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Lärmbelastung: Baubewilligungen in lärmbelastetem Gebiet

In der Schweiz sind gemäss Bundesamt für Umwelt (BAFU) rund eine Million Personen von schädlichem oder lästigem Verkehrslärm betroffen. Um die Bevölkerung vor Lärm zu schützen, regeln das Umweltschutzgesetz (USG) und die Lärmschutzverordnung (LSV) u.a. die Anforderungen an Baubewilligungen in lärmbelasteten Gebieten.

08.10.2024 Von: Ramona von Riedmatten
Lärmbelastung

Einleitung

Damit Neubauten und wesentliche Änderungen von Gebäuden, in denen sich Personen länger aufhalten (z.B. Wohnbauten und Bürogebäude), bewilligt werden können, müssen die sog. Immissionsgrenzwerte (IGW) eingehalten werden. Können die IGW durch Anordnung der lärmempfindlichen Räume auf der lärmabgewandten Gebäudeseite oder durch bauliche oder gestalterische Massnahmen nicht eingehalten werden, kann mit Zustimmung des Kantons allenfalls eine Ausnahmebewilligung erlangt werden, wenn an der Errichtung des Gebäudes ein überwiegendes Interesse besteht. 

Das Parlament debattiert derzeit verschiedene Änderungen und Lockerungen dieser Regeln, auf welche im zweiten Teil dieses Beitrags eingegangen werden. 

Aktuelle Rechtslage zum Bauen in lärmbelasteten Gebieten

Grundsatz: Gebaut werden kann dort, wo die Belastungsgrenzwerte eingehalten werden

Der Schutz vor übermässiger Lärmbelastung ist in der Schweiz vor allem im Umweltschutzgesetz (USG) und in der Lärmschutzverordnung (LSV) geregelt. Diese beiden Erlasse verbieten, dass Bauland erschlossen oder bebaut wird, wenn gewisse Werte überschritten werden. Die Werte, die eingehalten werden müssen, unterscheiden sich je nach Lärmquelle, Tages- oder Nachtzeit und Lärmempfindlichkeit des zu schützenden Gebiets. Für Strassenlärm - die Lärmart, von der in der Schweiz am meisten Personen betroffen sind, nämlich ca. 13 % der Bevölkerung - sind die Werte, welche nicht überschritten werden dürfen, nachstehend aufgeführt: 

Belastungsgrenzwerte in dB(A) für Strassenlärm: 

Empfindlichkeitsstufe (ES) Planungswert (PW) In dB(A) Immissionsgrenzwert (IGW)
In dB(A)  
 TagNacht Tag Nacht 
I  Erholung50405545
II Wohnen55 45 60 50 
III Wohnen / Gewerbe60506555
IV Industrie65557060

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(vgl. Anhang 3 zur Lärmschutzverordnung) 

Neben der Kategorie der Planungswerte (PW) (dazu sogleich unter a) mehr) und Immissionsgrenzwerte (IWG) gibt es noch die sogenannten Alarmwerte, die aber im Zusammenhang mit der Bewilligung von neuen Gebäuden keine eigenständige Rolle spielen, sondern vor allem als Kriterium für die Dringlichkeit von Sanierungen und den Einbau von Schallschutzfenstern dienen. Für Immissionsgrenzwerte, Planungswerte und Alarmwerte wird als Überbegriff der Begriff Belastungsgrenzwerte verwendet (vgl. Art. 2 Abs. 5 LSV). 

In der Einheit «dB (A)» steht dB für Dezibel, wobei die Zufügung des (A) bedeutet, dass für den Lärm auch die besonderen Belastungen bestimmter Schall-Frequenzen für das Ohr berücksichtigt werden. Die wahrnehmbare Lautstärke z.B. bei 40 bis 60 dB (A) ist vergleichbar mit normaler Gesprächslautstärke. 60 bis 80 dB (A) würden etwa der Lärmbelastung eines lauten Gesprächs oder eines vorbeifahrenden Autos entsprechen. Im Bereich um 80 dB (A) kann man sich das laute Geräusch eines Rasenmähers vorstellen. 

Die Belastungsgrenzwerte müssen nicht überall eingehalten werden, sondern grundsätzlich nur in den sog. lärmempfindlichen Räumen. In Wohnungen gelten alle Räume als lärmempfindlich ausser Küchen ohne Wohnanteil, Sanitärräume und Abstellräume. In Räumen in Betrieben gelten diejenigen Räume als lärmempfindlich, in denen sich Personen regelmässig während längerer Zeit aufhalten, mit Ausnahme der Räume mit erheblichem Betriebslärm oder die der Nutztierhaltung dienen (Art. 2 Abs. 6 LSV). 

Einhaltung der Planungswerte als Voraussetzung für die Erschliessung von bereits ausgeschiedenem Bauland

Damit die Erteilung einer Baubewilligung überhaupt in Frage kommt, muss das Land, auf dem gebaut werden soll, erschlossen sein (vgl. Art. 22 Abs. 2 lit. b RPG). Erschlossen ist Bauland, wenn eine hinreichende Zufahrt besteht und die erforderlichen Wasser-, Energie- sowie Abwasserleitungen nahe genug heranführen (Art. 19 Abs. 1 RPG). 

Solche Erschliessungsanlagen dürfen auf Bauland für Gebäude mit lärmempfindlichen Räumen grundsätzlich nur erstellt werden, wenn die Planungswerte (PW) eingehalten werden (vgl. Art. 30 Satz 1 LSV). Die PW sind etwas tiefer angesetzt als die Immissionsgrenzwerte (IGW), was u.a. verhindern soll, dass Land aufwändig erschlossen wird, das dann bei späteren, geringen Lärmzunahmen dennoch nicht bebaut werden kann. Sind die Planungswerte überschritten, können sie aber durch eine Änderung der Nutzungsart (z.B. Industrie- und Gewerbezone anstatt Wohnzone) oder durch planerische, gestalterische oder bauliche Massnahmen dennoch eingehalten werden, kann eine Erschliessung unter Umständen dennoch erfolgen. Schliesslich kann gemäss Art. 30 Satz 2 LSV noch nicht erschlossenes Land in Bauzonen ausnahmsweise trotz Überschreitung der Planungswerte erschlossen werden, um Baulücken zu schliessen. 

Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass bisher nicht in einer Bauzone gelegenes Land neu einer Bauzone zugeführt werden soll (Ausscheidung neuer Bauzonen), der in Art. 24 Abs. 1 USG geregelt ist.

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