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Arbeitsverhinderung: Absenzen mit unklarer Beweislage

Bleibt der Arbeitnehmende vom Arbeitsplatz fern bzw. erbringt er seine Arbeitsleistung nicht, verletzt er damit grundsätzlich seine arbeitsvertragliche Hauptpflicht (Art. 319 OR). Die Konsequenzen für den Arbeitnehmenden hängen primär davon ab, ob er unberechtigt oder berechtigt gefehlt hat.

23.05.2023 Von: Selina Oes, Nicole Vögeli
Arbeitsverhinderung

Absenzen sind immer unter zwei Aspekten zu prüfen: Berechtigung zum Fehlen und Lohnanspruch. Bei unberechtigten Absenzen kann der Arbeitgebende Disziplinarmassnahmen wie Verwarnung oder (fristlose) Kündigung ergreifen und es besteht keine Lohnzahlungspflicht. Demgegenüber fallen bei berechtigtem Fernbleiben Disziplinarmassnahmen ausser Betracht. Eine Lohnzahlungspflicht besteht jedoch nur, sofern eine besondere gesetzliche Grundlage angerufen werden kann (Art. 119 Abs. 3 OR) wie bei Arbeitgeberverzug (Art. 324 OR) oder Arbeitsunfähigkeit (Art. 324a OR). Gute Beispiele für Anspruch auf Freizeit ohne Lohnzahlung sind der ausserschulische Jugendurlaub und der Mutter- sowie Vaterschaftsurlaub (Art. 329e ff. OR).

Es ist nachzuprüfen, warum der Arbeitnehmende der Arbeit ferngeblieben ist oder keine Meldung erstattet hat, und ob ein wichtiger Grund für seine Abwesenheit vorliegt.1 Der Arbeitnehmende sollte unverzüglich angerufen oder anderweitig kontaktiert werden. Ist der Arbeitnehmende nicht erreichbar oder besteht kein Rechtfertigungsgrund (Arbeitsunfähigkeit, Notfall, behördliche Anweisung o.ä.), hat der Arbeitgebende zu entscheiden, welche Massnahmen angemessen sind und diese umzusetzen. Es ist dem Arbeitgebenden in jedem Fall zu empfehlen, sofort zu reagieren, um sich nicht später dem Vorwurf des Verzichts auf Massnahmen ausgesetzt zu sehen.

Fehlende Meldung von Absenzen

Erfolgt das Nichterscheinen am Arbeitsplatz, unabhängig davon, ob dieses gerechtfertigt ist oder nicht, ohne Meldung an den Arbeitgebenden, liegt eine Treuepflichtverletzung seitens des Arbeitnehmenden vor (Art. 321a Abs. 1 OR), welche für sich selbst Grund für Disziplinarmassnahmen gibt.Eine Verletzung dieser Pflicht wiegt für leitende Angestellte schwerer.3

Bundesgericht Fall Sicherheitswärter, Urteil 2016: Der Mitarbeitende wurde von der Arbeitgeberin als Sicherheitswärter bei Kunden eingesetzt. Dieser blieb drei Tage ohne Meldung der Arbeit fern und konnte auch nicht erreicht werden. Am dritten Tag der Abwesenheit sprach die Arbeitgeberin die fristlose Kündigung aus. Das Bundesgericht schützte das Vorgehen der Arbeitgeberin, obwohl der Mitarbeitende für die Zeit der Abwesenheit ebenfalls am dritten Tag ein Arztzeugnis, welches die Arbeitsunfähigkeit für die gesamte Absenz bestätigte, versandte. Das Bundesgericht betonte, dass im vorliegenden Fall mit der fehlenden Meldung eine schwerwiegende Verfehlung vorliege, zumal die Pflicht zur umgehenden Abmeldung im Mitarbeiterhandbuch wiederholt werde und die Arbeitgeberin den Mitarbeitenden 13 Mal zu erreichen versucht habe. Eine vorgängige Verwarnung sei nicht notwendig gewesen.4

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