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Erschliessung: Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern

Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern entschied im Urteil über die Beschwerde einer Bauherrin gegen die Verweigerung einer generellen Baubewilligung. Strittig war u.a., ob eine Baubewilligung verweigert werden darf, weil das Bauprojekt die Erschliessung künftiger Bauvorhaben verunmöglicht oder erschwert (E. 4.3).

10.09.2021 Von: Janine Wäber
Erschliessung

Sachverhalt

Die Bauherrin hat bei der Gemeinde um eine generelle Baubewilligung gemäss Art. 32d Baugesetz des Kantons Bern (BauG; BSG 721.0) ersucht. Gegenstand des generellen Baugesuchs waren u.a. die Einfahrt und unterirdische Zufahrt zur unterirdischen Einstellhalle sowie die Umgestaltung Weg («Zufahrtskorrektur»). Die zuständige Gemeinde erteilte den Bauabschlag. Die dagegen erhobene Beschwerde hat die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern (BVE) abgewiesen. Gegen diesen Entscheid erhob die Bauherrin Beschwerde ans Verwaltungsgericht des Kantons Bern.

Berücksichtigung von künftigen Bauvorhaben?

Unter Bezugnahme auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung führt das Verwaltungsgericht aus, dass den Kantonen bei der Beurteilung der Frage, ob eine bestehende Strasse als Erschliessung zu genügen vermöge, ein erheblicher Beurteilungsspielraum zugestanden werde. In der Folge nimmt das Verwaltungsgericht zwar Bezug auf den Entscheid des Bundesgerichts BGer 1C_489/2017 vom 22.5.2018 und hält fest, dass grundsätzlich nicht allein die tatsächlich vorhandenen Wohneinheiten massgeblich seien für die Beurteilung der hinreichenden strassenmässigen Erschliessung. Vielmehr habe sich die Zufahrt nach den zonengerechten Baumöglichkeiten jener Fläche zu richten, die sie erschliessen soll, d.h., die zukünftigen Überbauungsmöglichkeiten auf den erschlossenen Grundstücken müssten mitberücksichtigt werden. Es erweise sich aber als bundesrechtskonform, wenn sich die Behörden auf die konkrete und vorhersehbare Entwicklung in absehbarer Zeit abstützen und nicht alle nach den Bauvorschriften maximal zulässigen Baumöglichkeiten einbeziehen würden. In Bestätigung seiner Praxis entschied das Verwaltungsgericht jedoch, dass bei der Prüfung der Erschliessungssituation in einem Baubewilligungsverfahren grundsätzlich die gesamten (hypothetischen) im Rahmen der geltenden Zonenordnung bestehenden Überbauungsmöglichkeiten miteinzubeziehen seien, d.h. auch das Verdichtungspotenzial. Ein Bauabschlag wegen mangelnder Erschliessbarkeit künftiger Bauten solle aber erst dann zulässig sein, wenn diese aufgrund des Bauvorhabens «kaum mehr oder nur mit grössten Schwierigkeiten» erschlossen werden könnten.

Planänderung & Baubewilligungsverfahren

Wenn als Folge einer geänderten Nutzungsplanung Erschliessungsprobleme voraussehbar seien, seien die Gemeinden im Sinn der raumplanungsrechtlichen Koordination gehalten, die öffentlichen Erschliessungsanlagen frühzeitig zu planen bzw. sicherzustellen, so das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung weiter. Die Erschliessung solle in solchen Fällen zumindest in den Grundzügen bereits beim Erlass der Planänderung geregelt werden und nicht erst im nachfolgenden Baubewilligungsverfahren. Wenn die Gemeinde – wie vorliegend – ihrer Pflicht zur frühzeitigen Erschliessungsplanung nicht hinreichend nachgekommen sei, könne sie sich dieser Verpflichtung nicht dadurch entziehen, dass sie Baubewilligungen allein unter Verweis auf eine ungenügende Erschliessung für die künftige Nutzung des unüberbauten oder unternutzten Baulands verweigere. Einen Bauabschlag dürfe sie nur dann erteilen, wenn die Erschliessung der betreffenden unüberbauten oder unternutzten Grundstücke nahezu verunmöglicht oder zumindest stark erschwert werde, d.h., wenn die Interessen künftiger Bauwilliger an einem Bauabschlag für das anstehende Bauprojekt klar überwiegen würden. Weil die Gemeinde dies vorliegend nicht darzutun vermochte, beurteilte das Verwaltungsgericht das Baugrundstück als hinreichend erschlossen und hiess die Beschwerde in diesem Punkt gut.

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