darin, dass sie finanziellen Schadenersatz leisten muss und damit ihr Vermögen verringert. Wenn die Versicherung diesen Schaden trägt, schützt sie also das Vermögen der versicherten Person.
Sämtliche Bauversicherungen lassen sich einer oder mehrerer dieser drei Kategorien zuordnen. In der Praxis ist zudem aber die Unterscheidung wichtig, ob eine Versicherung ein Risiko während der Bauphase oder nach Bauvollendung deckt.
Versicherungen während der Bauphase
Die Versicherungen während der Bauphase dienen der Absicherung der mit dem Bau verbundenen Risiken von möglichst allen Seiten. Sowohl der Bauherr wie auch die Planer und Unternehmer tragen ein Haftungsrisiko, weshalb die einzelnen im Bau involvierten Personen unterschiedliche Versicherungen abschliessen können. Es steht den beteiligten Personen in der Regel frei, ob sie die Versicherungen abschliessen oder nicht (ausser z.B. ein Unternehmer ist vertraglich dazu verpflichtet). Angesichts der enormen Risiken beim Bau empfiehlt sich aber ein umfassender Versicherungsschutz.
Bauherrenhaftpflichtversicherung
Die Bauherrenhaftpflichtversicherung deckt Schäden, die Dritte durch den Bau erleiden. Es geht also um Ansprüche aus Personen- und Sachschäden gegen den Bauherrn bzw. den Eigentümer des Baugrundstücks. Versichert sind nicht die verletzten Personen oder geschädigten Sachen, sondern der Bauherr: die Versicherung deckt finanzielle Ansprüche gegen ihn. Es handelt sich somit um eine Vermögensversicherung.
Da diese Versicherung finanzielle Ansprüche gegen den Bauherrn deckt, ist diese Versicherung vom Bauherrn abzuschliessen. Auch wenn alle am Bau beteiligten Planer und Unternehmer korrekt haftpflichtversichert sind, ist eine Bauherrenhaftpflichtversicherung unbedingt zu empfehlen. Der Bauherr haftet rein aufgrund seiner Position als Grundstücks- und Werkeigentümer und damit weiter, als es die Planer und Unternehmer tun. Entsteht beispielsweise am Nachbargrundstück oder -gebäude ein Schaden, so haftet in erster Linie der Bauherr. Im Optimalfall kann er vom fehlbaren Planer oder Unternehmer Schadenersatz fordern. Dies setzt aber voraus, dass der Schuldige überhaupt eruiert werden kann und dieser zahlungsfähig ist. Ist dies nicht der Fall, muss der Bauherr ohne Bauherrenhaftpflichtversicherung den Schaden aus eigener Tasche bezahlen
Wichtiger Hinweis: Die Privathaftpflichtversicherung des Bauherrn reicht meist nicht aus, um grössere Schäden zu decken. Falls Bauvorhaben am Eigenheim überhaupt gedeckt sind, ist die Deckung meist auf einen Betrag beschränkt (meist CHF 100‘000.00). Eine Bauherrenhaftpflicht-Versicherung bietet einen deutlich höheren Versicherungsschutz.
Bauwesenversicherung
Die Bauwesenversicherung ist vergleichbar mit einer Kaskoversicherung. Sie deckt Eigenschäden des Bauherrn, mithin Schäden am Bau durch Bauunfälle und durch Naturereignisse. Sie ist eine Ergänzungsversicherung zu den Sach- und Haftpflichtversicherungen der Baubeteiligten.
Die Bauwesenversicherung springt dort ein, wo ein Schaden nicht eindeutig einem Unternehmer zugewiesen werden kann. Sie deckt Bauunfälle unabhängig von der Ursache und bevorschusst in Haftungsfällen die Schadenssumme. Sie sichert damit die Weiterführung des Bauvorhabens ab, indem durch die Bevorschussung der Haftpflichtleistung der tatsächliche Verursacher nicht eruiert werden muss und daher keine Terminverzögerungen entstehen. Die Versicherung schützt daher in erster Linie die Interessen des Bauherrn und ist daher vom Bauherrn abzuschliessen.